| Interview der Woche

Lena Malkus: „Ich mache Woche für Woche Fortschritte“

Das Jahr 2015 hat die Karriere von Lena Malkus (SC Preußen Münster) geprägt wie kein zweites. Erst flog die Weitspringerin auf die Weltklasse-Weite von 6,94 Metern und wurde wenige Wochen später Deutsche Meisterin. Dann folgte der bittere Rückschlag: Die heute 24-Jährige brachte aus dem Urlaub in Bali eine Yersinien-Infektion mit nach Hause. Die Erkrankung schwächte ihren Körper massiv und löste eine Reihe von Verletzungen aus, sodass sie 2016 und 2017 sportlich kaum in Erscheinung treten konnte. Mittlerweile ist die Erkrankung unter Kontrolle, sodass Lena Malkus mit einem Comeback in der Hallensaison liebäugelt. Im Interview spricht die Psychologiestudentin über den schwierigen Weg zurück, den Rückhalt in ihrem persönlichen Umfeld und ihre Ziele für 2018.
pm/sb

Lena Malkus, Bali – das hört sich nach Sonne, Strand und Meer an!

Lena Malkus:

Ja absolut, die Zeit dort habe ich auch sehr genossen.

Aber Ihr Traumurlaub im Herbst 2015 entwickelte sich in Nachhinein zum Albtraum …

Lena Malkus:

… rückblickend leider ja. Am Ende des Urlaubs hatte ich schon mit heftigen Magenproblemen zu kämpfen. Als ich zurück in Deutschland war, schien zunächst alles wieder in Ordnung zu sein. Deswegen habe ich mir dabei nichts weiter gedacht.

Wann haben Sie gemerkt, dass mit Ihrem Körper etwas ganz und gar nicht stimmte?

Lena Malkus:

Ein genaues Datum kann ich nicht nennen, mir wurde es letztendlich erst im Sommer 2016 bewusst. Es begann mit meinen Schienbeinproblemen im Wintertraining 2015/16 und zog sich danach wie ein roter Faden durch meine Vorbereitung. Ich wurde zunehmend verletzungsanfälliger, mal waren es Beugerprobleme, mal Rückenschmerzen. Aber als die Magenprobleme im Sommer 2016 wieder vermehrt auftraten, wurde mir klar, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmt. Ich hatte aufgrund meiner anderen Beschwerden schon zahlreiche Ärzte aufgesucht, doch so richtig helfen konnte mir keiner. Meine Trainerin Elke Bartschat schickte mich dann zu den Experten vom Uniklinikum Münster.

Konnte man nach so langer Zeit noch feststellen, an welchem Virus Sie genau erkrankt waren?

Lena Malkus:

Ja, an einem Magen-Darm-Bakterium. Sogenannte Yersinien.

Wie sah die Behandlung der Ärzte vom Tropen-Institut aus?

Lena Malkus:

Zunächst habe ich vier Wochen lang Antibiotika genommen, um die Bakterien zu bekämpfen. Im Anschluss daran sollte mein Immunsystem wieder gestärkt werden. Seitdem bin ich in regelmäßigen Abständen bei meinem behandelnden Arzt, um meine Werte überprüfen zu lassen und die Therapie dementsprechend anzupassen.

Nun sind mehr als zwei Jahre seit der Erkrankung vergangen. Wie geht es Ihnen heute?

Lena Malkus:

Ich bin endlich auf dem Weg der Besserung! Seit Beginn der Krankheit war der Verlauf sehr wechselhaft, es gab immer mal guten Phasen, in denen es mir besser ging und ich einigermaßen normal trainieren konnte. Aber es gab auch wieder schlechte Phasen, in denen ich vermehrt Schmerzen hatte. Seit einiger Zeit habe ich nun das Gefühl, dass es konstant bergauf geht und ich von Woche zu Woche Fortschritte mache.

Wie wurden Sie in dieser langen, schwierigen Zeit von Ihrem Umfeld unterstützt?

Lena Malkus:

Zum Glück sehr gut, besonders meine Trainer Elke und Frank Bartschat standen zu jedem Zeitpunkt voll hinter mir. Sie haben mir geholfen, wo sie nur konnten, und mussten mich immer mal wieder aus Tiefphasen herausholen und Überzeugungsarbeit leisten, nicht aufzugeben und weiter an meinen Zielen festzuhalten. Viel Unterstützung habe ich auch durch meinen Freund, meine Familie und Trainingspartner erhalten.

Können Sie denn mittlerweile wieder „normal“ trainieren – sprich das Programm einer Hochleistungssportlerin durchziehen?

