Dreisprung: Mit hoher Geschwindigkeit weit dreispringen
Von Eckhard Hutt
Vorab: Für die Bildreihenbesprechung standen auch die biomechanischen Kennwerte des Olympiastützpunkts Hessen zur Verfügung.
Die Lehrbildreihe 1472 den Siegsprung von Katja Demut bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Leipzig, bei dem sie mit 14,20 Meter einen neuen DLV-Meisterschaftsrekord aufstellte. Die zweite Bildreihe zeigt Jenny Elbe, die mit 13,75 Meter auf den zweiten Platz sprang und damit ihre bisherige Freiluft-Bestleistung übertreffen konnte.
Beide Dreispringerinnen springen im Rhythmus rechts – rechts – links, was den Technikvergleich vereinfacht.


Katja Demut segelt zum Meisterschaftsrekord


Jenny Elbe mit 13,75 Metern auf Rang zwei
Absprungvorbereitung und Hop
Aus der Absprungvorbereitung mit hoher Schrittfrequenz und Knieführung (s. Bild 3 in beiden Bildreihen) wird der Sprungfuß am Balken flach aufgesetzt (s. Bilder 5). Katja Demut trifft den Balken exakt. Jenny Elbe verschenkt „lediglich“ sechs Zentimeter. Beide Dreispringerinnen erzielen durch den betonten Vorwärtsdruck mit dem Sprungbein und die Hüftstreckung einen relativ flachen und schnellen ersten Teilsprung mit Horizontalgeschwindigkeiten von 8,22 (Jenny Elbe) bzw. 8,38 Meter pro Sekunde (Katja Demut).
Das Schwungbein ist beim Absprung am Balken bei beiden optimal und spitzwinklig im Kniegelenk gebeugt und wird als kurzes Pendel schnell nach vorn geführt (s. Bilder 5 bis 7). Der Rumpf ist aufrecht und die Arme schwingen gegengleich wie beim Lauf (s. Bilder 4 bis 8). Jenny Elbe stabilisiert ihren Rumpf durch ein ausgeprägtes Vorwärtskreisen des linken Arms, was bei Katja Demut nur angedeutet wird (s. Bilder 8 bis 12).
Beim Beinwechsel schwingt das Schwungbein fast gestreckt und als langes Pendel zurück (s. Bilder 9), während das Sprungbein als kurzes Pendel nach vorn und anschließend in eine hohe Ausholposition gebracht wird (s. Bilder 10). Beiden Dreispringerinnen gelingt dies hervorragend! Die beschriebene weite Bewegung ist Voraussetzung für eine wirkungsvolle aktive Landung, bei der sich die Springerinnen, mit fast gestrecktem Bein und auf der Bahn reaktiv prellend „vorwärtsschlagen“ können.
Hop-Step-Übergang
Das Sprungbein wird zum Step-Absprung im Kniegelenk gestreckt und gleichzeitig rückwärts-abwärts zur Sprungbahn bewegt. Der Fuß wird ein bis eineinhalb Fußlängen vor dem senkrechten Lot des Körperschwerpunkts aktiv aufgesetzt (s. Bilder 11 und 12). Jenny Elbe streckt dabei etwas zu früh (s. Bild 11 in Bildreihe 1473) und muss das Kniegelenk daher zum Fußaufsatz wieder geringfügig beugen (s. Bild 12).
Die reelle Weite des ersten Teilsprungs beträgt bei Jenny Elbe bzw. Katja Demut 5,28 bzw. 5,22 Meter. Durch den Abzug der von Jenny Elbe am Balken verschenkten sechs Zentimeter ergeben sich identische Hopweiten für beide Athletinnen.
Step
Der Fußaufsatz zum Step erfolgt flach. Die Ferse berührt den Boden zuerst. Die Kniegelenkswinkel in der tiefsten Amortisation betragen bei Jenny Elbe 142 Grad, bei Katja Demut sind es sechs Grad weniger (s. Bilder 13). Damit liegen beide Athletinnen im optimalen Bereich. Für einen guten schnellen Absprung wird eine Spanne von 135 bis 145 Grad angegeben.
Mit dem Fußaufsatz zum Step-Absprung soll auch eine betonte Hüftstreckung auf der Sprungbeinseite erfolgen. Hier lassen beide Dreispringerinnen noch deutliche Reserven erkennen (s. Bilder 12). Ohne diese Hüftstreckung wirkt der Kraftstoß im Moment des Absprungs nicht in Richtung des Rumpfs, sondern dahinter, was in der Folge eine Vorwärtsrotation bewirkt.
