Mehr als 28 Jahre hatte der deutsche Halbmarthon-Rekord von Carsten Eich Bestand. Nun ist die Bestmarke Geschichte. Amanal Petros hat in Valencia den Uralt-Rekord um 25 Sekunden auf 60:09 Minuten verbessert. Bei den Frauen stürmte Letesenbet Gidey mit dem neuen Weltrekord von 62:52 Minuten in eine neue Lauf-Dimension.
Valencia entwickelt sich für Amanal Petros zur „Rekord-Stadt“. Elf Monate nach seinem deutschen Marathon-Rekord (2:07:18 h) sicherte sich der Wattenscheider am Sonntagvormittag in Valencia (Spanien) auch die nationale Bestmarke im Halbmarathon. Beim 30. „Fundacion Trinidad Alfonso“ unterbot der 26-Jährige als Zwölfter in 60:09 Minuten den deutschen Uralt-Rekord von Carsten Eich aus dem Jahr 1993 um 25 Sekunden. Seine eigene Bestzeit steigerte Amanal Petros gleich um fast anderthalb Minuten.
Der Wattenscheider nutzte in Valencia die Top-Bedingungen von 13 Grad und Windstille sowie das extrem stark besetzte Feld, um sich in den Rekordlisten zu verewigen. Gleichzeitig war der Olympia-Starter von Tokio in Valencia schnellster Europäer. Amanal Petros lief dabei ein gleichmäßig schnelles Rennen. Seine Zeiten für die Fünf-Kilometer-Abschnitte betrugen 14:11, 14:20, 14:16 und 14:25 Minuten. „Deutscher Rekord mit 60:09 Minuten. Wie cool ist das denn?“, postete Amanal Petros, der im Ziel vor Glück immer wieder die Hände vors Gesicht schlug, nach dem Rennen auf seinem Instagram-Kanal. Und auch sein Trainer Tono Kirschbaum zeigte sich beeindruckt, war jedoch auch nicht überrascht. „Bereits im Frühjahr hat sich angedeutet, dass er den Deutschen Rekord auf der Halbmarathon-Distanz brechen könnte. Die Trainingsergebnisse waren beeindruckend.“
Carsten Eich gratuliert seinem Rekord-Nachfolger
„Der Rekord war einfach mal fällig. Amanal hat die guten Bedingungen und das schnelle Rennen genutzt“, sagte der entthronte Rekordhalter Carsten Eich. Und der 51-Jährige glaubt, dass die Entwicklung noch lange nicht zu Ende ist: „Das nächste Ziel ist es dann natürlich, unter einer Stunde zu bleiben. Das gilt nicht nur für Amanal, sondern auch für Läufer wie etwa Richard Ringer.“ Außerdem sieht er den Halbmarathon-Rekord als sehr gute Zubringerleistung für den nächsten Marathon. „Die Zeit beweist, dass Tempo und Qualität stimmen. Auf beides kann Amanal für den nächsten Marathon bauen“, so Carsten Eich. Den bestreitet der Wattenscheider am 5. Dezember in Valencia – seiner „Rekord-Stadt“.
Die Entscheidung um den Sieg im Männerrennen fiel erst auf den letzten 100 Metern. Auf der langen Zielgeraden in Valencia hatte Abel Kipchumba die meisten Reserven. In 58:07 Minuten setzte sich der Kenianer mit zwei Sekunden Vorsprung auf seinen lange führenden Landsmann Rhonex Kipruto durch. Dahinter blieben fünf weitere Läufer unter der 59-Minuten-Marke. Das gab’s noch nie in einem Halbmarathon. Nils Voigt, Vereinskamerad von Amanal Petros beim TV Wattenscheid 01, musste das Rennen in Valencia vorzeitig beenden.
