Bei den Deutschen Meisterschaften in Dresden haben elf Athletinnen und Athleten erstmals einen nationalen Einzeltitel in der Aktivenklasse gewonnen. Einige gehören schon länger zur nationalen Spitze, andere feierten in diesem Sommer ihren Durchbruch. Wir stellen die neuen Deutschen Meisterinnen und Meister vor, heute Hindernisläuferin Adia Budde.
Adia Budde
LAV STADTWERKE TÜBINGEN
Bestleistung:
3.000 Meter Hindernis: 9:32,14 min (2025)
Erfolge:
Bronze U23-EM 2025
Bronze World University Games 2025
Sechste U20-WM 2024
Silber U20-EM 2023
Silber U18-EM 2022 (2.000 Meter Hindernis)
Diese beiden Wochen waren die bisher erfolgreichsten in ihrer jungen Karriere. Mitte Juli sicherte sich Adia Budde bei der U23-EM in Bergen (Norwegen) mit Bestzeit (9:32,14 min) die Bronzemedaille über 3.000 Meter Hindernis. Eine Woche später folgte erneut Bronze bei den World University Games in Wattenscheid (9:33,34 min) und am Wochenende darauf überraschte die gerade einmal 20-Jährige in Dresden mit ihrem ersten deutschen Meistertitel in der Frauenklasse (9:45,48 min). „Es war cool, dass ich in diesen beiden Wochen so performen konnte.“
Dieses neue Leistungslevel hat sich die Athletin der LAV Stadtwerke Tübingen in der Trainingsgruppe von Isabelle Baumann erarbeitet, der sie sich erst im vergangenen Herbst angeschlossen hatte. Für diesen Schritt entschied sich die Psychologie-Studentin ganz bewusst nach ihrem Abitur, um endgültig den Weg Richtung Leistungssport einzuschlagen. Die Grundlage dafür legte sie in ihrer Heimat Schleswig-Holstein unter der Anleitung von Karsten Ralfs, mit dem sie schon internationale Erfolge in der U18 und U20 feierte und auf nationaler Ebene nicht nur Titel über die Hindernisse abräumte.
Dass die nationale Konkurrenz in ihrer Disziplin stark ist, sieht die Aufsteigerin als Ansporn. In den kommenden Jahren möchte sie den Erfolgen von DLV-Athletinnen im Hindernislauf weitere Kapitel hinzufügen.
Erster Start im National-Trikot endet gleich mit Medaille
Mit dem Training begonnen hat Adia Budde im Alter von sieben Jahren in ihrer Heimat Schleswig-Holstein beim TSV Altenholz bei Kiel. „Mein Bruder hat Leichtathletik gemacht, ich wollte es auch ausprobieren und es hat mir von Anfang an großen Spaß gemacht.“ Schon als noch alle Disziplinen auf dem Programm standen, zeichnete sich ab, dass es in Richtung Laufen und Hürden gehen könnte. „Werfen war nicht meine Stärke.“ Vielseitiges Talent bewies die junge Athletin, die von Karsten Ralfs trainiert wurde, dennoch, zum Beispiel als sie im Jahr 2020 die DLV-Bestenliste der W15 im Blockmehrkampf Wurf mit 2.728 Punkten anführte. Wegen der Corona-Pandemie wurden in dem Sommer keine Deutschen Meisterschaften im Blockmehrkampf durchgeführt.
Ein Jahr später in der Altersklasse U18 kam es dann zum ersten Start bei nationalen Meisterschaften bei der Jugend-DM. „Weil ich gern gelaufen bin, auch mit Hürden, haben ich die Hindernisse ausprobiert. Auf dieser Strecke haben mein damaliger Trainer und ich auch die besten Chancen gesehen.“ Mit Bronze über 2.000 Meter Hindernis (6:51,69 min) klappte es auch auf Anhieb mit einer Medaille, eine zusätzliche Motivation bei dieser Strecke zu bleiben.