Beim Abflug in den zweiten Teilsprung zeigen beide Springerinnen aufgrund der mangelnden Hüftstreckung eine leichte Vorlage des Rumpfs von etwa zehn Grad gegenüber der Senkrechten, die hier als optimale Position angestrebt werden sollte (s. Bilder 14). Trotz dieser Rotation fliegen beide Athletinnen ihren Step mit sehr guter „typischer“ Flughaltung (s. Bilder 15) und erreichen mit 3,99 Meter (Jenny Elbe) und sogar 4,42 Meter (Katja Demut) ausgezeichnete Teilweiten. Die entstandene Rotation wirkt sich erst nach diesem Teilsprung, im abschließenden Jump leistungsmindernd aus.
Jump
Jenny Elbe gelingt es durch Ausgleichsbewegungen mit den Armen, ihren Rumpf bei der Step-Landung zum Jump-Absprung wieder annähernd senkrecht auszurichten (s. Bild 17 in Bildreihe 1473) und ihre Vorwärtsrotation zu reduzieren. Katja Demut hingegen beginnt den Jump-Absprung mit einer deutlichen Vorlage und starker Vorwärtsrotation (s. Bild 17). Optimal wäre eine minimale Rücklage des Rumpfs beim Fußaufsatz zum Jump-Absprung.
Katja Demut hat in der zurückliegenden Hallensaison zweimal den Deutschen Hallenrekord verbessert. Bei dem hier dargestellten Versuch wurde eine weitere Steigerung des Rekords in erster Linie durch die mangelnde Hüftstreckung und die daraus resultierende Vorwärtsrotation im Step verhindert. Aber auch Jenny Elbe zeigte bei diesem Sprung, dass sie sich bereits die Voraussetzungen für Sprünge über 14 Meter erarbeitet hat. Vor allem die Sprünge mit ihrem rechten Bein zeigten in der vergangenen Hallensaison diese Möglichkeiten auf.
Die Biomechaniker des OSP Hessen ermittelten für die dargestellten Sprünge mit 2,4 Meter pro Sekunde für den Hop und 1,9 Meter pro Sekunde für den Step für beide Dreispringerinnen gleiche Vertikalgeschwindigkeiten. Die dennoch größere Teilweite von Katja Demut nach dem Step erklärt sich durch ihre größere Horizontalgeschwindigkeit in den Sprüngen.
Der Jump wird mit dem Schwungbein der ersten beiden Absprünge ausgeführt. Aus der Flugposition des Steps (s. Bilder 15) wird das führende Schwungbein nun zum Sprungbein. Als solches soll es rückwärts-abwärts, mit Knie- und betonter Hüftgelenksstreckung, aktiv auf der Bahn aufgesetzt werden (s. Bilder 16 und 17), um den Absprung in den Jump einzuleiten.
Das bisherige Sprung- wird zum Schwungbein, das etwa rechtwinklig im Kniegelenk gebeugt als längeres Pendel nach vorne geschwungen wird, bis der Oberschenkel etwa in der Waagerechten angekommen ist. Im Idealfall geschieht dies bis zum Abflug in den Jump, was aber beiden Dreispringerinnen in den hier dargestellten Sprüngen nicht ganz gelingt (s. Bilder 19). Die im Step entstandenen Vorwärtsrotationen verhindern bei beiden Athletinnen einen technisch guten und wirkungsvollen Absprung in den Jump.
Obwohl Katja Demut im Jump mit 2,2 Meter pro Sekunde eine deutlich höhere vertikale Absprunggeschwindigkeit erzielen konnte als Jenny Elbe mit 1,9 Meter pro Sekunde, war ihr Jump, gemessen beim Fußaufsatz in der Grube, dennoch 13 Zentimeter kürzer als der ihrer Konkurrentin.
Die deutliche Vorwärtsrotation von Katja Demut, die noch durch die wiederum mangelnde Hüftstreckung (s. Bilder 17 und 18 in Bildreihe 147) verstärkt wird, bewirkt nicht nur einen starken Geschwindigkeitsverlust im Jump-Absprung (-1,4 Meter pro Sekunde), sondern auch eine deutlich verfrühte Landung.
Jenny Elbe hingegen konnte durch das „katzenartige“ Aufrichten ihres Rumpfs im Step eine etwas „raumgreifendere“ Landung im Jump realisieren (s. Bilder 21 und 22). Ihre Jump-Weite wird jedoch durch die bisher noch geringer entwickelte Sprungkraft ihres linken Beins beeinträchtigt. Bei entsprechender zusätzlicher Verbesserung der speziellen Sprungkraft mit ihrem linken Bein wird auch die Dresdnerin schon bald Weiten über 14 Meter im Dreisprung erzielen können.