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Olympia: IOC lässt russische Sportler zu, World Athletics bleibt hart

© Gladys Chai von der Laage
Seit Russlands Angriff auf die Ukraine tobt die Debatte über den Umgang mit russischen Sportlern und ihre Zulassung für die Sommerspiele. Jetzt hat das IOC seine Entscheidung getroffen – World Athletics jedoch sieht keinen Anlass, seine bisherige Haltung zu ändern.
dpa/sb

231 Tage vor der Olympia-Eröffnungsfeier hat Thomas Bachs IOC Russlands Sportlerinnen und Sportlern den Weg nach Paris (Frankreich) geebnet: Die Spitze des Internationalen Olympischen Komitees erteilte Einzelsportlern aus Russland und Belarus am Freitag unter bestimmten Auflagen die Starterlaubnis für die Sommerspiele 2024, sofern sie die Qualifikationsbedingungen erfüllen. Damit folgte es einer Aufforderung der internationalen Sommersportverbände und der Nationalen Olympischen Komitees, endlich eine Entscheidung in dieser seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine umstrittenen Frage zu treffen.

Bedingung ist wie bereits für die Rückkehr in internationale Wettbewerbe, dass Russen und Belarussen nur unter neutraler Flagge in Paris dabei sein dürfen. Mannschaften sind nicht zugelassen. Damit darf für die Starter aus Russland und Belarus auch ihre Nationalhymne nicht gespielt werden, nationale Symbole und Fahnen sind für sie ebenso untersagt. Außerdem dürfen diese Athletinnen und Athleten keine Verbindung zur Armee und den Sicherheitsorganen haben und nicht aktiv ihre Unterstützung für den Krieg in der Ukraine gezeigt haben. Unklar blieb, wie diese Zugangsbeschränkung flächendeckend geprüft und abgesichert werden soll.

Zudem müssen die Anti-Doping-Richtlinien erfüllt sein – auch eine Vorgabe, deren Umsetzung dem Weltsport bei Russlands langem Doping-Sündenregister noch Debatten bescheren dürfte. Der Vorstandschef der Nationalen Anti-Doping-Agentur, Lars Mortsiefer, hatte zuletzt anhaltende Kontrolllücken befürchtet und von "großen Bauchschmerzen" bei einer Olympia-Starterlaubnis für russische Sportler gesprochen.

Entsetzen in der Ukraine, verhaltene Freude in Russland

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba kritisierte die Entscheidung scharf. "Das Internationale Olympische Komitee hat Russland grünes Licht gegeben, Olympia als Waffe zu benutzen", schrieb Kuleba beim Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter. Wadym Hutzajt, Chef des ukrainischen Olympischen Komitees, hatte kurz vor dem IOC-Beschluss noch die Forderung nach einem Komplett-Ausschluss russischer Sportler bekräftigt. Unter den rund 4.600 schon teilnahmeberechtigten Athletinnen und Athleten seien mehr als 60 Ukrainer, hieß es.

In Russland wurde der IOC-Entscheid dagegen erwartungsgemäß begrüßt. "Ich bin sehr froh, dass das IOC eine menschliche Entscheidung getroffen hat", sagte die frühere Eiskunstlauf-Startrainerin Tatyana Tarasova dem Portal "Sport Express". "Das ist ein großer Sieg", fügte Tarasova hinzu.

Russlands Sportminister Oleg Matyzin bezeichnete die Auflagen als diskriminierend. Eine Olympia-Teilnahme sei für Sportler selbstverständlich ein Traum, sagte Matyzin der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. "Aber die Bedingungen, die uns geboten werden, laufen grundlegenden olympischen Prinzipien zuwider."

World Athletics bleibt bei Position

Unabhängig vom Kurswechsel des IOC lässt der Weltverband World Athletics (WA) Leichtathletinnen und Leichtathleten aus Russland und Belarus zunächst weiterhin nicht an internationalen Wettbewerben teilnehmen. "Die Position, die unser Verband hat, ist unverändert. Ich kann dem nichts hinzufügen", sagte Weltpräsident Sebastian Coe nach einer WA-Councilsitzung am Freitag in Monte Carlo.

Der Weltverband hatte im März entschieden, dass Russland und Belarus wegen des Ukraine-Krieges auch mit neutralen Sportlern und Sportlerinnen nicht bei internationalen Wettkämpfen und Weltmeisterschaften von World Athletics starten dürfen. Der Sperre hatte sich auch der Europäische Leichtathletik-Verband angeschlossen. Zur gleichen Zeit wurde damals vom WA die Suspendierung des nationalen russischen Verbandes RUSAF wegen Dopings aufgehoben.

Wie der Weltverband zudem mitteilte, wird eine Arbeitsgruppe die WA-Führung über den Status von Russen und Belarussen bei internationalen Wettkämpfen und Veranstaltungen beraten, hieß es in einer Mitteilung. Dazu gehöre auch, Empfehlungen abzugeben, ob die Sanktionen ausreichend sind oder ob sie durch andere zu verhängende Sanktionen ersetzt, ergänzt oder abgeändert werden sollten. Außerdem hat sie die Aufgabe zu prüfen, welche Bedingungen und Kriterien erfüllt sein müssen, um russischen und belarussischen Athleten, Trainern oder Offiziellen "irgendwann in der Zukunft" die Teilnahme an Veranstaltungen der World Athletics Series oder an den Olympischen Spielen zu ermöglichen.

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