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Timo Benitz zieht es nach Berlin

Die Deutschen Meisterschaften in Ulm haben eine Reihe von Titelträgern hervorgebracht, die noch nie zuvor in der Aktivenklasse ganz oben auf dem Treppchen nationaler Meisterschaften gestanden haben. Wir stellen neue Gesichter und alte Bekannte vor. Heute: Timo Benitz (LG Farbtex Nordschwarzwald).
Jan-Henner Reitze

Timo Benitz
LG Farbtex Nordschwarzwald

*01.12.1991
Größe: 1,74 m
Gewicht: 59 Kilo

1.500 Meter
Bestzeit: 3:34,94 min (2014)
Siebter EM 2014
Sieger Team-EM 2014 (800 Meter)
Deutscher Meister 2014
Fünfter U23-EM 2013
Sechster U23-EM 2011

Er ist der Shooting-Star des Sommers. Mit sechs Bestleistungen in den ersten sechs Rennen hat Timo Benitz über die Leichtathletik-Szene hinaus Schlagzeilen gemacht - besonders mit seinem Sieg bei der Team-EM in Braunschweig über 800 Meter (1:46,24 sec). Von keinem Gegner zu toppen war sein Endspurt zuvor unter anderem auch beim Meeting in Pliezhausen über 1.000 Meter (2:16,90 sec) und in Dessau über 1.500 Meter (3:34,94 min).

Dem Durchbruch in Richtung europäischer Spitze folgten im Vorfeld der Deutschen Meisterschaften Probleme mit der Achillessehne, die zur Absage einiger Rennen führten. In Ulm war der unwiderstehliche Antritt wieder da und brachte in einem taktischen Rennen (3:57,53 min) den ersten Titel - gegen starke Konkurrenz wie Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt), Carsten Schlangen (LG Nord Berlin) und Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg).

EM-Finale mit viel Ellenbogen-Einsatz

Mit einer taktischen Meisterleistung und Teamgeist schafften es dann drei DLV-Mittelstreckler ins 1.500-Meter-Finale der EM in Zürich (Schweiz). Auch hier ging die Post erst in der letzten Runde so richtig ab - ausgerechnet nach einem Sturz von Florian Orth.

Auch Timo Benitz musste im Rennen einige Positionskämpfe ausfechten, auf den letzten Metern kickte er sich auf den siebten Rang (3:47,26 min) nach vorne. Damit erfüllten sich zwar nicht alle Träume - vor allem von Außenstehenden - die Platzierung ist dennoch der erfolgreiche Schlusspunkt einer Saison, in der es richtig nach vorne ging, und eine wichtige Erfahrung für die Zukunft.

Internationale Erfahrung schon im Nachwuchsbereich

Für Timo Benitz ist es nicht der erste Leistungssprung der Karriere. Schon in der Jugend steigerte er sich im Alter von 18 Jahren über 1.500 Meter um 13 Sekunden auf 3:46,03 Minuten und fuhr zur U20-WM. Ein Jahr später folgte der nächste Sprung auf 3:40,36 Minuten. Bei den U23-Europameisterschaften 2011 und 2013 landete der Schwarzwälder auf den Plätzen sechs und fünf.

Hinter der kontinuierlichen Entwicklung steckt vor allem Organisationstalent - der EM-Siebte hat im dualen Bachelor-Studium Raumfahrttechnik in München 35 Stunden in der Woche gearbeitet. Momentan stehen Abschlussvorträge und die Bachelor-Arbeit an. Abgabetermin: 22. September.

Danach ist ein Umzug geplant. Timo Benitz zieht es nach Berlin, wo die Zeichen am besten stehen, dass die TU mindestens Teile seines Abschlusses von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg anerkennt. Möglich ist auch, dass er vor einem Masterstudium noch einmal den Uni-Bachelor macht - kein großes Problem für den Deutschen Meister. "Ich möchte das Studium so lange wie möglich ziehen, da ich glaube, dass dies die besten Möglichkeiten bietet, auch im Sport gute Leistungen zu erzielen."

Großes Ziel Olympia 2016

In jedem Fall wird durch das Ende des dualen Studiums mehr Zeit zum Training bleiben. Die Pläne bekommt er weiter von Heimtrainer Jörg Müller, das Gespann ist Betreuung aus der Ferne gewöhnt. "Die Laufkilometer werden gleich bleiben. Ich möchte zusätzlich mehr alternativ trainieren, schwimmen, Aquajogging machen oder Rad fahren", erzählt Timo Benitz, der so seine Belastungsverträglichkeit stärken möchte.

Die nach dem furiosen Saisonauftakt aufgetretenen Achillessehnenprobleme sind noch immer nicht ganz auskuriert. Um die Sehne zu schonen, fällt auch die Hallen-Saison aus. "Ich möchte aber auf jeden Fall im Cross an den Start gehen, das macht mir sehr viel Spaß", so der 22-Jährige.

Im kommenden Sommer gilt es erst einmal, den Leistungssprung dieses Jahres zu bestätigen - ein Ziel, dass zur WM nach Peking (China) führen könnte. Mehr als im Hinterkopf ist schon das Jahr 2016 mit den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro (Brasilien). Ein Traum treibt Timo Benitz an. "Ich möchte dort der beste weiße Läufer werden." Ein Schritt in diese Richtung ist getan.

Das sagt Bundestrainer Jens Boyde:

Timos Entwicklung ist schulmäßig. Er hat im Übergang von der U23 zu den Aktiven einen Leistungssprung gemacht. Wichtig ist, dass uns die Erwartungshaltung von außen nicht überwächst. Vor der Saison hätte man eher gedacht, dass andere Athleten zur EM fahren. Mit Timos siebtem Platz hätte niemand gerechnet. Was ihn auszeichnet, sind sein Zeitmanagement und seine Zielstrebigkeit. Er hat noch nie gesagt, dass er keine Zeit hat, geschweige denn gejammert. Er meistert Sport und Studium. Außerdem ist er ein Team-Mensch. Das zeigt sich auch neben dem Sport, wo Timo Posaune im Musikverein spielt. Sportlich ist er durch seinen Kick hinten heraus hochbegabt, eine Eigenschaft, die er sich hart erarbeitet hat. Durch das Ende des Studiums mit Praxisanteil könnte noch ein Schub kommen. Höhentraining wird Timo noch nicht machen, erst nach 2016. Das möchte er als Reserve behalten. Großes Ziel ist es, ein Finale zu erreichen, in dem sonst hauptsächlich Afrikaner sind.

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