Steil weiter nach oben ging die Entwicklung im zweiten U18-Jahr, als die damals 16-Jährige bei ihrer Premiere im Nationaltrikot bei der U18-EM in Jerusalem (Israel) gleich aufs Podest stürmte: Silber (6:28,09 min) hinter Jolanda Kallabis (FT 1844 Freiburg), die später sogar die U18-Weltbestleistung bis auf 6:07,72 Minuten verbesserte. „Mit diesen Erfolgen bin ich immer mehr in den Sport hineingewachsen und Stück für Stück wurde mir bewusst, dass es Richtung Leistungssport gehen kann“, erzählt Adia Budde, die sich auch noch den Titel bei der Jugend-DM über die Hindernisse sicherte.
Nach weiteren Erfolgen in der U20 geht es nach Tübingen
In der U20 lief es weiter bestens: Erneut Silber bei der U20-EM im Jahr 2023 über 3.000 Meter Hindernis (10:07,34 min) wieder in Jerusalem und ein Jahr später Rang sechs mit Bestzeit (9:49,11 min) bei der U20-WM in Lima (Peru). Auf nationaler Ebene gab es nicht nur zwei weitere Titel bei Deutschen Jugendmeisterschaften über die Hindernisse, sondern auch über 5.000 Meter (16:14,32 min) und 3.000 Meter (9:38,36 min) in der Halle.
„Karsten Ralfs hat mich toll aufgebaut und ich bin ihm dafür sehr dankbar“, sagt Adia Budde, die 2024 auch ihr Abitur in der Tasche hatte und den nächsten Schritt wagen wollte: In einer leistungsstarken Trainingsgruppe und einem noch mehr auf den Sport ausgerichteten Umfeld testen, wie weit nach vorn der sportliche Weg noch führen kann. Ein Besuch in Tübingen und bei Isabelle Baumann gefiel der damals 19-Jährigen sehr.
Sie zog im vergangenen Herbst einmal quer durch Deutschland um, wechselte auch den Verein und schloss sich der Tübinger Gruppe an, zu der unter anderem auch die Hallen-Europameisterin von 2023 über 3.000 Meter Hanna Klein oder die EM-Neunte über 10.000 Meter Lisa Merkel (beide LAV Stadtwerke Tübingen) gehören. „Ich wurde mit offenen Armen aufgenommen, was mir sehr geholfen hat, gut in Tübingen anzukommen und mich wohlzufühlen.“ Neben dem Sport hat Adia Budde inzwischen ein Studium in Psychologie begonnen.
Wechsel bringt neuen Schub
Im Training lief es von Anfang an gut. „Der Umfang hat sich altersbedingt etwas erhöht, die Inhalte haben sich etwas verändert“, berichtet die Hindernisläuferin. Eine leistungsstarke Trainingsgruppe zu haben, die sich auf die Laufdisziplinen spezialisiert hat, bringt für sie einen großen Vorteil mit. „Bei Tempoläufen sehe ich, wohin ich noch kommen kann.“
In der Hallensaison gelang es noch nicht so richtig, die Fortschritte im Training auch im Wettkampf auf die Bahn zu bringen. Das änderte sich im Sommer, der gleich im ersten Rennen über 3.000 Meter Hindernis mit Bestzeit (9:32,47 min) begann. Auch Steigerungen über 800 Meter um gut drei Sekunden auf 2:05,07 Minuten und 1.500 Meter um fast fünf Sekunden auf 4:18,15 Minuten stehen für den erfolgreichen Trainingsaufbau. Eine wertvolle Erfahrung war der erste Einsatz in der Nationalmannschaft der Erwachsenen als Elfte bei der Team-EM (10:08,90 min) in einem von Taktik statt Tempo geprägten Hindernisrennen.
Nach dem Titel bei der U23-DM über 1.500 Meter (4:34,53 min) dann das noch größere Meisterstück des Sommers: Die schon erwähnten nächsten beiden internationalen Medaillen bei der U23-EM und den World University Games, sowie der erste DM-Titel in der Frauenklasse.
