| Anhalt-Meeting Dessau

Kampf um Rio: Deutsche Speerwerfer zwischen Freud und Leid

Freud und Leid lagen im Speerwurf-Wettkampf des Anhalt-Meetings in Dessau am Freitag nah beieinander. Lars Hamann knackte im sechsten Durchgang mit Bestleistung die Olympia-Norm. Matthias de Zordo verließ die Anlage bei seinem ersten Wettkampf nach drei Jahren ohne gültigen Versuch.
Jan-Henner Reitze

Gut 80 Meter weit fliegt sein Speer bei gelungenen Versuchen. Um sein Können im Wettkampf unter Beweis stellen zu können, legt Lars Hamann Strecken zurück, die weitaus länger sind. Innerhalb einer Woche verbrachte er 3.000 Kilometer auf der Autobahn. Aus der Heimat Dresden ging es zuerst zu den Pfingstsportfesten in München und Rehlingen, dann zum World Challenge-Meeting in Ostrava (Tschechische Republik), nur einen Tag später stand ein Start bei den Halleschen Werfertagen auf dem Programm.

Diese Europatour hatte ein Ziel: Die Norm für die Olympischen Spiele in Rio (12. bis 21. August) von glatten 83 Metern. Aber der Speer wollte einfach nicht so weit fliegen. Erst als der 27-Jährige eine Woche ohne große Autotour hinter sich hatte und vor seinem sechsten Versuch beim Anahlt-Meeting in Dessau am Freitag schon als Sieger feststand, platzte der Knoten. Im abschließenden Durchgang feuerte der WM-Teilnehmer 85,67 Meter raus. "Ich habe alles riskiert, voll draufgehauen und es hat geklappt", kommentierte der Dresdner seinen Wurf hinterher.

Neben diesem nötigen Quäntchen Glück für einen außergewöhnlich guten Wurf ist aber auch die passende Grundlage eine Erklärung für die Weite. "Das große Plus im Vergleich zu den Vorjahren ist, dass ich gesundheitlich keine Probleme habe. Hintergrund ist, dass ich eher etwas weniger trainiere und dem Körper mehr Zeit für die Regeneration gewähre", erzählt der WM-Teilnehmer von 2013 und 2015. "Außerdem habe ich von meinem Verein ein Wurfnetz in der Halle bekommen, so dass ich auch im Winter forciert werfen konnte." Welche Muckis ein Speerwerfer hat, bewies Lars Hamann außerdem im Winter im Gewichtheben, wo er für die Mannschaft seines Vereins in der Sachsenliga antrat.

Matthias de Zordo gibt Olympia-Traum nicht auf

Einer der ersten und einer der herzlichsten Gratulanten zur neuen Speerwurf-Bestleistung war Matthias de Zordo (SC Magdeburg), der in Dessau seinen ersten Wettkampf-Start fast auf den Tag genau drei Jahre nach seinem Achillessehnenriss bei den Halleschen Werfertagen 2013 absolvierte.

Der Weltmeister von 2011 kam mit seinem Anlauf noch nicht zurecht. "Ich habe überzogen", erklärte er zu seinen drei übertretenen Versuchen, bei denen der Speer noch nicht an die 80-Meter-Linie segelte. Eine Leistung in diesem Bereich traut sich der 28-Jährige zu. Er kämpft weiter für einen Ausreißer nach oben und seinen Traum von Rio. "Ich möchte noch einmal bei Olympia beweisen, dass ich zu mehr fähig bin, als in der Qualifikation rauszufliegen", so der Teilnehmer der Spiele von London (Großbritannien).

Nächste Chance auf einen gelungenen Wurf bietet das von Thomas Röhler mitorganisierte Meeting in Jena am Samstag (4. Juni) auf dem Wurfplatz Oberaue. Dort plant auch Lars Hamann seinen nächsten Start. Zudem plant er vor den <link>Deutschen Meisterschaften in Kassel (18./19. Juni) auch noch eine Reise zu einem Meeting in Kingston (Jamaika; 11. Juni). Dieser one way 8.500-Kilometer-Trip soll eine Generalprobleme für die dann angestrebte 10.000-Kilometer-Reise nach Rio werden. Voraussetzung ist natürlich, dass er einen der drei Olympia-Startplätze ergattert.

Endgültige Entscheidung um Olympia-Startplätze fällt erst nach Amsterdam

Mit Thomas Röhler (87,37 m), Lars Hamann (85,67 m) und Johannes Vetter (LG Offenburg; 84,38 m) haben schon drei DLV-Speerwerfer die Olympia-Norm übertroffen. Dazu erfüllten Julian Weber (USC Mainz; 82,69 m) und Andreas Hofmann (MTG Mannheim; 82,47 m) die EM-Norm (81,50 m). Bernhard Seiert (SC Potsdam) steht bisher bei 79,34 Metern.

Bundestrainer Boris Obergföll wird die endgültige Entscheidung über die Olympia-Starter erst nach der EM in Amsterdam (6. bis 10. Juli) treffen. Die aktuelle Stärke seines Kaders erklärt er mit kontinuierlicher Trainingsarbeit. "Es liegt immer am Team. Die Heimtrainer arbeiten gut mit ihren Athleten. Wir machen viel Biomechanik zusammen. Ich versuche Trainern und Athleten alle Möglichkeiten aufzuzeigen. Die Zusammenarbeit hat sich gefestigt. Das zahlt sich aus."

Die Kehrseite der Medaille ist, dass Athleten mit Final-Chancen in Rio zu Hause bleiben müssen. Mit Blick auf das Jahr 2017 kann der momentan Führende in der Diamond League-Wertung Thomas Röhler sich und seinen nationalen Kollegen einen großen Dienst erweisen, indem er die Gesamtwertung zum Saisonende auch für sich entscheidet. Dann hat er nicht nur selbst einen Startplatz bei der WM in London (Großbritannien) sicher, sondern beschert dem DLV auch wieder einen vierten Startplatz in der derzeit so stark besetzen Disziplin.

leichtathletik.TV:

<link video:14122>Lars Hamann knackt Olympianorm

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