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Manuel Mordi – Im ersten Jahr über die Männerhürde gleich an die DLV-Spitze

© Gladys Chai von der Laage
In Kassel haben im vergangenen Sommer zehn Athletinnen und Athleten erstmals bei Deutschen Meisterschaften ganz oben gestanden. Dazu zählen viele junge, neue Gesichter in der DLV-Spitze. Wir stellen sie vor. Heute: Hürdensprinter Manuel Mordi (Hamburger SV).
Jan-Henner Reitze

Manuel Mordi
Hamburger SV

Bestleistung:
110 Meter Hürden: 13,64 Sekunden (2023)

Erfolge:
Siebter U23-EM 2023
Deutscher Meister 2023

Der Hürdensprint ist noch immer nicht seine ganz große Liebe. Nachdem es in seiner U20-Zeit seine Position in der Bestenliste und sein Trainer Christopher Bickmann waren, die Manuel Mordi von dieser Disziplin überzeugt haben, hat der 20-Jährige in diesem Jahr eine weitere Schlüsselfähigkeit nachgewiesen, die ihn weiter durch den herausfordernden Hürdenwald sprinten lässt.

Gleich in seiner ersten Saison über die 1,067 Meter hohe Männerhürde stürmte der Abiturient zu seinem ersten deutschen Meistertitel, auf Rang sieben bei der U23-EM und an die Spitze der DLV-Bestenliste (13,64 sec). Damit war er fast genauso schnell wie ein Jahr zuvor über die 99,1 Zentimeter hohe U20-Hürde (13,57 sec) und wies damit wiederholt sein großes Talent für den Hürdensprint nach.

Das soll ihn als nächstes möglichst zur ersten internationalen Meisterschaft der Aktivenklasse führen: Der EM in Rom (Italien; 7. bis 12. Juni) im kommenden Jahr. Langfristig möchte der Athlet des Hamburger SV auf Weltniveau ganz vorne mitmischen und sich der 13-Sekunden-Marke nähern.

Erst seit drei Jahren Fokus auf dem Hürdensprint

Dafür, dass er im Hürdensprint genau richtig ist, spricht auch, dass Manuel Mordi in seinem erst dritten Jahr in dieser Disziplin schon so große Erfolge gefeiert hat. Sportlich war der gebürtige Hamburger schon immer, zur Leichtathletik hat er aber erst später als die meisten anderen Nachwuchshoffnungen gefunden: Zu Beginn seiner Schulzeit in einer Grundschule mit Sportschwerpunkt war es der Traum einer Fußball-Karriere, den der heutige Hürdensprinter verfolgte. „Da ging es mir wie vielen Jungs, die hoffen, einmal mit Fußball ihr Geld verdienen zu können.“

Im Alter von 15 Jahren lief es aber nicht mehr mit dem Fußball, der Schüler war inzwischen aufs Gymnasium gewechselt. „Dort hatte ich eine Sportlehrerin, die auch Leichtathletik-Trainerin beim HSV war. Auch Freunde von mir und meine Schwester haben dort schon mitgemacht“, erzählt Manuel Mordi. „Außerdem wollte mein Vater, dass ich weiter im Verein Sport mache, wenn ich mit dem Fußball aufhöre.“ So kam der heutige Deutsche Meister in die Gruppe seines Trainers Christopher Bickmann. „Mir hat es von Anfang an großen Spaß gemacht und ich habe mich in der Gruppe wohlgefühlt.“

Bis zum Jahr 2020 trat der damalige U18-Athlet vor allem im Flachsprint an. Gestartet bei 12,79 Sekunden über 100 Meter im Jahr 2018 wurde die Bestzeit in den kommenden beiden Jahren (2019: 11,88 sec; 2020: 11,40 sec) schon deutlich schneller. 22,77 Sekunden über 200 Meter brachten im zweiten U18-Jahr den ersten Einzeleintrag in der DLV-Bestenliste. Allerdings deuteten diese Zeiten noch keine Karriere im Leistungssport an. Hürden war der damals 17-Jährige bis dahin im Wettkampf nur sporadisch gelaufen, obwohl er 2019 in 15,89 Sekunden immerhin die U18-Landesbestenliste in Hamburg angeführt hatte.

