Eine lange Saison neigt sich dem Ende entgegen. Nur wenige Topathleten schnüren für Stadion-Wettbewerbe noch einmal die Wettkampf-Schuhe. Da ist das Aufgebot beim Mehrkampf-Meeting in Talence am kommenden Wochenende schon eine Seltenheit: Im Zehnkampf sind sechs der Top Acht von London angekündigt. Mittendrin drei DLV-Athleten.
In Talence fällt am Wochenende (16./17. September) die Entscheidung in der World Combined Events Challenge der IAAF. Drei Mehrkämpfe gehen in die Wertung ein, wer in der Summe die meisten Punkte gesammelt hat, streicht ein Preisgeld von 30.000 US-Dollar (rund 25.000 Euro) ein, insgesamt gibt’s Prämien für die Top Acht der Wertung. Im Zehnkampf fast uneinholbar in Front: Rico Freimuth (SV Halle; 25.592 Pkt). Der Vize-Weltmeister kann entspannt aus der Ferne mitverfolgen, wie seine Mitstreiter noch einmal auf Punktejagd gehen.
Rico Freimuth ist gemeinsam mit dem WM-Vierten Janek Õiglane (Estland) nur einer von zwei Athleten aus den Top Acht der WM von London, die in Talence nicht am Start sind. Das Feld im Vorort von Bordeaux an der französischen Atlantik-Küste ist stark wie selten zuvor. An der Spitze steht Lokalmatador und Weltmeister Kevin Mayer. Wenn er seine Form noch ein wenig konservieren konnte, ist er der klare Favorit.
Kai Kazmirek: Zeit für Experimente
Mit dem WM-Dritten Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied), dem Olympia-Dritten von Rio Damian Warner (Kanada) oder dem WM-Sechsten Oleksiy Kasyanov (Ukraine) hat der Weltmeister jedoch starke Konkurrenz. Auch wenn Kai Kazmirek diesmal nicht auf Punkte oder Platzierungen schielt: „Spaß haben und ohne Druck einen Zehnkampf absolvieren“ lautet die Maßgabe des 26-Jährigen. Besonders die WM-Qualifikation in Ratingen hatte ihn viel Kraft und Nerven gekostet, hier ging es für ihn nach dem verpassten Meeting in Götzis um Alles oder Nichts.
Ohne den Druck, unbedingt abliefern zu müssen, will Kai Kazmirek in Talence etwas Neues ausprobieren: Den Wechsel des vorderen Beins im Startblock. Aufgrund des Anlaufs zur ersten Hürde hatte er einst für alle Sprint-Wettbewerbe den rechten Fuß nach vorne geholt, obwohl sein Sprungbein das linke ist. „So richtig gut sein wird wohl keiner mehr“, blickt er auf den Saison-Abschluss voraus, „aber ich denke, es wird ein schöner Wettkampf. Und ich freue mich, dass die anderen beiden auch mit dabei sind.“
Ulmer Duo will zeigen, was es kann
Die anderen beiden – das sind Tim Nowak und Manuel Eitel (beide SSV Ulm 1846). Anders als der WM-Dritte haben sie in diesem Jahr noch keinen Mehrkampf absolviert, mit dem sie zufrieden sein können. Manuel Eitel konnte die U23-EM-Qualifikation nicht voll durchziehen, Tim Nowak musste den U23-EM-Zehnkampf abbbrechen, beide hatten eine Verletzung in der Oberschenkelmuskulatur. „Gefühlt ist das jetzt mein Saison-Höhepunkt“, sagt Tim Nowak, der sich auf seinen Auftritt inmitten der Weltspitze freut und daher keine Probleme hatte, die Motivation im Training hochzuhalten.
Für den 20-jährigen Manuel Eitel, der jüngst seine Ausbildung bei der Bundespolizei in Kienbaum begonnen hat, gilt es im hochklassigen Feld weiter internationale Erfahrungen zu sammeln und endlich wieder einen ordentlichen Zehnkampf zu Ende zu bringen. Im Sprint hatte er zwar zuletzt zweimal das Nationaltrikot getragen, jetzt aber will er sich wieder einen Namen als Zehnkämpfer machen und brennt auf das Messen mit den Großen.
Anouk Vetter gegen Yorgelis Rodriguez?
In Abwesenheit von Weltmeisterin Nafissatou Thiam (Belgien) und Vize-Weltmeisterin Carolin Schäfer (LG Eintracht Frankfurt) – die nach einer herausragenden Saison wie Rico Freimuth mit dem Sieg in der Combined Events Challenge rechnen kann – führt die WM-Dritte Anouk Vetter das Siebenkampf-Feld von Talence an.
Die Niederländerin hatte sich mit einer Bestleistung von 6.636 Punkten WM-Bronze gesichert. Auf den Fersen war ihr dabei die Kubanerin Yorgelis Rodriguez. Dieser blieb schließlich ebenfalls mit Bestleistung von 6.594 Punkten der undankbare vierte Platz. Vielleicht gibt’s in Talence die Revanche.
Vorne mitmischen können sicherlich auch die Hallen-Weltmeisterin von 2014 Nadine Broersen (Niederlande) oder die Ungarin Xenia Kriszan, die sich in Götzis auf 6.390 Punkte gesteigert hatte. DLV-Athletinnen sind diesmal nicht am Start.