| Interview

Gesa Krause: "Zweimal Gold war insgeheim mein Ziel"

© Theo Kiefner
Mit ihrem Gold-Double bei der Hallen-DM in Leipzig hat sich Hindernis-Spezialistin Gesa Krause (Silvesterlauf Trier) nur neun Monate nach der Geburt ihrer Tochter Lola eindrucksvoll auf nationaler Bühne zurückgemeldet. Im Interview spricht sie über Mehrfachbelastung, den Alltag als Mama und Spitzensportlerin sowie über ihre Ziele für den Olympiasommer.
Jane Sichting

Gesa Krause, herzlichen Glückwunsch zu Ihren Titeln über 1.500 und 3.000 Metern. Auf beiden Strecken sind Sie nicht zu Hause, dennoch haben Sie sich gegen die Spezialistinnen durchgesetzt. Welches Gefühl überwiegt gerade – eher die Freude, die Erleichterung oder etwas ganz anderes?

Gesa Krause:
Es ist schon die Freude. Es war mein Wunsch und mein Ziel, hier zumindest zweimal auf dem Podium zu stehen. Aber mir war auch bewusst, dass die Möglichkeit besteht, zweimal zu gewinnen. Das war insgeheim mein Ziel. Das Rennen über 1.500 Meter war meiner Meinung nach die schwierigere Situation. Einfach weil ich schon zwei Rennen in den Beinen hatte und das Rennen sehr merkwürdig war. Aber am Ende des Tages konnte ich es für mich entscheiden und das ist das, woran ich jetzt denken muss. 

Zu Saisonbeginn hatten Sie gesagt, dass es wichtig sei, wieder Wettkampf-Praxis zu sammeln. War es dann gar nicht so verkehrt, dass das Rennen über 1.500 Meter nicht so lief, wie man es gern hätte? 

Gesa Krause:
Ich habe zwar am Ende gewonnen, aber ich habe sicherlich auch einiges falsch gemacht in dem Rennen. Weil es sehr unsauber war und es sehr viel Geschubse gab. Es ist immer clever, sich aus diesen Schubsereien rauszuhalten – das ist mir heute nicht gelungen. Auch weil ich zwei Mal kurz davor war, zu stürzen. Das muss nicht sein und deswegen kann ich sehr viel mitnehmen. Am Ende hat man immer ein lachendes Auge, wenn es sich auszahlt und man das Ziel als Erste erreicht. Ich glaube, solche Rennen bringen dich auch voran.

Wie Sie es bereits angesprochen haben, hatten Sie vor dem Finale über 1.500 Meter schon zwei Rennen in den Beinen. Zuletzt in Frankfurt hatten Sie ebenfalls mehrere Rennen an einem Wochenende bestritten, um die Mehrfachbelastung zu testen. Hat sich das jetzt ausgezahlt?

Gesa Krause:
Ich glaube schon, dass ich das ganz gut kann und trotz schwerer Beine noch ein gutes Rennen absolvieren kann. Das ist aber auch das, was ich für den Sommer brauche.

Welche Rolle hat es gespielt, dass  in Leipzig auch Ihre Familie in der Halle war?

Gesa Krause:
Meine Tochter war am Sonntag zwar nicht da, aber meine Eltern waren da und auch mein Lebensgefährte. Es ist immer schön, wenn man jemanden im Stadion oder in der Halle dabei hat, die nur für einen jubeln. Es war aber auch sehr schön, am Samstag Lola dabei zu haben.

Nicht zu vergessen ist, dass Sie erst vor gut neun Monaten Mama geworden sind. Wer Mütter in vergleichbarer Situation kennt, der weiß, dass der Alltag mit einem Kleinkind nahezu ein Fulltime-Job ist und auch der Schlaf meist etwas zu kurz kommt. Was ist als junge Mama im Leistungsport Ihr Schlüssel zum Erfolg – ist es der Ehrgeiz, die Disziplin, die Struktur oder einfach das gesamte Umfeld, das Sie auf Ihrem Weg unterstützt?

