Der Dresdner Andreas Busse sorgte als Weltklasse-Mittelstreckler in den 80er Jahren für Aufsehen. 1980 bei den Olympischen Spielen in Moskau ging er zweimal auf Medaillenjagd, als bestes Resultat blieb ein vierter Platz (1.500 m). Mit einer Steigerung auf 3:34:10 Minuten war er vor den Spielen in Los Angeles erneut Medaillenkandidat. Doch dann die größte Enttäuschung seiner Laufbahn: der Boykott der Ostblockstaaten. Dahin waren alle Medaillenträume. 1988 beendete er seine sportliche Karriere. Heute ist Andreas Busse Projektleiter für Veranstaltungen in Karlsruhe.
Am Rande der diesjährigen Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig konnte sich der 56-Jährige noch gut an alles erinnern. Für seinen Doppelstart in Moskau über 800 und 1.500 Meter hat Andreas Busse eine einfache Erklärung: „Ich war schnell genug und hatte auch die entsprechende Ausdauer.“ Es war ein hartes Programm, zumal er sich kurz vor Moskau noch eine Zerrung zugezogen hatte. „Außerdem hatten wir alle andere Rennen erwartet, mit einem Sieger Sebastian Coe über 800 und Steve Ovett über 1.500 Meter. Doch dann war das Ergebnis genau umgekehrt.“ Über 800 Meter wurde Busse Fünfter.
Anschließend hatte er nur kurz frei. „Da sah ich mir live das Handball-Finale zwischen der DDR und der UdSSR an, welches die DDR mit 23:22 nach Verlängerung gewann. Das war mein einziges Olympia-Erlebnis.“ Ansonsten war Busse ständig selbst aktiv, zunächst bei drei Läufen über 800 Meter und dann nochmals bei drei Läufen über 1.500 Meter. Ein Pensum, das heutzutage schwer vorstellbar ist.
Vom Boykott betroffen
Schwer vorstellbar auch, was ein Sportler empfindet, wenn ihm kurz vor dem Größten, der nächsten geplanten Teilnahme an Olympischen Spielen, plötzlich mitgeteilt wird, dass die Veranstaltung in Los Angeles boykottiert wird. „Ich war im bulgarischen Plowdiw im Trainingslager, als der Trainer uns das mitteilte. Da brach bei mir eine Welt zusammen. Dabei waren wir ein Jahr zuvor im Rahmen des Länderkampfes USA-DDR schon mal in Los Angeles gewesen, kannten also die Wettkampfanlagen und das olympische Dorf in der University of Southern California.“
Da war es dann nur ein schwacher Trost, dass nach den Spielen die von ihm in Potsdam erzielten 3:34:10 Minuten mit dem Ergebnis von Los Angeles verglichen wurden und für ihn ein dritter Platz errechnet wurde. „Ich war für die DDR nun Bronzemedaillengewinner, bekam den Vaterländischen Orden in Bronze und durfte nach Kuba fahren.“ Andreas Busse blieb zwar weiter aktiv, aber die jüngeren und schnelleren Läufer Hauke Fuhlbrügge und Jens-Peter Herold rückten nach. „Als man mir sagte, dass ich zu alt sei und die Reise zu den Olympischen Spielen 1988 nach Seoul zu teuer sei, hörte ich dann auf, und das ziemlich abrupt.“
Projektleiter für Sportveranstaltungen
Aber zumindest fiel Andreas Busse beruflich nicht in ein Loch. Er hatte zunächst in Dresden ein Kfz-Ingenieurstudium begonnen, wechselte dann zum Sportstudium an der Dresdner Außenstelle der DHfK Leipzig. Aber dann kam der Abschied vom Sport und das Angebot, in Berlin in der Zentrale des Deutschen Verbandes für Leichtathletik (DVfL) zu arbeiten. Diese Gelegenheit packte er beim Schopfe und war ab 1989 in der Storkower Straße in Berlin in der Abteilung Finanzen beschäftigt. Dort befasste er sich bis zur Wende und damit der Auflösung des DVfL vor allem mit den Abrechnungen größerer Veranstaltungen wie DDR-Meisterschaften und Crossmeisterschaften. Als Delegationsleiter begleitete er auch eine Mannschaft nach Bulgarien.
Anschließend bemühte sich Andreas Busse um eine neue Arbeitsstelle. Als beim Sport-und Bäderamt der Stadt Karlsruhe eine Stelle im Bereich Veranstaltungsbetreuung ausgeschrieben wurde, bewarb er sich mit Erfolg. Seit dem 2. Januar 1991 ist er in Karlsruhe als Projektleiter tätig, aktuell bei der Karlsruher Event GmbH, einer städtischen Tochter, für Sportveranstaltungen. „Seit nunmehr 20 Jahren betreue ich das Indoor-Meeting.“ Aber auch für andere Sportarten wie Handball, Basketball, Volleyball, Boxen oder Turnen hatte er mit den Hut auf. Die Europahalle war eine für den Sport sehr taugliche Halle. Aber auch Konzerte wurden dort durchgeführt wie von Chris de Burgh, den Toten Hosen oder Silbermond.
