Bei ihrem letzten Siebenkampf des Jahres hat Claudia Rath in Talence noch einen versöhnlichen Saisonabschluss finden können. Die Frankfurterin sammelte 6.310 Punkte, mehr als zuvor in Götzis (Österreich) und Rio, und schob sich als Dritte noch in die Top Acht der Challenge-Wertung, die Preisgeld erhalten. Im Interview sprach die 30-Jährige über den Muskelkater danach, den gefürchteten 800-Meter-Lauf und den Zeitpunkt ihres möglichen Karriereendes.
Claudia Rath, Sie haben am Wochenende in Talence (Frankreich) einen richtig guten Siebenkampf hingelegt. Wie groß ist der Muskelkater heute?
Claudia Rath:
Furchtbar. Ich bin aus dem Bett gekrochen, muss ich gestehen. Die 800 Meter haben mich nochmal richtig gefordert. Gestern haben wir mit den Mädels und Jungs noch ein bisschen gefeiert. Man merkt, dass man zwei harte Tage hinter sich hat.
Viele andere Athleten sind zu diesem Zeitpunkt schon im Urlaub, wie kam es bei Ihnen zum Entschluss, das Mehrkampf-Meeting noch mitzunehmen?
Claudia Rath:
Die Saison ist nicht so gelaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. In der Vorbereitung war ich relativ fit und hatte mir viel von dieser Saison erhofft. Eine Woche vor Götzis habe ich mir in Bad Langensalza einen ersten Muskelfaserriss reingezogen, den hat die andere Muskulatur aber gut kompensieren können. Im Speerwurf habe ich mir wegen der Kälte den zweiten Muskelfaserriss geholt. Ratingen musste ich absagen, es hat sechs Wochen gedauert, bis ich wieder auf die Bahn konnte. Das hat ziemlich an den Nerven gezehrt. Olympia kam dann einfach drei Wochen zu früh, mein Körper war noch nicht bereit. Er hat sich das falsche Jahr für die Verletzung ausgesucht. Nach Olympia habe ich eine Woche Pause gemacht und beschlossen, nochmal einen richtig schönen Abschied für diese Saison, auch für den Kopf, in Talence zu suchen.
Das ist gelungen: Mit 6.310 Punkten und Saisonbestleistung. Wie haben Sie die beiden Tage durchlebt?
Claudia Rath:
Die Atmosphäre ist super dort, ich mag dieses Meeting sehr, es ist alles ein bisschen lockerer, Musik wird eingespielt. Der erste Tag war ein bisschen holprig. Hürden haben sich gut angefühlt, besser als erwartet. Hochsprung meine Wackeldisziplin war ein kleines Tief, macht mir aber wieder Hoffnung auf nächstes Jahr. Kugel hat sich besser angefühlt, als sie geflogen ist. Die Kugel kam einfach zu schnell wieder runter. Die 200 Meter waren ein schöner Abschluss, knapp an die 23-Sekunden-Marke ran.
Und Tag zwei?
Claudia Rath:
Ich habe gemerkt, dass ich unbedingt nochmal einen guten Mehrkampf machen wollte, aber eigentlich auch Spaß haben wollte. Und so war es dann auch am zweiten Tag. Ich habe mich beim Warmmachen auf den Weitsprung gefreut. Die Mädels waren auch cool. Es war ein gutes Siebenkampf-Team, in dem man sich wohl gefühlt hat.
Im Speerwurf waren die ersten beiden Würfe knapp unter 40 Meter. Der dritte Versuch segelte über die 40-Meter-Linie und wurde ungültig gegeben. Auf kuriosem Weg sind Sie noch zu Ihrer neuen Bestleistung (43,65 m) gekommen…
Claudia Rath:
Ich habe gedacht, ich knacke endlich mal wieder die 40 Meter. Das Problem war, dass der Speer zwar auf der Spitze gelandet ist, aber keinen Abdruck hinterlassen hat. Und somit wurde er ungültig gegeben, aber man hat gesehen, dass die Spitze zuerst runtergekommen ist. Deswegen haben wir Protest eingelegt. Das hat man auch im Video gesehen. Auch, dass er knapp hinter der 40-Meter-Linie gelandet ist, er konnte aber nicht gemessen werden. Dann haben sie mir einen vierten Versuch gegeben. Das hat ganz gut funktioniert. Neue PB zum Saisonende, was will ich mehr.
Wie war die Situation vor dem abschließenden 800-Meter-Lauf, eine Ihrer stärksten Disziplinen?
Claudia Rath:
Da kam diese Aufregung, zwei Stunden auf den Lauf zu warten. Jeder möchte, dass ich schnell laufe, ich auch. Wenn der Startschuss erst mal gefallen ist, ist alles okay. Dann bin ich heilfroh, wenn ich im Ziel bin. Das war nochmal ein richtig, richtig schöner Abschluss. Ich wusste, was ich laufen musste für 6.300 Punkte. Als ich die Zeit gesehen habe, wusste ich, dass es geklappt hat. Ein schöneres Saisonende hätte ich mir nicht wünschen können.
Ihre Frankreich-Reise ist noch nicht zu Ende. Bei "Fly Europe" in Paris (Frankreich; 21. September) sind Sie für das deutsche Team als Ersatz-Weitspringerin gemeldet. Wie sehr freuen Sie sich darauf?
Claudia Rath:
Ich freue mich, mich mit Sossy [Anm. d. Red.: Sosthene Moguenara] warm zu machen und sie anzufeuern. Sie ist eine sehr, sehr coole Weitspringerin, von der Persönlichkeit. Ich war schon mal bei Berlin fliegt! und das war richtig schön, in der Mannschaft zu sein. Das ist immer ein cooles Spektakel, außerhalb vom Stadion zu springen. Deshalb freue ich mich, dafür ausgewählt worden zu sein.
Hatten Sie früher schon mal daran gedacht, sich für den Weitsprung zu spezialisieren. Ihre Bestleistung steht bei 6,73 Metern – gesprungen im Rahmen eines Siebenkampfes?
Claudia Rath:
Wir hatten mal probiert, dass ich mich auf Weitsprung spezialisiere. Das hat aber gar nicht funktioniert. Was heißt gar nicht, ich bin immer noch 6,30 und 6,40 Meter gesprungen. Mir tut das Mehrkampf-Training relativ gut und im Mehrkampf springe ich auch die Weiten, die gefordert sind eher. Das sieht man auch gut bei Cindy Roleder. Wenn man Mehrkampf trainiert, ist man auf einmal in der Spezialdisziplin total gut. Die Spezialistinnen ärgern, das mache ich noch gerne. Und es macht auch sehr Spaß mit den Weitspringerinnen.
Und wie sieht Ihre Zukunft im Mehrkampf aus? Wie lange möchten Sie den Sport noch so betreiben?
Claudia Rath:
Irgendwie hört man die Frage immer häufiger, wenn man 30 ist. Früher war mein Plan, in diesem Alter auf jeden Fall aufzuhören, wenn ich die Olympia-Teilnahme geschafft habe und damit mein größter Traum in Erfüllung gegangen ist. Dann kam die EM im eigenen Land. Da denkt man natürlich, dass das ein schöner Abschluss wäre, um dort aufzuhören. Ich muss aber gestehen, dass ich keine Pläne mehr mache, sondern nur noch auf meinen Körper höre. 2018 ist auf jeden Fall mein Ziel und solange es mir Spaß macht, werde ich auch bis dahin weitermachen. Ein Ende ist noch nicht geplant.
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