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Malaika Mihambo – Erst die Knie stabilisieren, dann sieben Meter

In einer Serie stellt leichtathletik.de wieder die Athleten vor, die bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel erstmals national ganz oben standen. Heute: Weitspringerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz).
Jan-Henner Reitze

<link https: www.leichtathletik.de nationalmannschaft athletenportraet athlet detail malaika-mihambo>Malaika Mihambo
LG Kurpfalz

*3. Februar 1994
Größe: 1,70 Meter
Gewicht: 55 Kilo

Weitsprung

Bestleistung: 6,95 m (2016)
Olympia-Vierte 2016
EM-Dritte 2016
WM-Sechste 2015
U23-Europameisterin 2015
EM-Vierte 2014
U20-Europameisterin 2013
Deutsche Meisterin 2016

Wenn es um etwas geht, ist Malaika Mihambo immer voll da. Seit dem Jahr 2013, als sie noch der U20 angehörte und in dieser Altersklasse mit 6,70 Metern den EM-Titel holte, lieferte sie bei jedem ihrer internationalen Auftritte eine Top-Leistung ab und pirscht sich Stück für Stück an die Besten der Besten ihrer Disziplin heran. Vorläufiger Höhepunkt der jungen Karriere war Platz vier bei Olympia in Rio mit einer Steigerung auf 6,95 Metern und damit einer der besten Leistungen aus dem DLV-Lager überhaupt. Nur Olympiasiegerin Tianna Bartoletta (USA; 7,17 m), Brittney Reese (USA; 7,15 m) und Ivana Spanovic (Kroatien; 7,09 m) waren noch besser.

Wie schafft es die gerade einmal 22-Jährige DLV-Weitspringerin immer wieder, ihre Leistung auf den Punkt zu bringen? "Ich bin erfahrener geworden. Ich hatte schon einige internationale Wettkämpfe. Mit dieser Lockerheit konnte ich mein Potenzial abrufen", erklärt die Athletin ihre bravouröse Vorstellung auf der olympischen Bühne. Trainer Ralf Weber verweist darüber hinaus auf ein Zusammenspiel aus Talent, mentaler Stärke und dem im Training erarbeiteten Leistungsniveau.

Leistung auf den Punkt

"Wenn man ein Niveau von sieben Metern hat, kann man auch an einem schlechten Tag 6,80 Meter springen und in ein großes Finale einziehen. Ist man sich dem bewusst, stärkt das wiederum die mentale Komponente." Erfolg auf den Punkt ist aber nicht hundertprozentig steuerbar. Auch bei einer Meisterschaft könnte es in Zukunft einmal schief gehen. "Das versuchen wir natürlich zu vermeiden", so Ralf Weber. Dass auch Malaika Mihambo keine "Sprung-Maschine" ist, zeigte sich zuletzt bei dem ausgelagerten DM-Wettbewerb in Nürnberg 2015 als der Anlauf nicht passte und nur Rang neun herauskam.

Umso schöner das DM-Erlebnis in diesem Jahr. Nachdem sich die Athletin im Januar wegen entzündeter Patellasehnen im Knie schon fast vom Gedanken an die Olympia-Saison verabschiedet hatte, flog sie im zweiten Wettkampf der Saison im Kassler Auestadion zu ihrem ersten Titel auf nationaler Ebene. Der stellte sich als Durchgangsstation zu EM Bronze und damit zur ersten internationalen Medaille bei den Frauen heraus, sowie dem schon angesprochenen Olympia-Wettkampf in Rio mit Rang vier. "Ich hatte mit der Saison schon abgeschlossen. Deshalb war ich für jeden einzelnen Schritt nach vorne und dann jeden einzelnen Wettkampf dankbar", erzählt die U23-Europameisterin im Rückblick.

Vertrauen zu Trainer und Verein seit Jahren gewachsen

Bevor sie über ein Ferienprogramm in der Grundschule zur Leichtathletik kam, probierte Malaika Mihambo auch Judo und Ballett. Schnell wurde dann ihr Talent im Sprungbereich erkannt. Ihrem Verein, der LG Kurpfalz, ist sie von Kindesbeinen an treu, Ralf Weber übernahm die Betreuung. Als 15-Jährige landete die damalige B-Jugendliche in der Hallensaison 2010 bereits bei 6,17 Metern. Im Sommer 2011 folgte der erste Einsatz bei einer internationalen Nachwuchsmeisterschaft mit Rang neun bei der U18-WM. Seitdem ging es stetig aufwärts.

