| Interview

Marlene Meier: "Der große Knall steckt noch in mir"

© Dirk Gantenberg
Auf Silber bei der DM in Braunschweig folgte für Hürdensprinterin Marlene Meier am Sonntag bei der U23-DM der Titel. Wir haben in Mönchengladbach mit der Leverkusenerin über Learnings aus der zurückliegenden Saison, Nervosität im Wettkampf und ihr erstes Rennen unter der 13-Sekunden-Schallmauer gesprochen.
Svenja Sapper

Marlene Meier, herzlichen Glückwunsch zum Titel bei der U23-DM. Auch wenn es hintenraus noch mal knapp wurde, sah es nach einem gelungenen, runden Lauf aus – was meinen Sie? 

Marlene Meier: 
Ehrlich gesagt war ich nach meinem verpennten Start im Vorlauf vor dem Finale ein bisschen nervöser als gedacht. Bald nach dem Vorlauf kam auch schon der Callroom zum Finale. Da habe ich nur ein bisschen was gemacht und bin auch gar nicht mehr in dem Startblock gegangen, um mich nicht noch nervöser zu machen. Ich habe mir gesagt: Von vorneweg drauflospreschen, schön auf deiner Bahn bleiben. Das hat echt gut geklappt. So konnte ich das Rennen von vorne entspannt nach Hause laufen.

Der Kalender zeigt gerade mal Anfang Juli, und doch liegen mit der EM in Rom, den Deutschen Meisterschaften und jetzt der U23-DM bereits mehrere nationale und internationale Meisterschaften hinter Ihnen ...

Marlene Meier: 
Ich habe heute im Warm-up gemerkt, dass ich langsam eine Pause von dieser Wettkampf-Aufregung brauche. Es ist schon noch mal eine andere Nervosität, wenn man im Startblock steht. Das kostet auch Kraft. Die Woche vor Braunschweig war ich sehr aufgeregt und habe mich im Kopf viel mit der DM beschäftigt. Das wollte ich diesmal besser machen, ein bisschen lockerer rangehen. Das hat noch nicht hundertprozentig, aber schon viel besser als in der Woche zuvor geklappt.

Lassen Sie uns gerne mal auf die bisherige Saison zurückblicken. EM-Start in Rom, DM-Silber in Braunschweig, viele Rennen auf nationalem und internationalem Parkett. Was konnten Sie von den bisherigen Wettkämpfen mitnehmen? 

Marlene Meier: 
Vor allem: viel Erfahrung, die ich sammeln konnte. Es waren tolle Erlebnisse dabei, aber auch einige Rückschläge oder Situationen, in denen ich Pech hatte ...

... wie etwa bei der EM in Rom, als Sie den einzigen Vorlauf mit starkem Gegenwind erwischt und das Halbfinale um wenige Hundertstel verpasst haben ... 

Marlene Meier: 
Ja, genau. Aber auch das gehört dazu, und auch davon konnte ich Erkenntnisse mitnehmen, zum Beispiel in Bezug auf Konzentration und Fokus. Das war bei den letzten beiden Höhepunkten schon besser, da ist der Wettkampf zugleich gutes Training. Ich habe viel dazugelernt, gar nicht unbedingt in Bezug auf Technik und Hürde, sondern eher dahingehend, dass ich immer mehr auf meinen Körper höre und mich frage: Wie fühle ich mich im Wettkampf? Dann macht es auch immer mehr Spaß. 

Anlässlich der DM in Braunschweig haben Sie gesagt, dass das zurückliegende Jahr für Sie ein hartes war. Was hat Sie in dieser Zeit ausgebremst? 

Marlene Meier: 
Ich hatte letztes Jahr Probleme mit meinem linken Beuger, für die nicht wirklich eine Ursache gefunden werden konnte. Es waren undefinierbare Schmerzen, die mich eingeschränkt haben. Ich konnte lange nicht trainieren, bin dementsprechend spät in die Saison eingestiegen und habe die U23-EM verpasst. Dann bin ich bei der DM als Titelverteidigerin gerade so ins Finale gekommen und nur Siebte geworden. Ich musste lernen, mit Rückschlägen umzugehen. Aber zum Sommer hin wurde es besser, weil ich stetig daran gearbeitet habe. Ich glaube, da kommt auch noch was, bis ich zur „alten Marlene“ zurückgefunden habe.

Was hat Ihnen beim Umgang mit Rückschlägen besonders geholfen – gibt es Strategien, die für Sie besonders gut funktioniert haben? 

Marlene Meier: 
Ganz viel auf Kopf und Körper zu hören. Darauf, was das Gefühl sagt. Außerdem habe ich angefangen, mit einer Sportpsychologin zusammenzuarbeiten. Tanja Damaske [Leitende Sportpsychologin im DLV und ehemalige Speerwurf-Europameisterin; Anm. d. Red.] hat mir Tipps und Tricks mitgegeben, aber oft waren es auch schon die Gespräche an sich, die geholfen haben. Und ich erhalte viel Unterstützung von meinem Umfeld. 

Das Durchhalten hat sich für Sie ausgezahlt: Sie sind Ende Juni in Lüttich zum ersten Mal unter der 13-Sekunden-Marke geblieben, haben Ihre Bestzeit auf 12,96 Sekunden geschraubt. Ein Befreiungsschlag für Sie? 

Marlene Meier: 
In erster Linie habe ich mich unglaublich darüber gefreut. Auch deshalb, weil ich die Zeit Ende vergangenen Jahres schon draufgehabt hätte, dann war aber nach dem ISTAF in Berlin leider die Saison vorbei [Anm. d. Red. Marlene Meier lief beim ISTAF 13,00 Sekunden]. Dieses Jahr hat das konstante Level schon angedeutet, dass es mit der Bestzeit klappen könnte. Es war noch nicht der große Sprung, der steckt, glaube ich, noch in mir. Aber es war einfach toll, jetzt mal die Zwölf vorne zu haben. Jetzt steht für immer eine Zwölfer-Zeit als PB. Das ist echt cool.

Zur Nominierung für die Olympischen Spiele hat es in diesem Jahr leider noch nicht gereicht. Wie planen Sie nun den Rest der Saison? 

Marlene Meier: 
Ich möchte nach den vielen Rennen jetzt erst mal etwas runterfahren, dann kommt noch ein kurzes Auftrainieren und am Ende der Saison will ich noch ein paar Rennen bestreiten. Mein Ziel ist es, weiter an der Lockerheit im Wettkampf zu arbeiten und die angespannte Nervosität abzulegen. Einfach auf mich achten und dann gerne auf den großen Knall warten und darauf hinarbeiten.

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