| ISTAF Berlin

ISTAF Berlin wird ein Saisonabschluss der Rekorde

Blaue Bahn, überwiegend blauer Himmel und ausgelassene Stimmung auf den Zuschauerrängen – die Rahmenbedingungen beim ISTAF Berlin am Sonntag stimmten. Und die Athletinnen und Athleten wussten sie bestens zu nutzen. 400-Meter-Hürden-Überflieger Joshua Abuaku verbuchte die nächste Bestzeit, und 400-Meter-Spezialist Jean Paul Bredau knackte die 45-Sekunden-Schallmauer. Über 5.000 Meter schlug Letesenbet Gidey gar Weltrekord-Tempo an.
Jane Sichting

Es ist die Saison des Joshua Abuaku! Nachdem der Frankfurter bei der WM in Budapest bereits drei der vier schnellsten Rennen seiner Karriere gelaufen war, setzte er am Sonntag beim ISTAF im Berliner Olympiastadion noch einmal einen drauf. In 48,12 Sekunden beendete er seine Saison mit der nächsten Bestmarke und hielt auf der Zielgeraden die Konkurrenz in Schach. In 48,31 Sekunden folgte der WM-Siebte Rasmus Mägi aus Estland, Platz drei sicherte sich Lokalmatador Emil Agyekum (SCC Berlin), der in 48,47 Sekunden ebenfalls Bestleistung lief.

„Dass ich jetzt hier vorne mitlaufen darf, ist ein Lebenstraum, der in Erfüllung geht. Da habe ich Gänsehaut, denn hier fing es 2009 an. Ich saß mit meiner Mutter bei der WM im Publikum, als Usain Bolt Weltrekord gelaufen ist. Das werde ich niemals vergessen. Ich habe zu ihr gesagt, dass ich irgendwann auch mal dort vorne mitlaufen möchte. Wir haben dieses Jahr einen Riesenschritt nach vorne gemacht und ich bin jetzt in der Weltspitze dabei. Daran möchten wir im kommenden Jahr aufbauen und die Marke von 48 Sekunden angreifen“, sagte Abuaku.

Olympianorm für Jean Paul Bredau

Bei der WM in Budapest standen Jean Paul Bredau (SC Potsdam), Manuel Sanders (LG Olympia Dortmund) und Marc Koch (LG Nord Berlin) noch als Team mit der 4x400 Meter-Staffel zusammen auf der Bahn und liefen in 3:00,67 Minuten die schnellste Zeit eines deutschen Quartetts in diesem Jahrtausend. Am Sonntag waren sie wieder Konkurrenten – und zeigten jeweils mit neuen Hausrekorden in welcher Top-Form sie sich befinden.

Besonders stark: das Rennen von Bredau: Als erster Athlet seit 2002 unterbot der 24-Jährige in 44,96 Sekunden nicht nur die 45-Sekunden-Marke, sondern auch die Olympia-Norm für Paris. „Mir fehlen die Worte, ich bin absolut überwältigt, was hier für eine Zeit steht“, sagte er unmittelbar im Ziel am Mikrofon des ZDF. Der Zweitplatzierte Manuel Sanders (45,05 sec) ergänzte: „Es ist alles super, ich gönne es Paul. Es ist echt schön, dass wir jetzt zwei haben, die vorne mitspielen können“. Ein deutsches Triple verhinderte der Belgier Robin Vanderbemden, der in 45,79 Sekunden Lokalmatador Marc Koch (46,18 sec) auf Platz vier verwies.

Letesenbet Gidey und Valarie Allman überragen

Einen Paukenschlag hatte es direkt zum Beginn des Leichtathletik-Abends gegeben: Mit einem beeindruckenden Tempolauf, begleitet von eigens installierten „Wavelights“, farbigen LED-Lichtern rund um die blaue Bahn, spulte Letesenbet Gidey ein 5.000-Meter-Rennen der Extraklasse ab. Eingangs der Schlussrunde waren die ersten Konkurrentinnen überrundet, erst auf der Zielgeraden gingen der 25-jährigen Ausnahmeathletin die Kräfte aus.

In 14:08,79 Minuten reichte es am Ende zwar nicht für den 17. Weltrekord innerhalb der Geschichte des ISTAF,  die WM-Zweite und Weltrekordhalterin über 10.000 Meter erzielte dennoch die viertbeste 5.000-Meter-Zeit der Geschichte. Platz zwei ging in 14:56,99 Minuten an die Kenianerin Winnie Jemutai vor ihrer Landsfrau Edina Jebitok.

Der Diskuswurf der Frauen wurde zu einer Machtdemonstration von Olympiasiegerin Valarie Allman (USA). Mit 70,47 Metern verbesserte sie zum Saisonende nicht nur ihre eigene Weltjahresbestleistung um 27 Zentimeter, sondern sicherte sich auch den 70-Meter-Hattrick. Auch 2021 und 2022 hatte sie das ISTAF mit Würfen über die 70-Meter-Marke gewonnen. Mit 64,90 Metern folgte die WM-Sechste Kristin Pudenz (SC Potsdam) auf Platz zwei. „Im Training lief es nach den Weltmeisterschaften nicht ganz so gut, deswegen bin ich zufrieden mit der Weite", sagte Pudenz.

