Das Leichtathletik-Jahr 2017 neigt sich dem Ende entgegen. Es ist viel passiert in den vergangenen Monaten – mit Hallen-EM, Team-EM und den Weltmeisterschaften in London sowie drei internationalen Nachwuchsmeisterschaften. Wir blicken in unseren jährlichen Disziplinanalysen zurück auf die Highlights und ziehen Bilanz. Heute: die 400 Meter der Frauen.
Fazit des Bundestrainers
Tobias Kofferschläger, wie fällt Ihre Bilanz für das WM-Jahr 2017 aus?
Tobias Kofferschläger:
Sehr positiv. Zum ersten Mal seit 2009 hat in London wieder eine deutsche 4x400-Meter-Staffel der Frauen ein Finale auf Weltniveau erreicht. Und mit Platz sechs haben die Mädels die Erwartungen voll erfüllt. Sie haben im Vorlauf und im Finale genau das umgesetzt, was wir vorher besprochen hatten – obwohl wir bei der WM ja auch von den durch das Norovirus verursachten Problemen betroffen waren. Im Unterschied zu 2016, als wir in Rio als Neunte das Olympiafinale knapp verpasst haben, waren wir dieses Jahr deutlich breiter aufgestellt. Wir konnten es uns in London erlauben, zwischen Vor- und Endlauf Athletinnen zu tauschen. 2016 hat sich die Staffel ja fast von selbst aufgestellt, weil eigentlich nur vier Athletinnen infrage kamen. In London kam im Finale Hanna Mergenthaler für Svea Köhrbrück zum Einsatz, die im Vorlauf gelaufen ist. Beide sind mit 20 und 23 Jahren noch sehr junge Athletinnen, was zeigt, dass in dem ganzen Team noch viel Potenzial für die Zukunft steckt.
Was war für Sie das ganz persönliche Highlight?
Tobias Kofferschläger:
Das waren zwei. Es war ein tolles Erlebnis zu sehen, wie sich die Frauen-Staffel bei der WM in London als Dritte ihres Vorlaufs ganz sicher für das Finale qualifiziert und sich dann auch dort sehr gut verkauft hat. Aber auch das Staffelrennen bei den U23-Europameisterschaften in Bydgoszcz war etwas ganz Besonderes. Es war ein Gänsehaut-Moment, als Hannah Mergenthaler als Schlussläuferin lange gewartet hat und dann am Ende auf der Zielgeraden doch noch die Lücke fand, um innen an zwei Konkurrentinnen vorbei von Rang vier auf Rang zwei laufen und Silber zu sichern.
Worin sehen Sie die Aufgaben und Ziele für die kommende Saison mit der Heim-EM 2018 in Berlin?
Tobias Kofferschläger:
Wir wollen uns in Berlin sehr gut präsentieren. Über 4x400 Meter haben sicher sechs oder sieben europäische Nationen das Ziel, in Berlin eine Medaille zu gewinnen. Wir waren bei der WM in London hinter Großbritannien und Polen die drittbeste europäische Staffel. Da muss es ja unser Ziel sein, bei der EM eine Medaille zu holen. Um das zu erreichen, wollen wir die individuelle Leistungsfähigkeit jeder einzelnen Athletin steigern. Mit Hannah Mergenthaler, Nadine Gonska und Svea Köhrbrück zählten 2017 ja gleich drei Athletinnen zum Staffel-Sextett, die 2016 noch nicht dabei waren. Wenn die Athletinnen ihre positive Entwicklung 2018 fortsetzen, können wir in Europa sicher ein Wörtchen mitreden. Jetzt geht es aber erst einmal darum, alle gesund durch den Winter zu bringen. Wenn es da keine Störungen im Trainingsprozess gibt, können sie sich in der Saison gar nicht dagegen wehren, schnell zu laufen.
