Präsident gesucht: Am Mittwoch (19. August) wird im Vorfeld der Weltmeisterschaften in Peking (China; 22. bis 30. August) einer der wichtigsten Posten im Weltsport neu besetzt. Sergey Bubka und Sebastian Coe wollen Chef des internationalen Leichtathletikverbandes IAAF werden. Seit Wochen liefern sich die Olympiasieger ein Fernduell.
Drei Jahrzehnte nach ihren größten Erfolgen streben zwei Olympiasieger noch einmal ganz nach oben. Die ehemaligen Weltklasse-Leichtathleten Sergey Bubka und Sebastian Coe, schon seit Jahren auch als Sportpolitiker profiliert, wollen als Präsident des Weltverbandes IAAF durchstarten - auf einem der wichtigsten Posten im Sport. Seit Monaten liefern sich der frühere Stabhochspringer Bubka und der ehemalige Mittelstrecken-Star Coe ein Wahlkampf-Fernduell auf Augenhöhe.
Am Mittwoch wählt der IAAF-Kongress in Peking den Nachfolger von Lamine Diack. Nach der 16-jährigen Ära des Senegalesen sind in der internationalen Leichtathletik Reformen gefragt. Nun sind der smarte Coe, 58 Jahre alt, und der sieben Jahre jüngere Bubka gefragt. Die notwendigen Veränderungen zügig und konsensfähig umzusetzen, das sind die größten Herausforderungen für den neuen IAAF-Chef.
Sebastian Coe mit Organisationsgeschick
Beide machten viel Werbung mit ihren Ideen: Coe will mit seinem „Manifesto“ Anhänger und Mitstreiter gewinnen, Bubka wirbt mit seiner „Vision 2025“. Der Anti-Doping-Kampf hat für beide auch angesichts der jüngsten Turbulenzen höchste Priorität. Auch das Premium-Produkt, die Weltmeisterschaften, soll auf den Prüfstand.
Sowohl Coe als auch Bubka haben Berater engagiert, fast täglich gab es frische Statements, viele mit dem Tenor: „Wenn ich Präsident wär...“. Coe zählte genüsslich die Verbände unter den 214 IAAF-Mitgliedern auf, die für ihn stimmen wollen. Es zeichnet sich wohl eine Mehrheit für den Engländer ab, aber Bubka wird bis zur letzten Sekunde um Stimmen kämpfen. Für Sebastain Coe, der zweimal Olympiasieger über 1.500 Meter und 800-Meter-Weltrekordler war, spricht sein guter Job als Olympia-Chef 2012 in London (Großbritannien).
Sergey Bubka mit viel Erfahrung
Multi-Millionär Bubka hat viel Erfahrung und ist bestens vernetzt. Der Ukrainer sitzt zudem schon im IOC, wo Coe erst als IAAF-Präsident Zugang hätte. Allerdings verlor Weltbürger Bubka vor zwei Jahren bei der Wahl des IOC-Präsidenten ganz klar gegen Thomas Bach. „Wenn ich als Präsident gewählt werde, wird einer meiner ersten Schritte sein, die Vision 2025 auf den Weg zu bringen - das wird die umfassendste Überprüfung sein, die jemals in Bezug auf jeden Aspekt der heutigen Leichtathletik unternommen wurde“, sagte der 35-malige Stabhochsprung-Weltrekordler kürzlich.
„Wir müssen ehrlich mit uns selbst sein. Die Leichtathletik, wie andere Sportarten auch, findet in einer Welt mit raschen und tiefgreifenden Veränderungen statt“, meinte Coe. „Es ist notwendig, innovativ und mutig zu sein, wo es nottut.“ Er stellte jedem IAAF-Mitgliedsverband 100.000 Dollar in Aussicht, für eine Vier-Jahres-Periode - als „olympische Dividende“. Er sieht die Verbände als „Fundament unseres Sports“, und deren Unterstützung habe eine Schlüsselfunktion seiner künftigen Politik, „die ich umsetzen werde, falls ich gewählt werde“.
Enge Abstimmung erwartet
Bubka ist ein gewiefter Taktiker, er gab seine Kandidatur lange nach Coe bekannt. Vor allem in Afrika hat er Unterstützer. Der ukrainische NOK-Chef stellte Finanzspritzen für den Bau von Verbandssitzen in Aussicht. Zudem will er Programme zur Frauen- und Nachwuchsförderung oder zur Weiterbildung von Trainern auf den Weg bringen.
Die Abstimmung am Mittwoch könnte eng werden. „Beide haben sehr gute Chancen“, sagte der langjährige IAAF-Funktionär Helmut Digel. „Wenn man sich die Manifeste von beiden anschaut, ist das Reformprogramm von Coe etwas umfangreicher und konkreter“, befand DLV-Präsident Clemens Prokop. „Coe dekliniert sehr praktisch und detailliert vor, in welchen Bereichen er Veränderungen anstrebt. Und man hat den Eindruck, dass es Bubka etwas pauschaler macht.“
Prokop für unabhängige Doping-Bekämpfung
Clemens Prokop hat dem Weltverband empfohlen, eine unabhängige Anti-Doping-Abteilung zu schaffen. „Ich würde mich im Falle meiner Wahl ins IAAF-Council dafür einsetzen, dass die Abteilung Doping-Bekämpfung ausgegliedert und in eine selbstständige Organisation umgewandelt wird, die unabhängig von der IAAF ist“, sagte der Verbandspräsident. „In Ländern, wo die Doping-Bekämpfung an unabhängige Agenturen ausgelagert wurde, ist die Glaubwürdigkeit gestiegen“, meinte der Amtsgerichtsdirektor. Prokop bewirbt sich am Mittwoch beim IAAF-Kongress in Peking um einen Sitz im Führungsgremium des Weltverbandes.
In einer ARD-Dokumentation war jüngst der Vorwurf erhoben worden, die IAAF habe möglicherweise Blutdoping-Fälle verschwiegen. Bei der Auswertung einer Liste aus der IAAF-Datenbank mit 12.000 Bluttest-Ergebnissen von rund 5.000 Leichtathleten waren bei einer größeren Zahl von Sportlern angeblich dopingverdächtige Werte festgestellt worden.
„Argumente wie, es könnte etwas vertuscht oder verdrängt werden, würden nicht mehr aufkommen“, sagte Prokop mit Blick auf diese Anschuldigungen. Vor ihm hatte auch der Brite Sebastian Coe, der Kandidat für das IAAF-Präsidentenamt ist, eine unabhängige Anti-Doping-Agentur für den Weltverband gefordert.
Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)