| Neu-Delhi

Para-WM: Viermal Gold zum Abschluss

© Tom Weller /DBS
Die letzten drei Tage der Para-WM in Neu-Delhi (Indien) bescherten der deutschen Mannschat noch einmal vier Goldmedaillen. Während Weitspringer Markus Rehm zur 17. Goldmedaille seiner Karriere flog und mit Johannes Floors ebenfalls ein Favorit das Rennen über 400 Meter machte, überraschte Max Marzillier mit dem Titel über die Stadionrunde. Felix Streng schnappte sich den Titel in einer engen 200-Meter-Entscheidung.
pm/mbn

Er ist schon jetzt die Überraschung der Para Leichtathletik-WM: Dank eines fulminanten Schlussspurts sicherte sich Max Marzillier am Freitag den Weltmeistertitel über die 400 Meter in der Startklasse T13 der Athleten mit Sehbehinderung. Nach 100 Metern war der Athlet vom BPRSV aus Cottbus noch Sechster, nach 200 Metern Fünfter und eingangs der Zielgerade Dritter – dann überholte der 24-Jährige sogar noch den Favoriten aus Japan, Ryota Fukunaga, und sicherte sich in 49,00 Sekunden mit drei Hundertstel Vorsprung Gold und seine erste internationale Medaille.

„Das ist extrem surreal, das wird auch noch eine Weile dauern, bis das im Gehirn angekommen ist. Alle arbeiten darauf hin, sich irgendwann mal eine Goldmedaille umlegen zu dürfen und dass das jetzt in meinen jungen Jahren passiert, ist unbeschreiblich. Mir sind nach dem Zieleinlauf auch kurz die Tränen in die Augen geschossen, das passiert sonst nicht so häufig“, sagte Markus Marzillier.

Anschließend wurde der Cottbuser von indischen Medien belagert – sie hatten sein Stirnband gesehen, auf dem in Hindi „Niemals aufgeben“ steht. Inspiriert hat ihn dazu Markus Rehms Trainerin und Ex-Speerwurf-Weltmeisterin Steffi Nerius, die als Athletin auch Stirnbänder mit Bezug zum Gastgeberland trug und nach der WM als Trainerin aufhört. „Ich könnte sagen, dass das geplant war, sie mit dem WM-Titel zu verabschieden“, sagte Markus Marzillier und lacht: „Aber das wäre eine dreiste Lüge. Klar habe ich auf die ersten Drei geschielt. Aber dass es so bombastisch ausgeht, hätte ich mir niemals erträumen lassen.“

Markus Rehm springt auf 8,43 Meter und zum 17. Gold

Traumhaft wurde dann auch der Abschied von Steffi Nerius als Trainerin von Markus Rehm: Der Weltrekordhalter sprang schon im ersten Versuch auf 8,38 Meter und ließ noch 8,43 Meter folgen – das war 22 Zentimeter weiter als der starke zweitplatzierte US-Amerikaner Derek Loccident. Damit ist der 37-Jährige vom TSV Bayer 04 Leverkusen seit 2011 weiter ungeschlagen und holte sein 17. Gold insgesamt – ein schönes Abschiedsgeschenk für seine langjährige Trainerin und Speerwurf-Weltmeisterin Steffi Nerius. Die große Verbundenheit zeigte Rehm im letzten Versuch, bei dem er ein Stirnband mit der Aufschrift „Thank you Steffi“ trug – und das ganze deutsche Team auf der Tribüne ebenfalls Stirnbänder für Nerius auspackte.

„So viele gemeinsame Jahre, so viele Jahre ungeschlagen – das ist wirklich unfassbar. Mir war heute ganz besonders wichtig, dass der letzte Wettkampf mit Steffi nochmal ein Riesenerfolg wird für uns als Team. Es ist umso schöner, dass es auch geklappt hat“, sagte Markus Rehm und Steffi Nerius, die 2009 als Speerwurf-Weltmeisterin bei der Heim-WM in Berlin schon mal eine Karriere auf dem Höhepunkt beendete, ergänzte: „Ich bin einfach total stolz, weil es einfach ein super Wettkampf war. Es war das Ziel, direkt von Anfang an mit dem ersten Sprung fokussiert zu starten und eine ordentliche Weite hinzusetzen, um Sicherheit zu haben und einen schönen Wettkampf daraus zu machen. Das hat Markus super umgesetzt.“

Künftig wird Weltrekordhalter Markus Rehm beim niederländischen Erfolgscoach Guido Bonsen trainieren, der unter anderem auch Fleur Jong trainiert, die doppelt unterschenkelamputierte Weltrekordhalterin über 100 Meter und im Weitsprung. Für den TSV Bayer 04 Leverkusen wird er nach wie vor starten: „Ich bin sicher, dass ich auf einen Kaffee und für einen Rat aber auch weiterhin bei Steffi vorbeikommen darf.“

Gold für Floors und Streng am Sonntag

Am WM-Abschlusstag wurde Johannes Floors seiner Favoritenstellung über 400 Meter gerecht. Der Leverkusener lag schon nach 100 Metern in Führung und baute diese in der Klasse T62 (beidseitig unterschenkelamputiert) deutlich aus. Mit 45,39 Sekunden stellte Johannes Floors bei seinem WM-Triumph außerdem einen neuen Meisterschaftsrekord auf. Silber ging an den schnellen Niederländer Olivier Hendriks (47,13 sec).

Über die halbe Stadionrunde zeigte Felix Streng (Sprintteam Wetzlar) zum Abschluss der WM noch einmal seine Klasse. In einem engen Finale lag er im Ziel mit 21,60 Sekunden knapp vor dem dreimaligen Paralympicssieger Sherman Guity Guity (Costa Rica; 21,70 sec). Der Hesse hatte in Neu-Delhi bereits den Titel über 100 Meter gewonnen, knapp vor Johannes Floors. Bronze sicherte sich am Sonntag über 400 Meter in der T38-Klasse Lindy Ave (Leichtathletik inklusiv Greifswald). Mit 60,20 Sekunden trennte sie weniger als eine Sekunde von Weltmeisterin von Karen Palomeque (Kolumbien; 59,45 sec).

Böttger läuft mit Kosenkow deutschen Rekord

Hoffnungen auf eine Medaille am Freitagabend hatten sich auch Marcel Böttger und sein Guide Alex Kosenkow über 100 Meter gemacht, doch sie verpassten das Podest um zwei Hundertstelsekunden. In 11,13 Sekunden verbesserten sie aber ihren deutschen Rekord um sieben Hundertstel, sodass sie nicht unzufrieden waren. „Hätte ich eine größere Brust, hätten wir die Medaille vielleicht gepackt. Also muss ich nächstes Jahr noch härter trainieren“, sagte Marcel Böttger und Alexander Kosenkow fügte hinzu: „Wir haben uns unglaublich verbessert hier, wir waren mittendrin und haben unsere Bestzeit pulverisiert.“

Am Freitagvormittag stieß Lisa Martin Wagner die Kugel auf 10,51 Meter und wurde damit wie bei der WM in Kobe 2024 Fünfte. „Für die gesundheitlichen Vorraussetzungen ist es okay“, sagte die Athletin vom BPRSV aus Cottbus mit Blick auf die vergangenen Tage: „Es ist weit unter dem geblieben, wo ich eigentlich hätte sein können. Ohne die medizinische Unterstützung wäre ich gar nicht hier, deshalb ist es okay, dass es Platz fünf ist – auch wenn Platz vier von der Weite her möglich gewesen wäre. Nächstes Jahr geht’s weiter.“

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik...

 

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets