Bei der Cross-EM am Sonntag in Lagoa ist Tempo gefragt: Der 1.500-Meter-Kurs führt an der Algarve durch eine frisch angelegte Parkanlage mit hartem Untergrund. Das deutsche Team ist bei allen sieben Entscheidungen vertreten und rechnet sich speziell bei den U20- und U23-Entscheidungen Medaillenchancen aus.
Ganz im Süden Portugals geht’s am Sonntag um die letzten internationalen Medaillen des Leichtathletik-Jahres 2025. Bei den 31. Cross-Europameisterschaften in der an der Algarve gelegenen Stadt Lagoa stehen sieben Entscheidungen auf dem Programm. In allen ist das 28 Läuferinnen und Läufer umfassende DLV-Team vertreten. Wie im Vorjahr sind die Strecken bei Männern und Frauen – auch in der U20- und U23-Klassen – gleich lang.
Der EM-Kurs führt in Lagoa durch den neu angelegten Parque Urbano. In die Parkanlage ist eine 1.500 Meter lange, öffentliche Crosslaufstrecke integriert. Genau dieser kurvenreiche Parcours wird für die Cross-EM genutzt. Pro Runde weist die Strecke einen Höhenunterschied von 38 Metern sowie kurze aber steile Anstiege auf. Aufgrund des harten Untergrunds erwartet Langstrecken-Bundestrainerin Isabelle Baumann, die das DLV-Team in Lagoa betreut, „extrem schnelle Rennen“.
Zum EM-Abschluss dürfte das Männerrennen über 7,5 Kilometer zu einer wahren Tempohatz werden. Schließlich ist der Lauf mit 10.000-Meter-Weltmeister Jimmy Gressier sehr stark besetzt. Der Franzose peilt in Lagoa nach drei U23-Titeln (2017-2019) seine erste Goldmedaille in der Männerklasse an. Der Weltmeister wird gefordert von Dominic Lobalu (Schweiz), dem Spanier Thierry Ndikumwenayo und der portugiesischen Hoffnung José Carlos Pinto.
Markus Görger mit starken Vorleistungen
Im Rennen um die vorderen Plätze möchte auch Markus Görger (LG Region Karlsruhe) ein Wörtchen mitreden. „Markus hat schon vergangenes Jahr mit Platz 17 für ein starke Leistung gesorgt. Ich glaube, dass er aktuell noch besser in Form ist, vielleicht ist für ihn ein Top-10-Platz möglich“, blickt Isabelle Baumann voraus. Als zweiter deutscher Starter ist Nick Jäger in Lagoa dabei. Ihm traut die Bundestrainerin einen Platz im vorderen Drittel zu.
Bei den Frauen (7,5 km) tritt ebenfalls ein DLV-Duo an der Algarve an. Die Deutsche Crossmeisterin Elena Burkard (LG farbtex Nordschwarzwald) und Eva Dieterich (LAV Stadtwerke Tübingen) lieferten sich in der zurückliegenden Crosssaison enge Rennen. Bei der Cross-DM in Darmstadt entschieden erst die letzten Meter über den Sieg. So erwartet Isabelle Baumann auch, dass beide in ähnliche Bereiche laufen.
Ganz vorn dürfte die Vorjahressiegerin Nadia Battocletti kaum zu stoppen sein. Der Italienerin gelang 2025 ein weiterer Leistungssprung und nach Medaillen bei der WM in Tokio ist sie nun die Top-Favoritin auf Gold in Lagoa. In starker Form präsentierte sich zuletzt auch die Britin Megan Keith, außerdem ist Routinier Yasemin Can mit von der Partie. Die Türkin gewann zwischen 2016 und 2019 vier EM-Titel in Folge. Die Gastgeber haben mit der Vorjahresvierten Mariana Machado ebenfalls eine Medaillenkandidatin im Rennen.
Mixed-Staffel trifft auf starke Konkurrenz
Um Edelmetall möchte auch die deutsche Mixed-Staffel mitlaufen. Die vier Teilstücke führen über 1.300 Meter, zweimal 1.510 Meter und zum Abschluss 1.640 Meter. Dabei kann die Reihenfolge der zwei Frauen und Männer frei eingeteilt werden. Aufgrund der etwas längeren finalen Parts wird an Position vier wahrscheinlich ein Mann laufen. „So werden wir auf jeden Fall die Aufstellung wählen“, sagt Isabelle Baumann.
Welche vier deutschen Läuferinnen und Läufer an den Start gehen, entscheidet sich erst wie bei den anderen Nationen auch am Sonntagvormittag. Nominiert sind Katja Bäuerle (LG Region Karlsruhe), Vera Coutellier (Cologne Athletics), Verena Meisl (TV Wattenscheid 01), Marvin Heinrich (Eintracht Frankfurt), Jens Mergenthaler (LG farbtex Nordschwarzwald) und Tobias Tent (LG Stadtwerke München). Die Ausscheidung in Pforzheim gewannen Verena Meisl und Jens Mergenthaler. Nach einem gesundheitlichen Rückschlag vor der Cross-DM ist der Schwarzwälder wieder fit.
