Einen Monat vor den Olympischen Spielen 2012 bekam Novlene Williams-Mills die schockierende Diagnose: Brustkrebs. Die Jamaikanerin startete trotzdem und gewann Bronze über 4x400 Meter. Eine Brustamputation folgte wenige Wochen nach London (Großbritannien). Erst ein Jahr später ging die 32-Jährige mit ihrer Krankengeschichte an die Öffentlichkeit und macht sich seitdem für Kampagnen zur Früherkennung von Brustkrebs stark.
In sich gekehrt, fast schüchtern reckte Novlene Williams-Mills den Pokal für den Sieg in der Diamond League am 5. September in Brüssel (Belgien) in die Höhe. Die 400-Meter-Läuferin aus Jamaika war auf dem mit 16 Athleten gespickten Podium der krasse Gegensatz zum wild jubelnden Hochspringer Mutaz Essa Barshim.
Vielleicht dachte die 32-Jährige an die vergangenen zwei Jahre zurück? Denn der Triumph im Diamond Race war nicht ihr größter. Novlene Williams-Mills hat den Brustkrebs besiegt. „Ich bin so dankbar, diesen Pokal gewonnen zu haben. Es war ein langer, harter Weg zurück“, sagte die Jamaikanerin.
Schwester an Krebs verstorben
Das Leben von Novlene Williams-Mills veränderte sich am 25. Juni 2012 schlagartig. Exakt einen Monat vor der Eröffnung der Olympischen Spiele in London erhielt sie die schockierende Diagnose: Brustkrebs. „Ich war geschockt. Warum nur ich, habe ich gedacht“ erinnert sich die Läuferin auf der Homepage der IAAF. Sie musste an ihre ältere Schwester denken. 2010 starb die im Alter von 38 Jahren an Eierstockkrebs.
Zeit diese schlimme Nachricht zu verdauen, hatte sie nicht. Drei Tage nach der Diagnose startete sie im Vorlauf der Jamaika-Meisterschaften, sechs Tage später gewann sie in 50,60 Sekunden das Finale und qualifizierte sich für die Olympischen Spiele in London. Dort belegte sie in 50,11 Sekunden Platz fünf und gewann Bronze mit der jamaikanischen 4x400-Meter-Staffel. An ihrer Seite in London: Ehemann Jameel. „Es war ein großartiges Gefühl, von ihm angefeuert zu werden. Ohne ihn und die Unterstützung meiner Freunde hätte ich es nicht geschafft“, ist Novlene Williams-Mills sicher.
Reihe von Operationen
Drei Tage nach den Olympischen Spielen folgte die erste Operation. Ein kleiner Knoten wurde entfernt. Es sollte nicht die einzige Operation bleiben. Um eine Rückkehr der Krankheit zu verhindern, entschied sie sich, beide Brüste amputieren zu lassen. Anschließend wurden diese wieder plastisch neu geformt. Der letzten OP unterzog sie sich im Januar 2013. „Es war eine harte Zeit für mich, denn ich wollte mich doch wie eine Frau fühlen“, sagt die Jamaikanerin rückblickend.
Zu diesem Zeitpunkt wussten nur ihre Familie und enge Freunde von der Erkrankung. Erst als sie schon längst auf die Laufbahn zurückgekehrt war (51,68 sec beim Comeback im April 2013), entschied sich Novlene Williams-Mills dazu, an die Öffentlichkeit zu gehen. Es war ein schwieriger Schritt für sie. Doch ihre Familie und Freunde rieten ihr dazu. Der WM-Dritten von 2007 geht es darum, Frauen auf die Früherkennung von Brustkrebs aufmerksam zu machen: „Es gibt so viele Frauen jeden Alters, die nie eine Mammografie gemacht haben. Dabei kann es lebensrettend sein, wenn die Krankheit früh erkannt wird.“
Engagiert im Kampf gegen Krebs
Seit dem Sommer 2013 engagiert sich Novlene Williams-Mills in verschiedenen Organisationen, die sich im Kampf gegen Krebs engagieren. Auf einem Plakat trägt sie ihre Olympiamedaille von London um den Hals, das Bild ist unterschrieben mit dem Satz „Save the women not the boobies“ (Rettet die Frauen, nicht die Brüste).
Der Kampf gegen den Krebs hat Novlene Williams-Mills verändert. Sie geht jetzt deutlich offener, kontaktfreudiger durchs Leben. War der Kontakt zur Konkurrenz und Athleten aus anderen Disziplinen im vom Meeting zu Meeting tingelnden Leichtathletik-Zirkus eher flüchtig und nur auf ein kurzes „Hallo“ beschränkt, nimmt sie sich nun mehr Zeit. So kam sie beispielsweise mit Hallen-Weltmeisterin Francena McCorory und Olympiasiegerin Christine Ohuruogu ins Gespräch.
WM-Startplatz gesichert
Obwohl Zeiten und Platzierungen im Leben von Novlene Williams-Mills nicht mehr die größte Rolle spielen, hat sie ein großes Ziel für die kommende Saison: eine Einzelmedaille bei der WM in Peking. So wie vor sieben Jahren in Osaka (Japan). Damals lag sie bis fünf Meter vor dem Ziel in Führung. Doch dann wurde sie noch vom britischen Duo Christine Ohuruogu (49,61 sec) und Nicole Sanders (49,65 sec) angefangen. In 49,66 Sekunden blieb ihr Bronze.
Den Startplatz hat sie nach ihrem Sieg im Diamond Race 2014 auf jeden Fall schon sicher. Vielleicht hat Novlene Williams-Mills auf dem Podium in Brüssel auch an diese zweite Chance in ihrem Leben gedacht. „Gott hat mich dazu benutzt, anderen Menschen zu zeigen, dass man niemals aufgeben soll“, sagte die Jamaikanerin. Aufgeben wird sie auch in den kommenden Jahren auf der Laufbahn niemals.
<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift