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Max Dehning & Matthias Rau: Ein Speerwurf-Duo arbeitet für die Weltspitze

Max Dehning dominierte 2022 national den Speerwurf der U20. Neben dem Gewinn aller deutschen Meistertitel, dem Vize-Weltmeistertitel der U20 und einem neuen Meetingrekord bei der Junioren-Gala in Mannheim tastete er sich auch nahe an die 80-Meter-Marke heran. Wie er selbst die Saison resümiert und was ihm sein Trainer Matthias Rau in der Zukunft noch zutraut? Wir haben mit ihnen gesprochen!
Sabrina Schröder / sb

Schon auf seinem Weg zu seiner Spezialdisziplin wandelte Max Dehning in großen Fußstapfen: Über den Handball fand er vor einigen Jahren zum Speerwurf, ebenso wie mit Europameister Julian Weber und Zehnkampf-Ass Niklas Kaul (USC Mainz) zwei weitere deutsche Weltklasse-Werfer.

Bis zur B-Jugend spielte der heute 18-Jährige beim Handball-Bundesligisten TSV Hannover-Burgdorf und trainierte in der Leichtathletik parallel hauptsächlich die Wurfdisziplinen. „Beide Sportarten haben mir lange Zeit Spaß gemacht, das Handballtraining bringt Vorteile für das Werfen. Dennoch hatte ich mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen, meine Trainer hatten komplett unterschiedliche Vorstellungen eines sauberen Wurfes“, sagt er.

Nachdem er für die LG Celle-Land bereits den deutschen Meistertitel in der U16 gewinnen konnte, ließ Max Dehning 2020 auf Anhieb den deutschen U18-Titel folgen. Und überbot 2021 mit dem 700-Gramm-Speer sogar die 80-Meter-Marke, damals noch an der Seite seines ersten Trainers Björn Lippa. Darüber hinaus durfte Max Dehning mit dem 100 Gramm schwereren Speer der U20 in Tallinn (Estland) zum ersten Mal im Nationaltrikot starten. „Ich war so aufgeregt, zu aufgeregt“, erinnert er sich an die Qualifikation der EM, wo er als 17. ausschied.

Standortwechsel nach Leverkusen

Mit diesen Leistungen im Gepäck also begann vor etwa einem Jahr die Zusammenarbeit mit Matthias Rau in Leverkusen. Bei der Max Dehning gleich auf eine harte Probe gestellt wurde: neuer Wohnort, neue Schule, neuer Trainer, neue Trainingsgruppe, und das alles mit 17. Mit seiner Schwester, Siebenkämpferin Marie Dehning, zog Max Dehning Ende 2021 aus seinem Elternhaus in Niedersachsen in eine eigene Wohnung mit Zugang zum Internat, welches von der ehemaligen Weltklasse-Speerwerferin Steffi Nerius geleitet wird.

„In Niedersachsen war es manchmal schwierig, Schule und Sport zu kombinieren, besonders schulische Angelegenheiten kollidierten mit meinen sportlichen Plänen“, erzählt Max Dehning. In Leverkusen kann er neben dem Rückhalt seiner Familie auch auf die Unterstützung von Verein und Internat sowie von der Sportstiftung NRW zählen – auch das hat den Standort-Wechsel erleichtert.

„75 Meter sind zu wenig“

Matthias Rau, selbst ehemaliger Speerwerfer mit einer Bestleistung von 77,29 Metern, arbeitet seit 2013 als DLV-Nachwuchsbundestrainer im Speerwurf. „Max ähnelt keinem Athleten zu 100 Prozent, aber physisch zum Beispiel am ehesten Boris Obergföll“, sagt Matthias Rau, der für die erste Saison mit seinem Schützling zunächst 75 Meter anvisiert hatte – schließlich stand der Wechsel zum schwereren Speer bevor.

Er erinnert sich gerne an die Reaktion von seinem Schützling: „75 Meter sind zu wenig, da kommt mehr, sonst bin ich ja im Winter schon fertig.“ Bei den Deutschen Winterwurf-Meisterschaften in Sindelfingen flog der 800-Gramm-Speer dann erstmals über die 70-Meter-Marke, auf 72,63 Meter.

