Nach zwei Siegen beim Trierer Silvesterlauf wurde Corinna Harrer (LG Telis Finanz Regensburg) diesmal Fünfte. Rund ein halbes Jahr nach einem Ermüdungsbruch im Fuß, wegen dem die 23-Jährige die EM in Zürich (Schweiz) verpasste, war die Hallen-Vize-Europameisterin über 3.000 Meter hinter vier Ostafrikanerinnen aber beste Deutsche. leichtathletik.de-Mitarbeiter Holger Teusch sprach mit Corinna Harrer über den Silvesterlauf, die Zeit der Verletzung und ihre Pläne im neuen Jahr.
Man sagt, die Silvesterlaufsieger sind die Verlierer der Saison. Können Sie deshalb mit dem fünften Platz in Trier gut leben oder ist der Ärger über den verpassten Hattrick größer?
Corinna Harrer:
Mit dem fünften Platz und als beste Deutsche kann ich sehr gut leben. Dass die Afrikanerinnen so stark auftrumpfen würden, damit hat vorher ja niemand gerechnet. Und ein bisschen abergläubisch bin ich dann schon. Schau'n wir mal.
Trier war das erste Rennen gegen internationale Konkurrenz nach Ihrer Verletzung. Wie hat es sich angefühlt, bis kurz vor Schluss mit der Spitze mitlaufen zu können?
Corinna Harrer:
Für mich war die nationale Konkurrenz wichtig. Nach der Verletzung habe ich jetzt gesehen, wo ich stehe, wenn es um die Normen geht, zum Beispiel in der Halle. Ich wusste, dass ich gut trainiert habe. Aber man sieht erst im Rennen, wo man wirklich steht. Man ist ja schon verunsichert und weiß nicht, was machen drei Monate Verletzungspause aus? Wie hat sich die Konkurrenz entwickelt? Wäre mein erstes Rennen die Hallen-DM, dann würde ich da wohl total verunsichert reingehen. So habe ich einen kleinen Hinweis.
Der Ermüdungsbruch war Ihre erste große Verletzung. Wochenlang konnten Sie nicht laufen. Gab es da auch den Gedanken ans Karriereende?
Corinna Harrer:
Gerade wenn es zwei Jahre lang sowieso nicht so gelaufen ist, überlegt man schon, ob 4:04 Minuten (über 1.500 Meter, Anm. d. Red.) nun das Ende der Fahnenstange waren. Aber es fiel mir schwer, mich acht Wochen lang hinzuhocken und nicht zu laufen. Da habe ich gemerkt, es brennt weiter in mir. Ich habe weiter richtig Lust aufs Laufen.
Hat sich die Verletzung auch finanziell, zum Beispiel hinsichtlich Sponsoren, ausgewirkt?
Corinna Harrer:
Ja! Zuerst denkt man nicht, weil ich ja die EM-Norm über 10.000 Meter hatte. Aber dann fielen die Prämien weg, weil ich in Zürich nicht dabei war. Gerade am Anfang der Verletzungspause war es schwer. Wenn man gerade in der Reha ist und dann kommt ein Sponsor und sagt, es geht leider nicht weiter. Ich mag diese Unsicherheit nicht. Ich möchte Planungssicherheit. Aber es ist halt so.
Etwas Planungssicherheit gibt Ihnen Ihr Arbeitgeber, die Sparkasse Regensburg, bei der Sie eine Ausbildung machen.
Corinna Harrer:
Ja! Für Trainingslager bekomme ich beispielsweise unbezahlten Sonderurlaub. Das ist gut geregelt. Ich muss mir keine Sorgen machen, dass ich irgendwann Überstunden mache muss. Ende April habe ich jetzt meine schriftlichen Abschlussprüfungen und im Sommer bin ich ganz fertig. Dann muss ich schauen, wie es weitergeht. Ich könnte mir vorstellen, ein Profijahr zu machen oder nur zehn Stunden zu arbeiten. Es kommt darauf an, was mein Arbeitgeber mir anbieten kann.
Sehen wir jetzt die gleiche Corinna Harrer wie vor einem Jahr, oder hat sich durch die Verletzung etwas geändert?
Corinna Harrer:
Die Einstellung ist die gleiche wie früher. Was sich für mich sehr geändert hat ist, dass ich mit mehr Geduld an die Dinge rangehe. Ich habe gelernt, mehr auf mein Gefühl zu achten und auf die Tagesform. Das musste ich wohl irgendwann lernen. Viele sagen ja auch, dass Mut zur Trainingspause gehört. Man macht sie zwar, weil sie auf dem Plan steht, aber man hat ein schlechtes Gewissen. Das habe ich jetzt nicht mehr.
Wie sehen die Planungen für 2015 aus? Hallensaison? Cross?
Corinna Harrer:
Jetzt bin ich erst einmal für zwei Wochen im Trainingslager in Monte Gordo. Am 31. Januar will ich dann in Karlsruhe 3.000 Meter laufen und dann die DM. Dazwischen geht es noch mal ins Trainingslager. Entweder es klappt auf Anhieb mit der Hallen-EM-Norm, oder nicht. Natürlich will ich aber meine Silbermedaille verteidigen. Seit Ende November läuft es im Training auch richtig gut. Die EM ist Anfang März, das würde passen. Und wenn es mit der Norm nicht klappt, dann laufe ich die Deutschen Cross-Meisterschaften.
In diesem Jahr sind Weltmeisterschaften, aber im Hinterkopf hat wohl schon jeder Sportler die Olympischen Spiele. Auf welcher Strecke werden wir Sie in Zukunft sehen?
Corinna Harrer:
In diesem Jahr definitiv auf den 1.500 Metern. Ich weiß, dass ich 4:02 Minuten rennen kann. Das will ich beweisen, bevor ich auf längere Strecken gehe. Auch die zwei Minuten über 800 Meter zu unterbieten ist noch ein Ziel. Für die Olympischen Spiele habe ich mich noch nicht festgelegt. Vom Gefühl her tendiere ich aber zu den 1.500 Metern. 5.000 Meter bin ich ja erst einmal in Koblenz gelaufen, das war nicht so überragend. Aber bis 2016 denke ich eigentlich noch gar nicht. Ich will erst mal gucken, wieder in altes Fahrwasser hereinzukommen.