Aufbau des Indoor-Meetings
Ein wenig stolz ist Andreas Busse vor allem darauf, dass er das Indoor-Meeting mit zu dem aufgebaut hat, was es heute ist. Gründer und lange Zeit dabei war Siegfried König als erster Meeting-Direktor, der vor allem für die Athletenverpflichtung zuständig war. Dieser holte dann den ehemaligen französischen Zehnkämpfer Alain Blondel mit ins Boot und zog sich selbst aus beruflichen Gründen zurück. Auch mit Blondel kommt Andreas Busse sehr gut aus.
„Alain war Trainer und ist Manager, war in Zürich bei den letzten Europameisterschaften Technischer Direktor und nutzt seine guten Verbindungen, auch bis in die IAAF-Zentrale hinein. Alain ist auch einer der Mitinitiatoren der neuen World-Indoor-Tour, sozusagen unser Mann vor Ort. Er ist in Karlsruhe unser Sportdirektor und als meine rechte Hand die perfekte Ergänzung.“ Andreas Busse aber trägt die Hauptverantwortung für die gesamte Durchführung des Meetings und ist ganzjährig unter anderem mit der Veranstaltung befasst. „Hier sehe ich mich sowohl als Strippenzieher wie auch als Teamleiter.“
Das Aus für die Europahalle
Eine echte Bewährungsprobe für das ganze Team begann im Mai 2014, als die Europahalle von der Gebäudeverwaltung wegen diverser Probleme, vor allem aus brandschutztechnischer Sicht gesperrt wurde. Das Indoor-Meeting stand damit auf der Kippe. Die Hauptfrage war, ob man in einer vorhandenen Messehalle die Leichtathletik anbieten könne. Über gute Kontakte wurde schließlich aus Göteborg die alte EM-Anlage für die Stadt gekauft. Insgesamt 17 Trucks aus Schweden und Estland haben das Material nach Karlsruhe gebracht, wo das Puzzle wieder zusammengesetzt wurde. "Meine Hauptaufgabe bestand darin, alle technischen Gewerke und die leichathletikspezifischen Dinge termingerecht zusammen zu führen.“
Voller Spannung erwartete man dann den ersten Test-Wettkampf, aber die Anlage hielt, was sie versprach. Und auch die folgenden Bewährungsproben beim Indoor-Meeting und den Deutschen Hallen-Meisterschaften 2015 verliefen erfolgreich. „So gut, dass beim DLV gleich der Gedanke aufkam, sich für Hallen-Europameisterschaften zu bewerben.“ Und deshalb wurden Andreas Busse und Alain Blondel auch nach Prag (Tschechien) geschickt, um sich die Hallen-EM anzusehen. Zwar ist eine eventuelle Bewerbung erst für 2021 vorgesehen, doch die Karlsruher sind voller Hoffnung, dass die über 5.000 Zuschauer in der Messehalle ein Spektakel erleben könnten.
Angeln als Hobby
Beruflich lief bei Andreas Busse also Vieles wie gewünscht. Und auch privat setzte er auf Kontinuität. „Wir hatten gerade unseren 25. Hochzeitstag.“ Seine Frau Petra kennt er schon fast ein Leben lang, seit ihrer gemeinsamen Vereinszugehörigkeit beim SC Einheit Dresden. Petra Krug war ebenfalls Leichtathletin, spezialisierte sich auf die 400 Meter Hürden, lief 1989 ihre Bestzeit von 54,35 Sekunden und gewann in diesem Jahr auch die DDR-Meisterschaften. Im Juni 1991 kam ihr Sohn Marc zur Welt. Danach versuchte sie nochmals, sich für die Olympischen Spiele 1992 zu qualifizieren. Doch ihre Schilddrüsenunterfunktion machte das Vorhaben zunichte und sie beendete 1992 ihre Karriere.
Heute arbeitet Petra Busse (früher nach ihrem Sportstudium Trainerin) als Übungsleiterin bei der SG Siemens in Karlsruhe und bietet vom Kindergarten bis zum Seniorensport, von der Rückenschule über Nordic Walking bis hin zu Step-Aerobic alles im Verein an. Andreas Busse ist ebenfalls noch sehr aktiv, fährt täglich 15 Kilometer mit dem Rad zur Arbeit, spielt bei der SG Siemens zweimal pro Woche Tischtennis. „Nur das Laufen habe ich heruntergeschraubt. Wenn ich heute mal laufe, dann maximal 45 Minuten und ganz moderat“, sagte er.
Ruhig und moderat geht es auch bei seinem wichtigsten Hobby zu, dem Angeln. Schon als Kleinkind war er mit einer kleinen Handangel losgezogen und stolz auf jeden Fischfang. "Auch ins Trainingslager in Kienbaum bin ich oft mit Koffer und Angel angereist. Ich hatte immer einen Angelausweis, später den Fischereischein." Und was ist für ihn das Besondere am Angeln? „Die Ruhe, die Entspannung und das Naturerlebnis. Ich finde es einfach schön, wenn ich beispielsweise einen Eisvogel beobachten kann. Und das kann ich hier in Karlsruhe, wo ich mich insgesamt sehr wohl und inzwischen auch heimisch fühle.“