Joshua Hartmann siegt

Der Deutsche Meister Joshua Hartmann (ASV Köln) demonstrierte in Berlin einmal mehr, welch Potenzial in ihm steckt. In 20,14 Sekunden stürmte er als 200-Meter-Sieger über die Ziellinie und gab seiner einer Achterbahnfahrt gleichenden Saison einen würdigen Abschluss. „Es fühlt sich sehr gut an, allen zu beweisen, dass ich es doch kann. Ich habe viel Kritik abbekommen nach der WM, die gerechtfertigt war, weil ich dort keinen guten Job gemacht habe. Deswegen freut es mich umso mehr, in Zürich und hier mit zwei sehr guten Leistungen zurückgekommen zu sein", sagte er.

Über 400 Meter der Frauen musste Shaunae Miller-Uibo (Bahamas) das Rennen frühzeitig beenden. So war es Henriette Jaeger, die das Publikum begeisterte. Ihre 51,03 Sekunden bedeuteten neuen Landesrekord für Norwegen. Platz zwei ging an die Schweizerin Julia Niederbergerer (52,02 sec) vor Lokalmatadorin Alica Schmidt (SCC Berlin; 52,07 sec), die zum Saisonende ihre Bestleistung ebenfalls noch einmal verbessern konnte.

Marlene Meier schnell wie nie  

Den erwarteten Favoritensieg gab es über 100 Meter Hürden der Frauen: In 12,71 Sekunden feierte Weltmeisterin Danielle Williams (Jamaika) ihren ersten ISTAF-Sieg und verwies die Michelle Jenneke (Australien; 12,89 sec) und Amber Hughes (USA; 12,98 sec) auf die Plätze zwei und drei.

Direkt dahinter kam die Deutsche Meisterin von 2022 Marlene Meier (TSV Bayer 04 Leverkusen) ins Ziel: In 13,00 Sekunden lief sie mit persönlicher Bestleistung auf Platz vier, kurz vor der U23-EM-Vierten Franziska Schuster (TSV Bayer 04 Leverkusen), die sich auf 13,11 Sekunden steigerte. Rosina Schneider (TV Sulz), Doppel-Europameisterin der U20, lief in 13,24 Sekunden auf Platz sieben.

Erwartete Höhenjagd bleibt aus

Im Stabhochsprung der Männer schwang sich Vize-Weltmeister Ernest John Obiena (Philippinen, 5,92 m) am höchsten hinaus, gefolgt vom norwegische Rekordhalter Sondre Guttormsen (5,82m) auf Platz zwei und dem höhengleichen Nordamerika-Rekordler KC Lightfoot auf dem dritten Rang.

Für den WM-Fünften Tobias Potye (LG Stadtwerke München) reichten die Kräfte beim ISTAF zum Ende einer langen Saison noch für 2,24 Meter und Rang zwei: „Gerade habe ich sehr gemischte Gefühle, es war eine schwierige Woche, aber ich wollte noch einmal richtig gut springen in einem Stadion, welches mir sehr gut liegt. (...) Leider konnte ich meinen Anlauf nicht ausmessen und dann war es schwierig ins Springen zu kommen. Es ging mir nicht um die Platzierung, ich wollte richtig hoch springen heute“, sagte er. Höhengleich auf Platz eins sprang der Neuseeländer Hamish Kerr.

Julian Weber gewinnt sein Heimspiel

„Es ist deutlich besser heute gelaufen als ich gedacht habe. Nach Zürich hat mir schon ein bisschen das Knie wehgetan. Aber das hat doch ganz gut regeneriert die Tage. Das Olympiastadion hat dazu beigetragen - besonders wegen der Zuschauer hat es gut funktioniert", bilanzierte Speerwurf-Sieger Julian Weber (USC Mainz) nach seinen 84,09 Metern. "Ich bin so happy, wie viele Leute hier heute gekommen sind und was für eine Stimmung die machen. Ich bin sogar mit der S-Bahn angereist und habe auf dem Weg noch ein paar Fans getroffen."

Weitspringerin Mikaelle Assani (LG Region Karlsruhe) landete bei 6,42 Metern und sicherte sich in Abwesenheit von Publikumsliebling und Vorjahressiegerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) Platz zwei. Der Sieg ging mit 6,48 Metern an die US-Anerikanerin Tiffany Flynn.

Kein Weltrekord für Niko Kappel

Für das angestrebte Saison-Highlight, den ersten Stoß über die magischen 15 Meter, reichte es für den Para-Weltrekordler Niko Kappel (VfB Stuttgart) am Sonntag nicht. Mit 14,01 Metern blieb er knapp einen Meter unter seinem Weltrekord in der Klasse F41. Den Sieg vor dem US-Amerikaner Hagan Landry und Bartosz Tyszkowski aus Polen sicherte er sich damit dennoch.

Die ISTAF-Premiere im Para-Kugelstoßen der Frauen gewann Weltmeisterin und Weltrekordlerin Renata Śliwińska. Mit 8,89 Meter verwies sie die WM-Vierte Lara Baars (Niederlande) und die WM-Siebte Mary Fitzgerald (Irland) auf die Ränge zwei und drei. Beim 100-Meter-Rennen der Männer ging der Sieg an Sherman Guity Guity (10,82 sec) aus Costa Rica, der deutsche Newcomer Andreas Walser, der in der Klasse T12 der sehbehinderten Athleten startet, kam auf Rang vier.

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik...

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