Bei den Deutschen Meisterschaften in Dresden haben elf Athletinnen und Athleten erstmals einen nationalen Einzeltitel in der Aktivenklasse gewonnen. Einige gehören schon länger zur nationalen Spitze, andere feierten in diesem Sommer ihren Durchbruch. Wir stellen die neuen Deutschen Meisterinnen und Meister vor, heute Dreispringerin Caroline Joyeux.
Caroline Joyeux
LG Nord Berlin
Bestleistung:
Dreisprung: 14,45 m (2025)
Erfolge:
Fünfte U23-EM 2021
Achte U23-EM 2023
Deutsche Meisterin 2025
Komplett fit am Anlauf stehen, mit einer starken Basis in Sachen Kraft, Schnelligkeit, Technik und Ausdauer. Sicherheit und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, aufgebaut in einem kontinuierlichen Training. Diese Voraussetzungen waren in den vergangenen Jahren bei Caroline Joyeux nie uneingeschränkt gegeben. Die Dreispringerin wurde von kleineren und größeren Verletzungen ausgebremst. Wettkämpfe waren zwar möglich, aber die 14-Meter-Marke blieb noch ein Stück entfernt.
In diesem Sommer konnte die 24-Jährige endlich voll durchziehen. Schon zum Saisonstart pirschte sie sich mit 13,92 Metern an die 14-Meter-Marke heran, beim Tag der Überflieger Anfang Juni in der Innenstadt von Essen platzte der Knoten endgültig. Und wie. Mit 14,45 Metern flog die Berlinerin gleich mittenrein in die europäische Spitze und erweiterte Weltspitze. Bei ihrem Sieg bei der Team-EM (14,42 m) bestätigte sie ihre Leistung auch ohne Schwingboden und Anlaufsteg. Bei den Deutschen Meisterschaften in Dresden sicherte sich die Studentin ihren ersten DM-Titel in der Frauenklasse, ihre erste WM in Tokio (Japan) endete mit Rang zehn (14,00 m).
„Ich bin sehr zufrieden mit meiner Saison und habe das Gefühl, angekommen zu sein“, erklärt die Aufsteigerin, die volles Vertrauen in ihren langjährigen Trainer Byron Casfor hat. Unter seiner Anleitung möchte sie sich weiter verbessern. Feste, langfristige Ziele setzt sie sich dabei nicht, sondern versucht immer das Beste aus den gerade bevorstehenden Aufgaben und Situationen zu machen. Im Hinterkopf ist aber natürlich auch, dass es bei internationalen Meisterschaften Medaillen zu gewinnen gibt.
Von Anfang an bei der LG Nord Berlin
Im Alter von acht Jahren begann Caroline Joyeux mit dem Leichtathletik-Training, von Beginn an bei der LG Nord Berlin, der sie bis heute treu geblieben ist. Zuerst probierte sie sich in allen Disziplinen aus und das Training in ihrer Gruppe wurde zum festen Bestandteil des Alltags. Die Sprungdisziplinen, insbesondere der Dreisprung, rückten mehr in den Mittelpunkt, als 2014 Byron Casfor als Experte für diese Disziplinen zu dem Berliner Verein kam. Die Schülerin begann auch Mehrfachsprünge ins Training aufzunehmen und feierte erste Erfolge. 2016 gewann sie bei den Deutschen U16-Meisterschaften im Dreisprung (11,33 m) die Bronzemedaille und belegte Rang fünf im Weitsprung (5,44 m).
Die Leichtathletik wurde mehr und mehr zur Leidenschaft mit der Ambition für mehr. „Training, Wettkämpfe, Trainingslager: Das hat mir alles wahnsinnig Spaß gemacht. Dann kamen auch Kadertraining und Deutsche Meisterschaften dazu. Ich habe immer mehr gemerkt: Das möchte ich und ich kann vielleicht etwas erreichen.“ Bei Deutschen Jugendmeisterschaften stand Caroline Joyeux regelmäßig auf dem Treppchen, auch ganz oben.
Für einen Start bei einer internationalen Nachwuchsmeisterschaft reichte es aber noch nicht. „Zur Norm haben mal mehr, mal etwas weniger Zentimeter gefehlt. Das hat mich frustriert, aber auch motiviert.“ Ihr Umfeld sprach ihr Mut zu und argumentierte, dass spätere Meisterschaften einen noch größeren Stellenwert haben. So war für die Abiturientin auch nach ihrem Schulabschluss im Jahr 2019 klar, dass sie ihre sporlichen Ziele weiter verfolgen wollte.
Leistungssteigerung in Wellen
Einen ersten Durchbruch brachte das Jahr 2020 – in dem wegen der Coronapandemie vieles anders und schwieriger war als sonst. Für Caroline Joyeux war es dennoch erfolgreich. Genauso deutlich wie sie in diesem Sommer erstmals die 14-Meter-Marke übertraf, gelang ihr das damals mit der 13-Meter-Marke. Der erste Freiluftwettkampf war erst im August bei den Deutschen Meisterschaften der Frauenklasse in Braunschweig möglich und mit 13,37 Metern sicherte sich die noch der U20-Klasse angehörende Dreispringerin die Bronzemedaille.