Zum wiederholten Mal gelang es, beim Saisonhöhepunkt die beste Leistung abzurufen. Wie schafft Adia Budde das immer wieder? „Ich habe großes Vertrauen in die Trainingsplanung, jetzt in die von Isabelle Baumann und vorher in die von Karsten Ralfs“, antwortet die bereits viermalige Medaillen-Gewinnerin bei internationalen Meisterschaften. „Besonders vor wichtigen Rennen bin ich schon aufgeregt, mit dem Startschuss ist das aber weg und der Fokus voll da.“
Erfolgsgeschichte über die Hindernisse weiterschreiben
Das Training und auch die Crosssaison mit dem U23-Sieg beim Olympiaberg-Cross in München Ende Oktober sind schon wieder angelaufen. Auch bei der Cross-DM in Darmstadt (29./30. November) ist ein Start geplant, bei dem Adia Budde um die Tickets für die Cross-EM in Lagoa (Portugal; 14. Dezember) mitkämpfen möchte. „Das wird nicht leicht, die Konkurrenz in der U23 ist stark.“
Das gilt auch für die nationale Konkurrenz in der Frauenklasse über die Hindernisse. Die Norm (9:28,00 min) für die EM im kommenden Sommer in Birmingham (Großbritannien; 10. bis 16. August) ist nicht weit entfernt. „Ich sehe noch Potential, mich in allen Bereichen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Vor allem in der Ausdauer ist noch was drin“, sagt die Deutsche Meisterin. „Im nächsten Jahr möchte ich wieder eine Bestzeit aufstellen und in den Bereich von 9:20 Minuten laufen.“
Ob das für einen der drei EM-Startplätze reichen wird, muss sich zeigen. Mit der WM-Siebten und zweimaligen Europameisterin Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier), der Olympia-Zehnten Lea Meyer (VfL Löningen) und der WM-Finalistin von 2023 Olivia Gürth (Silvesterlauf Trier) haben schon drei DLV-Athletinnen die EM-Norm erfüllt. Auch die Inhaberin der U18-Weltbestleistung Jolanda Kallabis, die sich in den vergangenen Jahren auf die 1.500 Meter konzentriert hat, ist im vergangenen Sommer sozusagen nebenbei 9:37,47 Meter über die Hindernisse gelaufen.
„Für mich ist diese Konkurrenzsituation eine Motivation“, erklärt Adia Budde. „Es ist toll zu sehen, dass deutsche Läuferinnen über diese Strecke so große Erfolge feiern. Das zeigt mir, wo ich einmal hinkommen möchte.“
Video-Interview: Adia Budde: "Ein richtiger Endspurt – das hat richtig Spaß gemacht"
| Das sagt DLV-Teamleiter Lauf Werner Klein: |
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Adia ist eine sehr zielstrebige und fokussierte Athletin. Sie verfolgt den Sport mit Spaß und gleichzeitig einer genauen Vorstellung, was sie erreichen möchte. Die drei Meisterschaften hintereinander im Sommer waren eine Herausforderung, die sie bravourös gelöst hat. Sie hat auch den Übergang nach Tübingen bestens gemeistert und kann ihr Potential immer weiter ausschöpfen. Vor dem Hintergrund ihrer Trainingsjahre ist sie auf einem tollen Level.
Adia steht aber auch noch am Anfang ihrer Karriere. Trainingsmethodisch kann sie in allen Bereichen noch zulegen. Für Wettkämpfe bringt sie beste Voraussetzungen mit, denn im Rennen kann sie über sich hinauswachsen und bringt einen absoluten Siegeswillen mit, gleichzeitig lässt sie auch die Freude erkennen, die sie an Wettkämpfen hat. Im nächsten Jahr traue ich Adia den nächsten Leistungsschritt zu. Zeigen muss sich, wofür das bei der starken Konkurrenz reicht. Langfristig stehen ihr alle Türen zu internationalen Einsätzen offen.