Die Konkurrenz im Rennen um einen Podestplatz ist für das DLV-Quartett immens stark. So will das portugiesische Quartett, angeführt von 1.500-Meter-Weltmeister Isaac Nader, erstmals eine Medaille in diesem Wettbewerb gewinnen. Natürlich zählen auch Italien, Großbritannien und Frankreich, die 2024 in Antalya aufs Podest liefen, zu den Medaillenkandidaten.
U23-Läuferinnen mit Medaillenambitionen
In der U23 geht’s bei Männern und Frauen über 6,0 Kilometer zur Sache. Besonders gute Chancen dürfen sich die deutschen U23-Läuferinnen mit Nele Heymann (LG Brillux Münster), Lisa Merkel (LAV Stadtwerke Tübingen), Pia Schlattmann (LG Brillux Münster) und Kira Weis (KSG Gerlingen) ausrechnen. „Mit dieser Besetzung sind die Chancen auf eine Teammedaille da“, so die Bundestrainerin.
Pia Schlattmann belegte vergangenes Jahr sensationell Rang vier. Auch Kira Weis war zuletzt in starker Form. Beiden könnte der schnelle Kurs liegen. Als Favoritin gilt die Vorjahreszweite Maria Forero. Die Spanierin krönte sich im Sommer zudem zur U23-Europameisterin über 5.000 Meter. Ebenfalls zu U23-EM-Gold lief Ilona Mononen (Finnland) über 3.000 Meter Hindernis. Sie schielt nach Silber (2023) und Bronze (2024) bei der Cross-EM natürlich auch auf ihren ersten Titel bei diesen Titelkämpfen.
Bei den U23-Männern ist ein Crossspezialist in der Favoritenrolle: Der Brite Will Barnicoat gewann in den vergangenen drei Jahren drei Einzeltitel, 2022 in der U20-Klasse, 2023 und 2024 in der U23. Das deutsche Team wird angeführt vom Deutschen Meister Kurt Lauer (VfL Sindelfingen). Dazu kommen Jakob Dieterich (Frankfurt Athletics), Robin Müller (LC Top Team Thüringen) und Silas Zahlten (LG Brillux Münster). Jakob Dieterich hat schon gute Erfahrungen bei Cross-Europameisterschaften gemacht, vergangenes Jahr lief er in der U20-Klasse auf Rang 13.
Julia Ehrle trifft auf Innes FitzGerald
Ein einsames Rennen könnte es in der weiblichen U20 geben. Denn Großbritannien schickt mit Innes FitzGerald ein Ausnahmetalent auf die 4,5-Kilometer-Distanz. Die U20-Europarekordlerin über 5.000 Meter (14:39,56 min) könnte in Lagoa ihren Gold-Hattrick perfekt machen. Vergangenes Jahr in Antalya verpasste Julia Ehrle (LG farbtex Nordschwarzwald) als Vierte die Medaillen nur knapp. In Lagoa möchte die U20-Berglauf-Weltmeisterin erneut um einen Podestplatz kämpfen. „Sie hat gezeigt, dass sie in starker Form ist“, glaubt Isabelle Baumann an ihre Chance.
Mit Franziska Drexler (LG Telis Finanz Regensburg), Emily Junginger (VfL Sindelfingen), Hannah Lösel (Eintracht Frankfurt) und Lera Miller (VfL Löningen) schickt der DLV vier weitere Talente ins Rennen. Speziell Emily Junginger und Lera Miller waren zuletzt die ersten nationalen Verfolgerinnen von Julia Ehrle.
Während die 18-Jährige bei den Rennen in Pforzheim und Darmstadt ein gutes Stück voraus war, fighteten in der männlichen U20 Levin Saveur (LG Stadtwerke München) und David Scheller (LG Main-Spessart) bis zum Zielstrich um den Sieg. Beide Male mit dem besseren Ende für David Scheller. Ein ordentliches Ergebnis der beiden könnte den Grundstein für ein gutes Team-Ergebnis bilden. Die drei weiteren deutschen Starter sind Christopher Dahlmeyer (TSV Bayer 04 Leverkusen), Lenny Fred Riebe (LG Olympia Dortmund) und Lewe Teuber (SC Neubrandenburg).
Isabelle Baumann wünscht sich „mutige Rennen“
Die Favoritenrolle liegt mal wieder bei Håkon Moe Berg. Der Norweger gewann bei der U20-EM im Sommer Gold über 1.500 und 3.000 Meter. Im August steigerte der 19-Jährige seine 1.500-Meter-Bestzeit in Pfungstadt um mehr als fünf Sekunden auf 3:30,28 Minuten. Der Beweis seiner außergewöhnlichen läuferischen Klasse. „Wichtig wird es in der U20 sein, dass unser Team mutig anläuft und sich im vorderen Drittel einsortiert. Wenn man bei dieser kurzen Distanz zu Beginn weit hinten ist, wird man es nicht nach vorn schaffen“, gibt Isabelle Baumann die Taktik vor.
Die Cross-EM in Lagoa wird von Eurovisionsport mit deutschem Kommentar im Livestream übertragen. Die Übertragung startet um 10:00 Uhr (MEZ), das erste Rennen (U20 weibliche Jugend) startet um 10:30 Uhr. Den Livestream kommentiert Uwe Holli.
Foto: Pia Schlattmann lief 2024 in Antalya auf Platz vier bei der U23. Auch in diesem Jahr ist sie in starker Form.