Letesenbet Gidey pulverisiert Weltrekord
Bei den Frauen katapultierte Letesenbet Gidey den Halbmarathon-Weltrekord in Valencia in eine neue Dimension. Die 23-jährige Äthiopierin steigerte die Bestmarke der Kenianerin Ruth Chepngetich gleich um 1:10 Minuten auf 62:52 Minuten. Damit ist Letesenbet Gidey die erste Frau, die auf den 21,0975 Kilometern unter der prestigeträchtigen 3:00-Minuten-Marke pro Kilometer blieb. Das entspricht einer Geschwindigkeit von 20 km/h. „Das ist eine Wahnsinnszeit. Ich erinnere mich an Jahre, in denen ich mit vergleichbaren Zeiten Deutscher Meister geworden bin“, erklärt Carsten Eich.
Letesenbet Gidey lief den neuen Weltrekord bei ihrem allerersten Halbmarathon. Die Äthiopierin hatte schon vergangenes Jahr in Valencia starten wollen. Doch Visa-Probleme machten einen Start in Spanien unmöglich. Diesmal klappte es und die 23-Jährige nutzte bis zu den finalen Kilometern unterstützt von zwei Tempomachern ihre Rekord-Chance. Für den Sieg in Valencia erhielt die Äthiopierin ein Preisgeld von 35.000 Euro sowie einen Weltrekord-Bonus von 70.000 Euro.
Erstes Rekord-Triple seit Ingrid Kristiansen
Schon kurz nach der Rennhälfte hatte Letesenbet Gidey alle Konkurrentinnen deutlich distanziert. Dafür sorgte das extrem schnelle Anfangstempo. Bei 10 Kilometern wurde eine Zwischenzeit von 29:45 Minuten gestoppt. Die 15-Kilometer-Marke passierte die Äthiopierin in 44:29 Minuten. Für sie ist es der zweite Weltrekord in diesem Jahr nach ihrer 10.000-Meter-Bestmarke (29:01,03 min). „Ich wusste, dass ich diese Zeit laufen kann, da meine Trainingseinheiten in der Höhe von Addis Abeba sehr gut verlaufen sind“, jubelte die Äthiopierin nach dem Rekordrennen. Zwar war es ihr erst ihr erster Halbmarathon, doch die 23-Jährige liebäugelt schon mit dem Wechsel auf die Marathondistanz: „Ich bin mir aber noch nicht sicher, ob das vor den Olympischen Spielen 2024 in Paris oder später der Fall sein wird.“
Vor einem Jahr hatte Letesenbet Gidey bereits den 5.000-Meter-Weltrekord – ebenfalls in Valencia – auf 14:06,62 Minuten verbessert. Damit ist die Äthiopierin die erste Läuferin seit Ingrid Kristiansen (Norwegen), die gleichzeitig die Weltrekorde über 5.000 Meter, 10.000 Meter und im Halbmarathon innehat. Ebenfalls unter der alten Bestmarke blieb Yalemzerf Yehualaw (Äthiopien) als Zweite in 63:51 Minuten. Das Podest komplettierte als Dritte Sheila Chepkiriu (Kenia; 64:53 min).
Alle Ergebnisse lesen Sie in unserer Ergebnisrubrik.
Die Entwicklung des Halbmarathon-Weltrekords bei den Frauen seit 2007:
62:52 Letesenbet Gidey (ETH), Valencia/ESP, 24.10.2021
64:02 Ruth Chepngetich (KEN), Istanbul/TUR, 4.4.2021
64:31 Ababel Yeshaneh (ETH), Ras Al Khaimah/UAE, 21.2.2020
64:51 Joyciline Jepkosgei (KEN), Valencia/ESP, 22.10.2017
64:52 Joyciline Jepkosgei (KEN), Prag/CZE, 1.4.2017
65:06 Peres Jepchirchir (KEN), Ras Al Khaimah/UAE, 10.2.2017
65:09 Florence Kiplagat (KEN), Barcelona/ESP, 15.2.2015
65:12 Florence Kiplagat (KEN), Barcelona/ESP, 16.2.2014
65:50 Mary Keitany (KEN), Ras Al Khaimah/UAE, 18.2.2011
66:25 Lornah Kiplagat (NED), Udine /ITA, 14.10.2007
Die von Yalemzerf Yehualaw (Äthiopien) am 29. August 2021 in Nordirland erzielten 63:44 Minuten wurden nicht als Weltrekord anerkannt, weil die Strecke 54 Meter zu kurz war.