Aufstieg im Schnelldurchgang

Christopher Bickmann hatte aber schon damals das Talent seines Schützlings für die Hürden erkannt. „Er hat mich mehr oder weniger gezwungen, über die Hürden zu starten“, sagt Manuel Mordi rückblickend mit einem Schmunzeln (mehr lesen Sie hier). Gleich in seinem ersten Rennen über die 99,1 Zentimeter hohe U20-Hürde lief der Hamburger im Sommer 2021 14,60 Sekunden und steigerte sich vor der Jugend-DM bis auf 14,23 Sekunden.

Bei den nationalen Titelkämpfen der U20-Klasse in Rostock war er von seinem fünften Platz (14,61 sec) enttäuscht. „Das hat mich aber eher motiviert, es besser zu machen.“ Und immerhin hatte er über die Hürden das Finale erreicht. Über 100 Meter (11,03 sec) und 200 Meter (21,98 sec) war ihm das trotz weiterer Steigerungen gegenüber seinen Vorjahresleistungen nicht gelungen.

In der folgenden Hallensaison platzte der Knoten trotz einer fortschreitenden Leistungsentwicklung noch nicht ganz. Als Vorlaufschnellster (7,85 sec) bei der Jugend-Hallen-DM in Sindelfingen blieb er im Finale (Video) in Führung liegend mit dem Nachziehbein an der fünften Hürde hängen und stürzte als Siebter ins Ziel (8,20 sec). „Das war wieder ärgerlich. Dennoch wurde mir zu diesem Zeitpunkt erstmals bewusst, dass es für mich in der Leichtathletik in Richtung Leistungssport gehen kann.“

Der Sommer wies dann den Weg in genau diese Richtung. In Weinheim unterbot der damals 18-Jährige die Norm für die U20-WM von 13,85 Sekunden. Bei der Jugend-DM lief diesmal in Ulm mit Bestzeit (13,57 sec) und dem Titel endlich alles rund. Bei der U20-WM in Cali (Kolumbien) fehlten im Halbfinale (13,73 sec) nur vier Hundertstel zum Finaleinzug. In Sachen Schnelligkeit gingen die Bestzeiten über 60 Meter bis auf 6,89 Sekunden runter, über 100 Meter bis auf 10,83 Sekunden und über 200 Meter bis auf 21,69 Sekunden.

Der Lauf von Manuel Mordi zum Jugend-Titel 2022

Gefühl für die Männerhürde ungewöhnlich schnell gefunden

Über die Männerhürde lief Manuel Mordi in seiner U20-Zeit nur einmal locker im Training. „Mein Trainer hat einen Eindruck bekommen, aber wir haben uns dafür entschieden, während der Saison bei den kleineren Hürden zu bleiben, um dort das bestmögliche Ergebnis zu erreichen.“ Trotzdem gelang der Wechsel in die Männerklasse, der für viele Hürdensprinter ein großes Hindernis darstellt, fast spielend. „Ich hatte schon Respekt vor der Männerhürde und bin glücklich, dass mir der Umstieg so gut gelungen ist“, erzählt der Aufsteiger. „Ich bin ein Gefühlsläufer und habe schnell gemerkt, dass der Unterschied für mich gar nicht so groß ist. Ich bin groß gewachsen und habe schnell auch den Mut gefasst, voll auf die größere Hürde draufzugehen.“

So fiel in der zurückliegenden Hallensaison auch über die Männerhürde nicht nur die Acht-Sekunde-Marke. Bei der Hallen-DM in Dortmund landete der U23-Athlet in seinem ersten DM-Finale bei den Männern in starken 7,70 Sekunden auf Platz zwei. Im Freien blieb er dann bei seinem ersten Wettkampf über die 110 Meter Hürden der Männer im Endlauf in Wetzlar in 13,86 Sekunden unter der 14-Sekunden-Marke. Sein drittes Rennen über die Männerhürde im Vorlauf in Weinheim war in 13,64 Sekunden sein bisher schnellstes überhaupt.