Die 22-Jährige bringt optimale Voraussetzungen für den Weitsprung mit: Sie ist federleicht und dennoch schnell und sprunggewaltig. In der langjährigen Zusammenarbeit mit Ralf Weber wurde dieses Talent behutsam gefördert und die Zubringerwerte ausgebaut.

Und auch an der Uni ist die von der Sporthilfe im Jahr 2014 zur Sportstipendiatin des Jahres gekürte Weitspringerin nicht aufzuhalten. Trotz des zeitintensiven Trainings schloss sie gerade ihren Bachelor in Politikwissenschaften an der Uni Mannheim in der Regelstudienzeit ab. Bei einem Praktikum soll der Kopf auch in den nächsten Monaten gefordert werden. Gleichzeitig rückt der Sport mit dem beendeten Studiengang etwas mehr in den Fokus.

Vermutlich keine Hallen-Saison

Das oberste Ziel der Trainingsarbeit in den bevorstehenden Herbst- und Wintermonaten ist es, die noch immer zeitweise schmerzenden Patellasehnen endgültig in den Griff zu bekommen. "Ich weiß, dieser Zustand ist trügerisch. Die Schmerzen können ganz schnell so stark werden, dass ich gar nicht mehr trainieren kann." Die Rehaübungen unter der Anleitung von Helmut Müller am Olympiastützpunkt Heidelberg werden fortgesetzt.

Unter diesen Vorzeichen ist es wahrscheinlich, dass die Höhepunkte der Hallensaison, wie schon in den vergangenen Jahren, ohne die Olympia-Vierte ausgetragen werden. Langfristig möchte Malaika Mihambo um internationale Medaillen mitkämpfen, auch bei Weltmeisterschaften und Olympische Spielen. Der Stellenwert der Hallensaison rückt angesichts dieser langfristigen Zielsetzung in den Hintergrund.

Dass für große internationale Medaillen künftig auch sieben Meter nötig sein könnten, ist keine Barriere im Kopf, an der sich die Athletin festzubeißen droht. "Ich nehme mir nicht vor, eine Weite zu springen, sondern mich zu verbessern. In der Summe der Wettkämpfe möchte ich mein Niveau steigern. Eine neue Bestleistung ist natürlich auch immer schön. Ich freue mich auch über 6,96 Meter."

Das sagt Bundestrainer Uli Knapp:

Malaika gelingt es sehr gut, sich auf Großereignisse zu fokussieren. Das war schon in der Jugend so und ging im Erwachsenbereich mit dem Sieg bei der Team-EM in Braunschweig 2014 nahtlos weiter. Der vorläufige Höhepunkt war dieses Jahr Olympia mit einer persönlichen Bestleistung. Das war etwas ganz Besonderes. Ihre große Stärke ist ein nahezu optimales Last-Kraft-Verhältnis. Für ihre Körpergröße ist Malaika extrem leicht, verfügt aber dennoch über enorme Schnellkraft. Sie kann im Absprung vertikal extrem beschleunigen und ist im Anlauf eine der schnellsten Weitspringerinnen. Malaika hat noch Potential im Bereich der Maximalkraft. Sie wird von ihrem Heimtrainer Ralf Weber in diesem Bereich sehr behutsam aufgebaut. Es ist gut, hier einen Schritt nach dem anderen zu machen, statt zwei auf einmal. Mit einer weiteren Verbesserung der Zubringerwerte im Kraft-, Sprint und Mehrfachsprungbereich kann sie ihr Niveau noch ein Stück anheben und bestimmt in ihrer Karriere eine der Springerinnen sein, die Weiten über sieben Metern erzielt. Da würde ich fast eine Wette abschließen. Malaika versteht es sehr gut, sich selbst zu motivieren. Sie hat auch ihr Studium sehr souverän bewältigt. Auch in dieser Hinsicht ist sie eine vorbildliche Athletin und gleichzeitig eine ruhige Person, die ihre Leistung nicht an die große Glocke hängt.

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