Internationale Erfolge 2017
Medaillen | (Weitere) Final-Platzierungen | |
---|---|---|
WM | – | 6. Platz 4x400 m |
Hallen-EM | – | – |
U23-EM | Silber: Laura Müller Silber: 4x400 m | – |
U20-EM | Silber: 4x400 m | 4. Platz Corinna Schwab |
U18-WM | – | – |
EYOF | – | – |
Die deutschen Top Ten 2017
400 Meter
Zeit | Name | Jahrgang | Verein |
---|---|---|---|
51,72 sec | Ruth Sophia Spelmeyer | 1990 | VfL Oldenburg |
52,04 sec | Laura Müller | 1995 | LC Rehlingen |
52,51 sec | Nadine Gonska | 1990 | MTG Mannheim |
52,76 sec | Svea Köhrbrück | 1993 | SCC Berlin |
52,84 sec | Lara Hoffmann | 1991 | LT DSHS Köln |
52,85 sec | Carolin Walter | 1988 | TSV Bayer 04 Leverkusen |
53,09 sec | Corinna Schwab | 1999 | TV Amberg |
53,24 sec | Hanna Mergenthaler | 1997 | MTG Mannheim |
53,29 sec | Christina Hering | 1994 | LG Stadtwerke München |
53,56 sec | Daniela Daubner | 1990 | LG Neckar-Enz |
Statistik – Das sagen die Zahlen
Das deutsche Top-Niveau: 400 Meter
Jahr | < 51,70 sec (WM-Norm) | Schnitt Top 3 | Schnitt Top 5 | Schnitt Top 10 |
---|---|---|---|---|
2005 | – | 52,56 | 52,88 | 53,47 |
2006 | – | 52,02 | 52,43 | 53,02 |
2007 | – | 52,81 | 53,09 | 53,49 |
2008 | – | 52,09 | 52,38 | 53,00 |
2009 | 1 | 52,13 | 52,59 | 53,13 |
2010 | 1 | 52,00 | 52,25 | 52,80 |
2011 | – | 52,07 | 52,43 | 53,18 |
2012 | – | 52,34 | 52,70 | 53,24 |
2013 | 1 | 52,34 | 52,81 | 53,31 |
2014 | – | 52,45 | 52,65 | 53,01 |
2015 | – | 52,40 | 52,64 | 53,13 |
2016 | 1 | 51,89 | 52,39 | 52,98 |
2017 | – | 52,09 | 52,37 | 52,78 |
Entwicklung Jahresbestleistungenim internationalen Vergleich
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. | |
---|---|---|---|---|---|---|
2005 | 52,07 (C. Marx) | 49,80 (Pospelova/RUS) | 2,27 | 48,92 (Richards/USA) | 3,15 | |
2006 | 51,79 (C. Hoffmann) | 49,49 (Zayzseva/RUS) | 2,30 | 48,70 (Richards/USA) | 3,09 | |
2007 | 51,98 (C. Hoffmann) | 49,61 (Ohuruogu/GBR) | 2,37 | 49,27 (Richards/USA) | 2,71 | |
2008 | 51,90 (J. Tilgner) | 49,62 (Ohuruogu/GBR) | 2,28 | 49,62 (Ohuruogu/GBR) | 2,28 | |
2009 | 51,53 (S. Nwachukwu) | 49,29 (Krivoshapka/RUS) | 2,24 | 48,83 (Richards/USA) | 2,70 | |
2010 | 51,65 (C. Hoffmann) | 49,89 (Foriva/RUS) | 1,76 | 49,64 (Dunn/USA) | 1,95 | |
2011 | 51,97 (J. Lindenberg) | 49,35 (Kapachinskaya/RUS) | 2,62 | 49,35 (Kapachinskaya/RUS) | 2,62 | |
2012 | 51,76 (E. Cremer) | 49,16 (Krivoshapka/RUS) | 2,60 | 49,16 (Krivoshapka/RUS) | 2,60 | |
2013 | 51,62 (E. Cremer) | 49,41 (Ohuruogu/GBR) | 2,21 | 49,33 (Montsho/BOT) | 2,29 | |
2014 | 51,87 (E. Cremer) | 50,55 (Grenot/ITA) | 1,32 | 49,48 (McCoroy/USA) | 2,39 | |
2015 | 52,04 (R. S. Spelmeyer) | 50,16 (Ohuruogu/GBR) | 1,88 | 49,26 (Felix/USA) | 2,78 | |
2016 | 51,43 (R. S. Spelmeyer) | 50,43 (Grenot/ITA) | 1,00 | 49,44 (Miller/JAM) | 2,01 | |
2017 | 51,72 (R. S. Spelmeyer) | 50,89 (Zemlyak/UKR) | 0,83 | 49,46 (Miller-Uibo/BAH) | 2,26 |
Das fällt auf:
- Die deutschen Langsprinterinnen haben in diesem Jahr den schnellsten Schnitt der Top 10 in der letzten Dekade geschafft. Die Qualität in der Breite hat sich deutlich verbessert.
- Auch der Schnitt der Top 3 und Top 5 kann mit den Bestwerten der letzten Jahre mithalten - die Spitzenleistungen haben sich also auch nicht verschlechtert.
- Zum ersten Mal in der letzten Dekade beträgt die Differenz zwischen der besten deutschen – das dritte Jahr in Folge Ruth Sophia Spelmeyer – und der besten europäischen 400-Meter-Läuferin weniger als eine Sekunde.
- Laura Müller glänzte bei der U23-EM mit ihrer ersten internationalen Einzelmedaille (Silber).
- Die zehn schnellsten deutschen Viertelmeilerinnen des Jahres sind im Durchschnitt gerade einmal 24 Jahre alt.
leichtathletik.TV-Clips zum Langsprint
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Die Disziplin-Analysen im Überblick:
<link news:59891>Sprint – Männer
<link news:59888>Sprint - Frauen