| Interview der Woche

Katharina Steinruck: "Ich habe gelernt, mit Tiefschlägen umzugehen"

Beim Paderborner Osterlauf meldete sich Katharina Steinruck (Eintracht Frankfurt) am Samstag in 32:07 Minuten über 10 Kilometer nach einer fast achtmonatigen Wettkampf-Pause wieder zurück. Für den Neuanfang zeigte sich die Team-Europameisterin im Marathon mit dieser Leistung, die ihr den siebten Platz einbrachte, hochzufrieden.
Peter Middel

Katharina Steinruck, nach den Europameisterschaften in München haben Sie keinen Wettkampf mehr bestritten und sind erst jetzt wieder in Paderborn eingestiegen. Was waren die Gründe für Ihre lange Pause?

Katharina Steinruck:
Ich bin bei der EM in München ungefähr bei Streckenmitte in einem Straßenloch weggeknickt. Ich bin zwar noch ins Ziel gelaufen, hatte aber auf der zweiten Streckenhälfte nicht mehr so den richtigen Druck beim Auftreten. Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass ich mir eine Bänderüberdehnung und ein Knochenödem im Fuß zugezogen hatte. Diese beiden Verletzungen musste ich erst einmal auskurieren. Dieser Prozess war langwieriger, als ich gedacht habe. Ich habe erst im November, Dezember wieder schmerzfrei trainieren können. Mein Neuanfang hat gut geklappt, sodass ich beim Silvesterlauf in Trier meinen Vorjahreserfolg wiederholen wollte, doch dann hat Corona über Weihnachten meine ganze Familie erwischt, sodass ich wieder aus Gefecht gesetzt war.

Sind Sie geimpft gewesen?

Katharina Steinruck:
Ja natürlich. Ich hatte während meiner Erkrankung, die sich über ca. zwei Wochen erstreckte, Fieber, war körperlich schlapp und kränkelte ein wenig, aber ich hatte keine Ausfallerscheinungen. Allerdings habe ich nach Corona lange gebraucht, um wieder laufen zu können. Auch im Training eine größere Belastung durchzustehen, war für mich nur bedingt möglich. Dann habe ich von unserem Trainingslager in Andalusien, wahrscheinlich verschleppt durch Corona, eine Nasennebenhöhlen-Entzündung mitgebracht. Im CT wurde dann festgestellt, dass meine Kiefernhöhlen beidseitig entzündet waren, sodass ich zwei Wochen lang Cortison nehmen musste. Dadurch konnte ich meinen Start beim Frühjahrsmarathon in Nagoya nicht wahrnehmen. Ständig die Rückschläge einstecken zu müssen, das war für mich ganz schön nervig.

Corona bildet ja immer noch eine Gefahr. Wie versuchen Sie sich als Athletin davor zu schützen, damit Ihnen in Zukunft weitere Zwangspausen erspart bleiben?

Katharina Steinruck:
Es gibt ja nicht nur Corona, sondern auch noch andere Infektionen, die mich wieder ausbremsen können. Ich beachte ganz genau die allgemein bekannten Hygienemaßnahmen und weiß auch, dass Personen aus meinem direkten Umfeld kein Risiko eingehen. Wenn wir uns gegenseitig besuchen, geben wir uns immer Rückmeldung, ob wir alle gesund sind. Wenn irgendeiner in Richtung Erkältung geht, findet das Treffen nicht statt. Ich nehme auch Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin C, um das Abwehrsystem zu stärken. Allerdings bin ich mir auch dessen bewusst, dass es trotz aller Maßnahmen keinen hundertprozentigen Schutz gibt, denn ich kann mich ja auch beim Einkaufen anstecken.

Sie wollten am 12. März beim Frauen-Marathon in Nagoya (Japan) die Norm für die Olympischen Spiele, die bei 2:26:50 Stunden steht, unterbieten. Das hat bei Ihnen aus den bekannten Gründen leider nicht geklappt. Welche Konsequenzen hat das für Sie?

Katharina Steinruck:
Ich werde nun im Frühjahr bei keinem Marathon starten und mich ganz auf den Herbst konzentrieren. Allerdings stehen hinter den Nominierungskriterien noch einige Fragezeichen und ich hoffe, dass diese bald geklärt werden, denn im Marathonlauf ist nur eine langfristige Planung erfolgversprechend. Mein großes Ziel ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris. Ich bin fest davon überzeugt: Wenn ich im Vorfeld von Paris zwei schnelle Marathonläufe abliefere, bin ich 2024 dabei.

