| EM 2014

Thomas Kurschilgen blickt über den Medaillenspiegel hinaus

Der letzte Tag der Europameisterschaft in Zürich (Schweiz) bringt aus deutscher Sicht noch einiges an Spannung. In den acht noch offenen Einzelentscheidungen sind am Sonntag 13 DLV-Athleten dabei, dazu kommen drei Staffeln. Medaillenchancen inklusive. Das Zählen von Edelmetall steht im deutschen Lager aber nicht im Vordergrund, wie DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen noch einmal unterstrich.
Christian Fuchs

Er sagte am Sonntag vor dem Beginn des Nachmittagprogramms: "Ein Fußballspiel hat 90 Minuten und der Ball ist rund, hat der berühmte Sepp Herberger vor langer Zeit einmal gesagt und Fußball sei deshalb so  spannend, weil niemand weiß, wie es ausgeht. Diese legendären und wahrhaftigen Zitate mögen für die Leichtathletik heißen, dass eine sechstägige Europameisterschaft erst dann vorbei ist, wenn die Kurzsprintstaffeln die Ziellinie im Letzigrund überschritten haben und erst dann ist eine differenzierte Bilanz zu ziehen."

Entsprechend tritt das DLV-Team am großen Finaltag der kontinentalen Titelkämpfe, an dem nur noch Entscheidungen anstehen, mit Optimismus und Zuversicht an. Thomas Kurschilgen weiß: "Die Athleten gehen motiviert, fokussiert und erfolgsorientiert in den Wettkampf." Er hebt auch den intakten Teamgeist hervor: "Sie werden von einem Nationalteam getragen, dass sich gegenseitig stützt und unterstützt."

Deshalb ist er auch überzeugt: "Wir werden nochmals mitreißende und im Ausgang sehr offene Wettkämpfe mit deutscher und auch erfolgreicher deutscher Beteiligung sehen."

Bislang 30 deutsche Top 8-Platzierungen

Die Leistungsfähigkeit kam an den ersten fünf EM-Tagen in zehn Top 4-Platzierungen, weiteren 20 Top 8-Platzierungen, also insgesamt 30 deutschen Endkampfplatzierungen, sowie weiteren zehn Top 12-Platzierungen zum Ausdruck. Nur Russland hat bislang mehr (32) Endkampfplatzierungen erreicht.

Thomas Kurschilgen will den Erfolg vor allem nicht ausschließlich am Edelmetall messen: "In der Öffentlichkeit wird immer sehr schnell von den undankbaren vierten Plätzen gesprochen und der Blick erfolgt zumeist eindimensional auf den Medaillenspiegel. Er entwertet die Leistung des Einzelnen und einer DLV-Nationalmannschaft."

Für ihn sind vierte Plätze wie jene von Siebenkämpferin Carolin Schäfer (LG Eintracht Frankfurt) und Weitspringerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) oder auch ein fünfter Rang von Hürdenläufer Felix Franz (LG Neckar-Enz) bemerkenswerte Ergebnisse, die mit Blick in die Zukunft einen besonderen Wert haben. Bislang verbucht das junge DLV-Team fünf vierte Plätze und gar sieben fünfte Plätze.

Medaillenspiegel gibt keine differenzierte Auskunft

"Wir freuen uns mit Athleten über ihre individuellen Erfolge und auch über jeden Finalplatz und jede Medaille", stellte Thomas Kurschilgen fest. "Aber vierte Plätze bereits als undankbar zu bezeichnen oder sich nur über einen Athleten zu freuen, weil er gerade eine Medaille gewonnen hat, halte ich für sehr bedenklich."

Der DLV-Sportdirektor forderte daher auch: "Wir sollten den Medaillenspiegel nicht wie eine Monstranz vor uns tragen und er kann innerhalb von sechs Tagen keine differenzierte Auskunft über die Leistungsfähigkeit eines Verbandes oder der DLV-Nationalmannschaft im Weltmaßstab oder europäischen Kontext geben. Die Wirklichkeit des Spitzensports ist viel zu komplex, als dass sich das in einem plakativen Medaillenspiegel abbilden lässt."

Spannende und mitreißende Wettbewerbe bei der EM

Aus seiner Sicht sollte man auch "beachten, dass hinter dem Medaillenzählen ein durchaus fragwürdiges Sportverständnis und eine fragwürdige Athletenbewertung steckt". Wenn nur die Medaille das Ziel und der alleinige Bewertungsmaßstab sei, "dann wird der einzelne Athlet nur Mittel zum Zweck, um dieses Ziel zu erreichen".

Thomas Kurschilgen wies auch auf die Faszination der Leichtathletik hin: "Ich finde, wir haben in einer Vielzahl von Wettbewerben mit deutschen Athleten eine Vorstellung davon bekommen, wie spannend und mitreißend der Spitzensport sein kann, wenn ich beispielsweise an die Mehrkampftage im Sieben- und Zehnkampf denke. Im Vordergrund stand das, was den Spitzensport ausmacht: mitreißende und im Ergebnis völlig offene Wettbewerbe."

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