| Porträt

Miroslav Jasinski – Mit Ruhe zum Erfolg

Miroslav Jasinski hat viele namenhafte Athleten trainiert und internationale Medaillen gefeiert. Der größte Erfolg des Wurftrainers, der seit diesem Jahr auch Bundesstützpunkttrainer des DLV ist: Gemeinsam mit seinem Sohn Daniel holte er bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro die Bronzemedaille. In Tokio will das Duo 2020 noch einmal angreifen.
Lisa Kurschilgen

Ein Mann wie ein Baum – das ist wohl das Erste, was einem in den Kopf kommt, wenn man Miroslav Jasinski begegnet. Seit 30 Jahren ist der 2,04-Mann Trainer beim TV Wattenscheid. Hier hat er schon viele namhafte Athleten trainiert, hat Top-Werfer wie Oliver-Sven Buder oder Michael Möllenbeck zu internationalen Medaillen geführt.

Dabei war sein Weg eigentlich ein anderer. Als Jugendlicher spielt er Handball, ist ambitioniert in seinem Heimatverein im polnischen Bydgoszcz. Doch dann entdeckt ein Lehrer sein Talent für die Leichtathletik. Der Beginn einer langen Leidenschaft.

Vom Traum von Olympia zum Trainer-Job

„Natürlich war da auch der Traum von Olympia“, lächelt Jasinski. Doch als sein Trainingspartner Edward Sarul 1983 überraschend Kugelstoß-Weltmeister wird, lenkt ihn das Schicksal in eine andere Richtung. Er ist nur die zweite Reihe, an gemeinsamen Maßnahmen oder Trainingslagern kann er nicht teilnehmen. „Wenn du nicht dazugehörst, dann bleibst du eben zuhause“, sagt Jasinski rückblickend. Im Training ist er zunehmend auf sich allein gestellt und beginnt, sich eigene Pläne zu schreiben. So entdeckt er sein Interesse am Trainer-Job.   

1983 dann der Schritt nach Deutschland. Gemeinsam mit seinem späteren Kollegen Slawomir Filipowski hatte er zuvor an der Trainerakademie in Kattowitz studiert. Doch in seiner Heimat sieht Jasinski für sich keine Perspektive. Der Kontakt zu Filipowski bringt ihn und seine heutige Frau Julita nach Wattenscheid.

Erste Erfolge in den 90er Jahren

Dort geht er zunächst wieder der eigenen sportlichen Karriere nach. Ende der 80er Jahre übernimmt er seine erste Nachwuchs-Gruppe - der Anfang seiner Trainerkarriere. Er steigt schnell auf. 1992 nimmt er mit dem Kugelstoßer Oliver-Sven Buder den ersten Top-Athleten unter seine Fittiche. Buder hatte im Jahr zuvor den vierten Platz bei der WM in Tokio (Japan) belegt, war bereits 1990 Vize-Europameister.

Jasinski führt dessen Erfolgsserie fort, coacht ihn 1996 zu Platz fünf bei den Olympischen Spielen in Atlanta (USA), holt mit ihm zwei Mal WM-Silber und macht ihn zum Vize-Europameister. Mit Diskuswerfer Michael Möllenbeck folgt ein weiterer Top-Athlet. Und Miroslav Jasinski schafft es wieder, einen Athleten in die absolute Weltspitze zu führen.

Mit Ruhe und Geduld zum Erfolg

Seine Karriere kann sich sehen lassen, das weiß Miroslav Jasinski. Aber ihm ist auch bewusst: Für eine erfolgreiche Zusammenarbeit muss vieles passen. Was ihm in seinem Job wichtig ist, das strahlt er auch aus: Ruhe und Geduld. „Gerade, wenn es mal nicht läuft, bin ich als Trainer gefragt. Dann muss ich meine Athleten überzeugen und ihnen vermitteln: Du kannst das!“

30 Jahre Trainererfahrung und zahlreiche Medaillen bestärken ihn dabei. Die Kunst sei es aber, seinen eigenen Weg zu finden. Jasinski ist sich sicher: Andere Erfolgsmodelle zu kopieren, das bringt einen selber nicht weiter.
Ein weiteres Credo des 60-Jährigen: Für seine Athleten will er sich nicht verbiegen. „Ich laufe nicht hinter ihnen her und versuche, sie von irgendetwas zu überzeugen“, so Jasinski. „Ich betreue gerne, ich begleite gerne, aber der Athlet muss wollen, er muss Fokus und Motivation mitbringen.“

Fokus und Motivation – zwei Eigenschaften, die seinem Sohn Daniel offenbar in die Wiege gelegt wurden. Seit über zehn Jahren sind Vater und Sohn auch Trainer und Athlet. Was für andere Familien eine Herausforderung ist, haben die beiden gut gemeistert. „Man muss aufpassen, dass man den nötigen Abstand gewinnt“, erklärt Miroslav Jasinski. „Ich habe deshalb von Anfang an gesagt: Zuhause kein Wort vom Sport.“

Von Rio nach Tokio

Wie gelassen und unaufgeregt Jasinski ist, merkt man besonders, wenn er vom wohl größten und emotionalsten Moment seiner Trainerkarriere spricht. 2016 in Rio de Janeiro (Brasilien) holte Daniel überraschend Olympia-Bronze mit dem Diskus. Wenn Miroslav  Jasinski davon spricht, dann wird er ganz ruhig. „Da war einfach eine tiefe Zufriedenheit und extreme Bestätigung. Ich dachte: Unser Weg ist richtig! Ein Puzzle hat sich zusammengefügt.“

Wer denkt, dass das die Momente sind, die Miroslav Jasinski an seinem Beruf so liebt, der würde ihm jedoch nicht gerecht. „Man muss den Weg lieben“, sagt der 60-Jährige. „Nur wenn man ihn zu Ende geht, kann das zum Erfolg führen.“ Das spürt er seit Beginn seiner Trainertätigkeit, seit nunmehr 30 Jahren, Jahr für Jahr.

Und das hat er sich auch für das nächste Jahr vorgenommen. Gemeinsam mit seinem Sohn Daniel schaut er auf die Olympischen Spiele 2020. „Die Einstellung ist hervorragend, mein Gefühl ist gut“, sagt Jasinski mit Blick in die Zukunft. „Vielleicht ist Daniel dazu verdammt, nur bei Olympia gut zu werfen. Mich würde das nicht stören.“

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