Ihre Freiluftbestmarke stand vorher bei 12,65 Metern, in der Halle hatte sie mit 12,99 Metern schon an den 13 Metern gekratzt. In der U20 stand die damals 19-Jährige mit dieser Weite auf Platz zehn in der Welt, eine internationale Meisterschaft gab es wegen Corona aber nicht. Neben dem Sport nahm die Athletin der LG Nord Berlin ein Studium in Ökologie und Umweltplanung auf, das sie bis heute verfolgt. Der Sport steht aber an erster Stelle.
In der U23 erstmals im Nationaltrikot
Mit der Premiere im Nationaltrikot klappte es endlich bei der U23-EM 2021. Und dort ging es in der Qualifikation sogar mit Bestleistung (13,63 m) ins Finale, in dem 13,36 Meter Rang fünf bedeuteten. Ein wichtiger Baustein für diesen Erfolg war die Schnelligkeit, aus demselben Jahr stammt die 100-Meter-Bestzeit von 11,74 Sekunden.
In den folgenden Jahren etablierte sich die Studentin in der DLV-Spitze, steigerte ihre Bestleistung bis auf 13,77 Meter, sammelte DM-Medaillen und belegte bei ihrer zweiten U23-EM den achten Platz (13,24 m). Kontinuierliches Training wurde aber immer wieder durch Verletzungen gestört, die teilweise nicht schwerwiegend aber langwierig waren. „Ich hatte eine Fersenprellung oder einen Ermüdungsbruch, bin aber auch mal einfach beim Gehen mit dem Zeh umgeknickt.“ Caroline Joyeux und ihr Trainer Byron Casfor konnten aus einigen dieser Erfahrungen lernen und zum Beispiel im Training früher umsteuern um Überlastungen zu vermeiden, anderseits war auch einfach Geduld gefragt.
Von einer Hoffnungsträgerin zur Nummer eins im DLV
„In diesem Jahr hatte ich dann einfach mal kein Pech“, sagt Caroline Joyeux. Ihr Flug auf 14,45 Meter in Essen war wie ein Befreiungsschlag. Danach war die 24-Jährige plötzlich mittendrin in der internationalen Spitze, genau da, wo sie immer hin wollte. „Und es hat sich erstaunlich normal angefühlt. Auch bei den Weltmeisterschaften bin ich gegen Athletinnen angetreten, die ich schon kannte“, erzählt die WM-Debütantin. „Auf der anderen Seite ist es auch überwältigend und toll zu sehen, dass man sich hohe Ziele setzen und die dann auch erreichen kann.“
Mit ihren Siegen beim Europacup und den Deutschen Meisterschaften hat die Dreispringerin auch gezeigt, dass sie Drucksituationen meistern kann. In insgesamt sechs Wettkämpfen sprang sie 14,00 Meter oder weiter. Die 14,24 Meter vom DM-Gold in Dresden werden auch schon als Norm (14,20 m) für die EM im kommenden Jahr in Birmingham (Großbritannien; 10. bis 16. August) anerkannt. Das bringt zusätzlich Ruhe für die gerade angelaufene Vorbereitung auf die neue Saison.
„Ich möchte mir wieder eine gute Basis erarbeiten. Dazu gehören ausgeglichen starke Sprungkraft in beiden Beinen oder Sprintausdauer, um in sechs Versuchen im Wettkampf voll da zu sein.“ Die Feinheiten der Trainingsgestaltung überlässt die Aufsteigerin ihrem Trainer. „Er weiß genau, wie ich noch leistungsfähiger werden kann. Für mich ist das Wichtigste, gesund zu bleiben und seinen Plan möglichst einhalten zu können.“ Dass langfristig auch mal etwas anders kommen kann als erhofft, hat Caroline Joyeux in ihrer Karriere schon erlebt, deshalb legt sie sich nicht auf genaue Ziele fest. „Ich möchte entspannt an die Dinge rangehen, mit einem guten Fokus. So kann ich die besten Ergebnisse erzielen.“
Video-Interview: Caroline Joyeux: "Ich hatte zwei Ziele – beide habe ich erreicht"
Video: Caroline Joyeux springt mit 14,24 Metern zum DM-Titel
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Caroline hat eine großartige Saison hingelegt und praktisch in einem Jahr die längst überfällige Leistungsprogression der vergangenen drei Jahre nachgeholt. Einmal mehr ein Beweis, dass Leistungsentwicklungen selten linear verlaufen, und ein Glück für den deutschen Dreisprung, dass Caroline und ihr Trainer Byron Casfor beharrlich weitergearbeitet haben.
Caroline weist eine sehr ästhetische Technik auf, die besonders durch einen Weltklasse-Step gekennzeichnet ist. Primär ist die Leistungsentwicklung auf eine deutlich verbesserte Hopweite zurückzuführen. Verglichen mit der Hop-Step-Weite, beispielsweise 9,70 Meter bei der DM in Leipzig, fällt der Jump mit deutlich unter fünf Metern noch zu gering aus.
Ich sehe bei Caroline das Potenzial, mit höheren Anlaufgeschwindigkeiten in den Sprung hineinzugehen. Hierdurch könnten sich die Teilweiten noch etwas anheben, wobei der Fokus auf Jumpweiten Richtung fünf Meter liegen sollte. Wenn das gelingt, wäre eine weitere Steigerung ihrer Bestleistung möglich, was sie die kommenden Jahre in Bereiche des deutschen Rekordes von 14,61 Meter bringen würde.