Fußprobleme stören Saisonverlauf

Nach den ersten Wettkämpfen traten jedoch Probleme am linken Stemmfuß auf. „Wir mussten uns überlegen, wo wir unsere Prioritäten setzen. Wir haben die Umfänge reduziert und selten geworfen“, erklärt Matthias Rau.

Dennoch stellte Max Dehning Anfang Juli bei der Junioren-Gala in Mannheim einen neuen Meetingrekord auf. Seine 78,80 Meter waren gleichbedeutend mit der U20-WM-Norm, welche er für die Qualifikation für Cali (Kolumbien) noch bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften in Ulm mit einer Top-Zwei-Platzierung bestätigen musste. „Es war ein Experiment mit der Geschwindigkeit und ein sehr entscheidender Wettkampf für Max“, erinnert sich Matthias Rau. Mit 76,34 Metern wurde Max Dehning schließlich souverän Deutscher U20-Meister.

Der Wurf zu Silber und fast 80 Meter

Das Ergebnis der U20-WM rund drei Wochen später dürfte Leichtathletik-Fans längst bekannt sein: Mit 77,24 Metern gewann Max Dehning die Silbermedaille. „Die U20-WM war mein bisheriges Highlight. Ich erinnere mich gerne an den Wettkampf“, blickt er zurück. „Es hat mich gefreut den Mitfavoriten aus der Ukraine Artur Felfner an dem Tag etwas ärgern zu können“ – dieser ist noch ein Jahr älter als Max Dehning. „Bis zum letzten Versuch habe ich sogar geführt, dann habe ich mir aber relativ schnell eine kleine Verletzung an der Leiste zugezogen und musste mich etwas zurückhalten.“

Der Bonus zum Abschluss der Saison: Die Auftritte beim ISTAF in Berlin und den TrueAthletes Classics in Leverkusen, wo sich Max Dehning noch einmal vor großem Publikum gegen starke Männer-Konkurrenz beweisen durfte. In Leverkusen steigerte er sich sogar noch einmal auf 79,13 Meter – nie hat ein deutscher Jugendlicher im ersten U20-Jahr weiter geworfen.

Eher bremsen als motivieren

„Insgesamt ist die Saison gut gelaufen, ich bin mehr als zufrieden“, zieht Matthias Rau als Resümee der vergangenen Monate. „Max ist ein absoluter Wettkampftyp, das zeigt er auch regelmäßig im Training. Er fordert sich und die anderen oft heraus, will immer der Beste sein.“ Daher müsse er seinen Athleten eher bremsen als zusätzlich motivieren.

Auch in der Freizeit kann es Max Dehning nicht schnell genug gehen: Die trainingsfreie Zeit im Oktober nutzte er mit Motorradfahren, seiner Leidenschaft neben dem Sport. „Jeden Tag fahre ich mit dem Motorrad zum Training und zur Schule. Ich liebe das Gefühl von Freiheit und die Geschwindigkeit“, antwortet der Speerwerfer auf die Frage, was er neben dem Sport in seiner Freizeit so treibt.

U20-EM – WM – Olympische Spiele

Zum Start der Wintersaison hat Trainer Matthias Rau jetzt ebenso wie im Jahr zuvor erste Ziele für die anstehende Saison manifestiert: „Falls alles glatt läuft, ist die U20-Europameisterschaft unser Hauptfokus. Das i-Tüpfelchen wäre ein internationaler Start in der Männerklasse über die Qualifikationsmöglichkeit des World Rankings.“

Max Dehning sieht seine Ziele ähnlich, fügt jedoch hinzu, dass er bei der U20-EM in Jerusalem (Israel) aufs Treppchen will: „Realistisch ist eine Top-Drei-Platzierung, wenn nicht sogar Gold.“ Seine berufliche Zukunft sieht er in der Sportfördergruppe der Bundeswehr, seine sportliche an der internationalen Speerwurfspitze. Sein Traum sind die Olympischen Spiele – egal ob Los Angeles 2028 oder bereits Paris 2024.

Max Dehning bringt dafür vielversprechende Voraussetzungen mit, da ist sich sein Trainer sicher: die Bereitschaft alles zu geben, ein gewisses Maß an Wahnsinn und das Streben nach mehr. „Max ist ein Riesentalent. Er nimmt Trainingsreize sehr gut auf, aber er ruht sich nicht darauf aus. Das ist eine seiner größten Stärken.“

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