Lena Malkus:

Ganz „normal“ leider noch nicht. Aber ich bin auf bestem Wege dorthin. Wie gesagt: Ich kann von Woche zu Woche mehr machen. Sprints kann ich mittlerweile wieder komplett schmerzfrei absolvieren und auch mit den ersten Sprüngen habe ich bereits begonnen. Allerdings sind die Umfänge bzw. Intensitäten noch nicht wieder mit denen vor der Erkrankung identisch. Meistens können wir erst von Tag zu Tag entscheiden, wie und was wir genau trainieren, sodass wir die Belastungen anpassen können. Es gibt immer mal wieder kleine Rückschritte, an denen ich merke, dass mein Körper die Belastung noch nicht wieder gewöhnt ist. Passiert das, brauche ich eine etwas längere Pause als vor der Erkrankung.

Ihr letzter Weitsprung-Start datiert von der DM 2016, als Sie von der Krankheit geschwächt als Titelverteidigerin „nur“ Achte wurden. Wann wird man Sie wieder springen sehen?

Lena Malkus:

Ich plane auf jeden Fall mit einer Hallensaison. Ob da schon der eine oder andere Weitsprung-Start dabei sein wird, hängt von der Entwicklung der nächsten Wochen ab. Klappt es noch nicht, werde ich spätestens in der Sommersaison wieder springen. In jedem Fall werde ich in der Hallensaison Sprint-Wettkämpfe absolvieren.

In welchen Bereichen sehen Sie und Ihre Trainer noch den größten Nachholbedarf?

Lena Malkus:

Auf jeden Fall im Techniktraining beziehungsweise den Sprüngen aus längerem Anlauf. Besonders durch die Schmerzen in meinen Schienbeinen war es lange Zeit nicht möglich, Sprünge ins Training einzubauen. Die Technik an sich verlernt man nicht, das ist wie beim Fahrradfahren. Doch das Spannende wird sein, alles wieder in einen kompletten Sprung zusammenzufügen.

Ihre größte Stärke war immer die Schnelligkeit am Brett. Wie sieht es damit aus?

Lena Malkus:

Die Zeiten im Training deuten an, dass ich diese Stärke zum Glück nicht verloren habe (lacht).

Leichtathletik-Fans erinnern sich noch gern an die DM 2015 in Nürnberg. Dort haben Sie Ihren Titel mit 6,74 Metern – der größten DM-Siegerweite seit dem Jahr 2000 – auf dem Hauptmarkt mit einem sehenswerten Tänzchen gefeiert. Kommenden Juli geht es in Nürnberg wieder um die DM-Titel. Ist das ein besonderer Ansporn?

Lena Malkus:

Oh ja, sogar ein ganz großer Ansporn! Als ich mir die Wettkampfplanung für 2018 angeschaut habe, wusste ich, dass es ein gutes Omen ist.

In Nürnberg geht es außerdem um die Tickets für die EM in Berlin. Welche Rolle spielt die „Heim-EM“ in Ihren Planungen?

Lena Malkus:

Aktuell ist für mich die Planung der nächsten Saison sehr schwierig. Nach einer so langen Verletzungs- und somit auch Wettkampfpause muss ich mich erst einmal in das Geschehen zurückfinden. Von daher möchte ich mich selbst nicht zu sehr unter Druck zu setzen, sondern bin nach der ganzen Zeit erst mal froh, überhaupt schmerzfrei wieder trainieren und demnächst auch wieder Wettkämpfe bestreiten zu können. Diese Erkrankung hat mich trotz all der Rückschläge gelehrt, wie wertvoll die Gesundheit ist. Alle, die mich kennen, wissen, dass ich ein großes Kämpferherz besitze und auch gern für die eine Überraschung sorge. Ich glaube die „Heim-EM“ ist für jeden Sportler sowohl eine riesige Motivation als auch ein Traum, den ich mir natürlich sehr gern erfüllen möchte.

Die nationale Konkurrenz im Frauen-Weitsprung ist so groß wie lange nicht mehr. Belastet oder motiviert Sie diese Situation?

Lena Malkus:

Die Krankheit hat mich gelehrt, erst einmal auf mich zu schauen. Erst wenn ich wieder topfit bin, kann ich mir Gedanken über meine Konkurrenz machen. Aber natürlich spielt sie irgendwo im Hinterkopf eine motivierende Rolle. Ich habe immer gesagt: „Konkurrenz belebt das Geschäft.“ So lernt man bereits auf nationaler Ebene, mit dem Druck umzugehen und sich gegen andere durchzusetzen. Das hilft ungemein bei internationalen Starts.

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