Seinen Erfolgen mit dem ersten Einsatz in der A-Nationalmannschaft bei der Team-EM in Chorzów (Polen; 13,67 sec), dem DM-Triumph in Kassel (13,77 sec) und Rang sieben bei der U23-EM in Espoo (Finnland; 13,69 sec) stand auch nicht im Wege, dass der Nachwuchsathlet parallel zum Start der Freiluft-Saison sein Abitur ablegte. „Ich bin voll zufrieden mit meiner Saison. Ich stand in meinem ersten internationalen Finale, habe meinen ersten DM-Titel gewonnen. Meine Zeit war schon ganz flott, obwohl ich mir noch einen Ausrutscher in Richtung 13,5 oder sogar darunter zugetraut hätte“, lautet das sportliche Fazit des Sommers.

Langfristig Richtung 13 Sekunden

Nach dem sportlichen Übergang von der U20- zur Männerhürde meistert Manuel Mordi in Sachen Berufsperspektive gerade den Übergang von der Schule zur Uni. An der Medical School in Hamburg hat er ein Bachelorstudium in Psychologie aufgenommen. „Als Partner des Spitzensports ist es an dieser Uni sehr gut möglich, Sport und Studium zu kombinieren“, so der Erstsemester-Student. „Ich möchte das Studium möglichst in der Regelstudienzeit durchziehen. Aber im Zweifelsfall steht der Sport an erster Stelle.“

Die sportliche Vorbereitung auf das kommende Jahr hat in seiner Hamburger Trainingsgruppe schon begonnen. Mit Frederik Denis steigt auch ein Trainingspartner aus der U20 in die Männerklasse auf und geht damit ebenfalls die 1,067-Meter-Hürden an. Der Formaufbau unter der Anleitung von Christopher Bickmann soll fortgeführt werden. Das Vertrauensverhältnis ist groß. Kein Wunder, schließlich lag der Trainer damit genau richtig, seinen Athleten Richtung Hürdensprint zu lenken.

Erklärtes Ziel für das kommende Jahr ist die EM in Rom, für die der Europaverband European Athletics seine Direkt-Norm auf 13,46 Sekunden festgelegt hat. Ein willkommener Bonus wäre die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris (Frankreich). Langfristig möchte Manuel Mordi ganz vorn in der Welt mitmischen und seine Bestzeit in Richtung der 13-Sekunden-Marke drücken.

Dass dies nicht unmöglich ist, erkennt er im Vergleich mit U23-Europameister Sasha Zhoya (Frankreich; PB: 13,15 sec), der als Sechster auch im WM-Finale stand. „Technisch laufen wir gar nicht so verschieden. Der Unterschied ist die Frequenz zwischen den Hürden. Wenn ich gesund bleibe, konsequent weiter trainiere und meine Erfahrungen sammele, bin ich überzeugt, dass ich mich in diese Richtung entwickeln kann.“

Video-Interview: Manuel Mordi: "Ab Hürde vier oder fünf dachte ich – das ist gelaufen"

Das sagt Nachwuchs-Bundestrainer Rico May

Manuel ist erst in seinem zweiten U20-Jahr in die nationale Spitze seiner Altersklasse gelaufen – mit einem großen Leistungssprung. Er hat sehr gute körperliche Voraussetzungen für den Hürdensprint, bringt Grundschnelligkeit mit und hat mit Christopher Bickmann einen Trainer, der ihn sehr individuell betreut. Dazu sind Wille und Motivation sehr groß, im Sport etwas zu erreichen.
Obwohl er noch nie international gestartet ist, hat er sich bei der U20-WM im vergangenen Jahr gleich gut verkauft. Außergewöhnlich ist, dass ihm die Umstellung auf die Männerhürde so reibungslos und ohne viel Vorbereitung in seiner Zeit als U20-Athlet gelungen ist. Das unterstreicht seine guten Voraussetzungen für diese Disziplin und seine gute Technik.
So waren gleich in der ersten Hallensaison als U23-Athlet starke Leistungen möglich, die in den Erfolgen im Sommer gipfelten. Neben Manuel gibt es mit Tim Eikermann, Gregory Minoue und Stefan Volzer weitere junge Athleten, die gerade frischen Wind in den Hürdensprint in Deutschland bringen. Auch wegen dieser Konkurrenz-Situation bin ich zuversichtlich, dass noch schnellere Zeiten kommen werden.

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