Markus Rehm will nach Rio. Und dort im Sommer nicht nur bei den Paralympics sein Weitsprung-Gold verteidigen. Der unterschenkel-amputierte Athlet will zuvor auch bei Olympia starten. Vom Leichtathletik-Weltverband fühlt er sich allein gelassen.
Prothesen-Springer Markus Rehm schließt bei seinem Kampf um ein Startrecht für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro selbst einen Gang vor Gericht nicht mehr aus. "Das ist die allerletzte Instanz. Aber wenn ich das Gefühl habe, respektlos behandelt und nicht ernst genommen zu werden, würde ich das in Erwägung ziehen", sagte der unterschenkel-amputierte Paralympics-Sieger aus Leverkusen in einem Interview der "Sport Bild" (Mittwoch). Der 27 Jahre alte Weitspringer fühlt sich vom Leichtathletik-Weltverband IAAF hängen gelassen: "Ich glaube, der Verband spielt auf Zeit."
Nach wie vor darf Rehm bei großen internationalen Meisterschaften nicht starten. Sein Ziel ist in diesem Jahr eine Doppel-Teilnahme in Rio: erst bei den Olympischen Spielen, dann bei den Paralympics. Rehms Problem sind die neuen Regeln der IAAF im Umgang mit nicht-gehandicapten Athleten. Demnach muss er nun selbst nachweisen, dass ihm seine Karbonprothese im Wettkampf mit anderen Sportlern keinen Vorteil bringt. Rehm ist dazu auch bereit und strebt seit langem ein umfassendes Gutachten an. Das ist aber sehr teuer.
Chance zur Inklusion oder unfairer Wettbewerb?
Der Weltrekordler (8,40 Meter) sagte, er habe im Dezember einen Brief an die IAAF geschickt, um die Kriterien dafür zu erfahren. Daraufhin sei nur die kurze Antwort gekommen, dass man mehr Zeit benötige. Auf erneute Nachfrage im Februar habe er die eine Antwort erhalten, die Rehm als "Witz" bezeichnete: "Es kam die Rückfrage, ob es denn überhaupt um mich ginge, weil wir die Kriterien für alle unterschenkel-amputierten Springer erfahren wollten."
Außerdem wolle sich die IAAF Daten von den Deutschen Meisterschaften 2014 holen, als Rehm überraschend den Weitsprung-Titel bei den Nicht-Behinderten gewann. Im vorigen Jahr sprang er ebenfalls am weitesten, startete aber außer Konkurrenz. Daten von 2014 zu liefern, erklärte Rehm, sei "nicht möglich", da die Messungen damals nur für "interne Trainingszwecke" erhoben wurden und "nicht konkret" sind.
Der neue Weltverbandspräsident Sebastian Coe habe zwar geschrieben, er wolle persönlich mit ihm sprechen: "Es hat sich bisher niemand gemeldet." Kritiker und auch zahlreiche Konkurrenten werfen Rehm vor, dass die Karbonprothese eine Federwirkung habe und ihm so Vorteile im Wettkampf verschaffen würde. Er selbst sieht einfach nur eine "Riesenchance für die Inklusion".
Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)