Gesa Krause:
Ich glaube, primär muss man es wollen. Und dann muss man das Setup einfach so schaffen, dass man es einigermaßen gut bewältigen kann. Klar haben wir auch schlechte Nächte, das gehört irgendwie dazu. Mein Geheimrezept ist, immer möglichst früh mit der Kleinen ins Bett zu gehen. Dann habe ich zwar Unterbrechungen, aber bekomme genug Stunden Schlaf. Das klappt soweit ganz gut. Im Alltag habe ich Hilfe, so dass jemand auf die Kleine aufpasst, wenn ich trainiere. Anders würde es gar nicht funktionieren. Wir sind sehr gut organisiert.  

Wie sieht denn ein typischer Tag bei Ihnen aus, wie können wir uns das vorstellen?

Gesa Krause:
Es ist ein bisschen unterschiedlich. Wenn ich Tempotraining habe, dann bringe ich die Kleine oft zu meiner Mama und fahre dann nach Frankfurt, um mein Training zu machen. Im Anschluss hole ich sie wieder ab und kümmere mich um sie, bis Robert mit der Arbeit fertig ist. Danach mache ich meine zweite Einheit. An Tagen, wo wir lockeres Training haben, trainiere ich früh zeitig am Morgen, bevor Robert arbeitet und dann noch mal abends, wenn er fertig ist. So kriegen wir das ganz gut hin.

In der Woche vor der Hallen-DM waren Sie zum ersten Mal für ein paar Tage von Ihrer Tochter getrennt. Wie war das für Sie?

Gesa Krause:
Es war schon lange geplant, dass Robert und die Kleine ein paar Tage gemeinsam unterwegs sind und ich nicht mit kann. Aber hinsichtlich der Meisterschaften war es für mich ganz gut, damit ich mich so ein bisschen auf mich konzentrieren kann. Es waren vier Nächte, das ist nicht ganz so schlimm. Aber so konnte ich mal ein bisschen ausschlafen und zu Hause die andere To-dos erledigen, die auf der Strecke bleiben. Und mich auf die Meisterschaften einstimmen. Aber ich freue mich jetzt auch wieder, dass nächste Woche Normalität einkehrt und ich mehr Zeit mit meiner Tochter verbringen kann.

In der Saisonvorbereitung war Ihre Tochter auch zum ersten Mal mit in Südafrika im Trainingslager. Dass das Experiment für Sie gut funktioniert hat, haben nicht zuletzt die zwei Titel in Leipzig gezeigt. Wie hat die Kleine das alles mitgemacht?

Gesa Krause:
Sie macht das alles wirklich fantastisch mit. Auch die Flüge und das Reisen, das klappt wirklich gut. Für uns war das wie ein Sprung ins kalte Wasser und wir haben uns gesagt, dass wir es einfach probieren. Ich versuche dann auch immer, passende Flüge zu buchen, damit es für uns ein bisschen leichter ist – auch über Nacht, weil sie da besser schläft. Im Trainingslager selbst sind wir auch immer mit Begleitung und von daher passt das ganz gut.

Kommen wir noch mal auf Wünsche und Ziele zurück. Eingang haben Sie gesagt, dass die zwei DM-Titel in Leipzig Ihr Wunsch waren. Wie sieht es in Hinblick auf den Sommer aus, welche Wünsche und Ziele haben Sie für das Highlight-Jahr 2024 mit der EM in Rom und den Olympischen Spielen in Paris noch? Und was sind bei Ihnen die nächsten Schritte auf dem Weg dahin? 

Gesa Krause:
Ich will im olympischen Finale gern unter die Top Acht kommen. Und natürlich ist der Traum eine Medaille. Aber das ist sehr schwer, zu erreichen. Das weiß ich auch. Ich glaube der Traum ist aber wichtig, dass ich einfach voran komme. Der Weg dahin sind jetzt erst mal noch zwei Trainingslager, dann die Norm, dann hoffentlich eine erfolgreiche EM und dann noch mal ein Trainingslager. Aber der erste Schritt ist die Norm. Und dann heißt es, sich bei den Olympischen Spielen im Vorlauf zu behaupten und dann im Finale so weit wie möglich nach vorne. Eine Medaille ist ein Traum, aber es gibt es noch viele andere Schritte, die vorher absolviert werden müssen.

Mehr: 
Leipzig am Sonntag: Weltklasse-Weitsprung, Meisterschaftsrekorde, doppeltes Gold-Double 

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024