| Porträt

Felix Franz kämpft um seinen Lebenstraum

Aufgeben ist keine Option. 400-Meter-Hürdenläufer Felix Franz hält auch nach einer erneuten Verletzung an seinem großen Traum Olympia fest.
Alexandra Dersch

Anfang Dezember hatte Felix Franz (LG Neckar-Enz) traurige Gewissheit. Die kommende Saison wird zum Großteil ohne den 25-Jährigen stattfinden. 2019 – es wird das fünfte Jahr in Serie, in dem Felix Franz, vor wenigen Jahren noch als das vielleicht größte deutsche Talent nach Harald Schmid über die 400 Meter Hürden gehandelt, weitestgehend zuschauen muss.

Mal war es ein mysteriöser Magen-Darm-Infekt, der ihm die Saison kostete. Mal ein Muskelfaserriss in der Wade. Und jetzt die Achillessehne. Anfang Dezember wurde er direkt aus dem Trainingslager in Südafrika kommend, in Frankfurt vom Leitenden DLV-Verbandsarzt Andrew Lichtenthal erfolgreich operiert. Alle Versuche, die seit April schmerzende Sehnenregion ohne OP in den Griff zu bekommen, waren fehlgeschlagen. „Das war meine letzte Chance, wieder schmerzfrei Leistungssport zu machen.“ Denn Leistungssport, das ist nach wie vor sein Antrieb.

Die 400 Meter Hürden – sie gelten als eine der härtesten Disziplinen in der Leichtathletik. Eine, die den Körper an seine absolute Grenze bringt. Eine, die eben nur die härtesten erfolgreich bestehen können. Vielleicht ist es daher kein Zufall, dass ein zweifacher Deutscher Meister dieser Disziplin sich eben als besonders zäh erweist. Auch wenn der Körper ihm immer wieder übel mitspielt. Sein Wille ist ungebrochen.

Schmerzen waren kaum auszuhalten

Als 21-Jähriger feierte Felix Franz seinen bislang größten Erfolg. Platz fünf bei der EM in Zürich (Schweiz). „Danach sahen meine Zukunftspläne natürlich anders aus.“ Olympia. EM im eigenen Land. „Ich hatte davon geträumt, in Berlin vielleicht sogar eine Medaille zu holen.“ Den Jubel der enthusiastischen Fans im Berliner Olympiastadion – er hörte ihn stattdessen nur von der Tribüne aus. Auch die Olympischen Spiele in Rio sah er nur im Fernsehen. „Wie sehr das alles geschmerzt hat, dafür habe ich fast keine Worte“, sagt Felix Franz heute.

Sein bislang schlimmstes Jahr war daher auch das vergangene. Am ersten April 2018, leider war es kein Aprilscherz, ereilte ihn der nächste Rückschlag. Die linke Achillessehne verursachte plötzlich enorme Probleme. Die Schmerzen waren kaum auszuhalten. „Nach einer Laufeinheit konnte ich tagelang nicht einmal mehr gehen“, erinnert er sich.

Konnte er in den Vorjahren immer zumindest noch den ein oder anderen Wettkampf bestreiten, ohne dort jedoch auch aufgrund von Verletzungen sein wahres Können zu offenbaren, ging 2018 als das erste Jahr seiner Karriere ohne Wettkampfresultat dahin. „Schlimmer kann es ja nicht kommen“, sagte Felix Franz sich damals. Doch inzwischen weiß er: 2019 wird kaum besser werden.

WM kommt zu früh

„Die Genesungszeit der Sehne, des Knochens und des angrenzenden Gewebes liegt bei rund sechs Monaten bis zur Vollbelastung. Danach kann ich also erst so richtig ins Hürdentraining einsteigen“, rechnet Felix Franz vor, der nun seit Oktober unter Bundestrainer Volker Beck in Frankfurt zusammen mit Luke Campell und Joshua Abuaku (beide LG Eintracht Frankfurt) trainiert. Und auch wenn die WM in Doha (Katar; 28. September bis 6. Oktober) spät wie nie liegt, wird die Zeit kaum reichen. „Mir fehlen so viele Einheiten, so viel Technik – die Qualifikation kommt nach einem Jahr Laufpause viel zu früh für mich.“

Doppelt weh tut dieser erneute Rückschlag auch vor dem Hintergrund des neuen Qualifikationsmodus‘ des Weltverbands. „Selbst wenn ich 2020 die Qualizeit laufen sollte, so wird es dennoch schwer für mich, mich für Olympia zu qualifizieren. Ich komme mit fünf verpassten Jahren ohne gescheite Zeit ja gar nicht rein in die Rennen, die ich brauche, um mich in der Weltrangliste entsprechend zu qualifizieren.“ Andere Sportler können bereits durch Wettkämpfe im Jahr 2019 entsprechende Punkte sammeln und sich in der Liste positionieren. Seine Hoffnung ist, dass der neue Qualifikationsmodus noch um ein weiteres Jahr verschoben wird.

Was ihn auffängt, das ist das Team des DLV. „Die anderen Athleten, die Trainer, die medizinische Abteilung, sie tun mir so gut“, sagt Felix Franz. „In Stellenbosch im Trainingslager habe ich erneut gemerkt, wie groß der Glaube an meine Fähigkeiten ist. Dass nicht nur ich weiß, dass ich es kann. Wir Leichtathleten sind zwar streng genommen Einzelsportler, doch im Kern sind wir doch ein Team. Das die Sorgen der anderen versteht. Das sich auffängt. Sich Mut macht. Das hat mir viel Kraft gegeben.“

Olympia ist der Antrieb

Kraft, die er für den schweren Gang durch die kommenden Monate brauchen wird. Denn bei all‘ dem Willen, den Felix Franz in sich hat, so kommen auch ihm ab und an Zweifel. „Es fragen mich ja auch andere Leistungssportler, wie ich das schaffe. Immer weiterzumachen. Obwohl mich ständig neue Tiefschläge ereilen.“

Seine Antwort ist klar: Olympia. „Wenn ich mit 40 Jahren dann mit meiner Familie auf dem Sofa sitze und Olympia schaue, dann will ich nicht denken: Du hattest in deiner Jugend das Vermögen, um dort dabei zu sein. Aber du hast zu früh aufgegeben. Ich will alles versucht haben. Wenn es dann nicht sein soll, in ein paar Jahren, dann ist das so. Dann ist das auch okay. Aber ich will alles versucht haben. Ich weiß nämlich, wenn ich gesund bin, kann ich richtig gut sein.“

Die Olympischen Spiele sind sein Lebenstraum. „Das habe ich schließlich schon als Sechsjähriger in die Freundebücher reingeschrieben.“ Diesen Traum wird er nicht kampflos aufgeben, so hart und schmerzhaft dieser Kampf auch sein möge.

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