Sie haben in der zurückliegenden Zeit versucht, aus Ihrer Zwangspause das Beste zu machen...

Katharina Steinruck:
Das ist richtig. Wir haben uns im Frühjahr ein Haus gekauft. Da es im Training bei mir nicht so gut lief, habe ich meine ganze Energie in den Umbau des Hauses gesteckt, denn ich wusste ja nicht, ob ich später noch einmal so viel Zeit dafür haben würde. Wir sind eine sehr aktive Familie und helfen uns gegenseitig. Da hat der Umbau richtig Spaß gemacht.

Hatten Sie auch Hilfe während Ihrer Rückschläge?

Katharina Steinruck:
Ich bin mit dem Leistungssport seit meinem zehnten, elften Lebensjahr groß geworden. Meine Karriere war nie gradlinig. Ich habe gelernt, mit solchen Tiefpunkten umzugehen, und wenn ich mich durch eine Krise gekämpft hatte, bin ich immer stärker zurückgekommen. Ich lasse mich daher nicht so schnell unterkriegen, denn meine Familie, mein Freundeskreis und meine Trainingsgruppe stehen immer voll hinter mir.

Bereits am 30. April starten Sie beim Halbmarathon in Istanbul. Mit welcher Zielvorstellung wollen Sie dieses Rennen bestreiten?

Katharina Steinruck:
Wenn es dort bei mir genauso gut läuft wie in Paderborn und ich noch einige gute Trainingseinheiten absolvieren kann, hoffe ich auf eine Zeit um 70 Minuten. Ich weiß allerdings nicht, ob das für mich schon umsetzbar ist.

Wer schon so lange wie Sie dabei ist, muss sich jedes Jahr wahrscheinlich immer wieder neu motivieren. Wie machen Sie das?

Katharina Steinruck:
Ich versuche mit meiner Mutter, die ja meine Trainerin ist, immer wieder im Training neue Akzente zu setzen und unterschiedliche Trainingsmittel zu nutzen, sodass immer wieder neue Reize gesetzt werden. Meine Ziele sind die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris und eine Marathon-Zeit von 2:24:35 Stunden. Das ist die Bestzeit meiner Mutter. Sie hat als meine Trainerin auf keinen Fall etwas dagegen, wenn ich unseren Familienrekord unterbiete.

Können Sie momentan wieder voll trainieren?

Katharina Steinruck:
Ja, aber die Qualität lässt noch etwas zu wünschen übrig. Die längsten Strecken, die ich momentan laufe, betragen 25 Kilometer. Je nach Umfang laufe ich sie mit Intervallen. Mein wöchentlicher Umfang beträgt zurzeit nicht mehr als 130 Kilometer, weil ich mich momentan noch nicht im Marathontraining befinde. Darüber hinaus absolviere ich viel Alternativ-Training in Form von Aqua-Jogging, Bewegen auf dem Cross-Trainer, Radfahren und Ski-Langlaufen. So war ich vor dem Lauf in Paderborn mit meinem Mann eine Woche in Livigno, wo wir vormittags auf den Skiern unterwegs waren und nachmittags gelaufen sind.

So gehören als Oberkommissarin der Sportfördergruppe der Hessischen Landespolizei an. Können Sie da weiter mit der Förderung rechnen?

Katharina Steinruck:
Ich habe 2009 mit der Ausbildung angefangen und zähle inzwischen zu den ältesten Athletinnen, die gefördert werden. Ich habe auf jeden Fall die Unterstützung bis Paris zugesichert bekommen. Ohne die Polizei würde ich nicht auf solch einem hohen Niveau Leistungssport treiben können. Daher bin ich unwahrscheinlich froh, dass ich diese Förderung erhalte.

Haben Sie bereits weitere Pläne über 2024 hinaus?

Katharina Steinruck:
Ja, ich möchte nach Paris an die Familienplanung denken. Es gibt genügend Beispiele von Läuferinnen, die nach einer Schwangerschaft ihre Laufbahn erfolgreich fortgesetzt haben. Da bin ich ganz zuversichtlich.

Mehr: 
​​​​​​​Streckenrekord zum Osterlauf-Jubiläum

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