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Sebastian Bayer - Zwei olympische Ziele

Er hatte der Entscheidung mit Spannung entgegengefiebert und war einer der Ersten, die von ihr erfahren durften: Weitspringer Sebastian Bayer zählte am Montag zu den Gästen in der VIP-Lounge der Hamburger O2 Arena, als der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) seine Empfehlung für die Olympia-Bewerberstadt 2024 bekanntgab. Freude und Erleichterung machten sich breit: Seine neue Heimatstadt Hamburg geht ins Rennen um die Olympischen Spiele.
Pamela Ruprecht

Ein Blick in die Zukunft: Sebastian Bayer sitzt als Zuschauer im Olympiastadion von Hamburg. Der Weitsprung-Wettbewerb läuft. Zufrieden verfolgt der Hallen-Europarekordler diejenigen Athleten, die seit seiner Aktivenzeit in seine Fußstapfen getreten sind und nun in seiner Wahlheimat den Traum von Olympia leben.

Zurück ins Heute. „Ich bringe ich mich gerne weiter in das Projekt ein“, sagt Bayer über das mögliche Großereignis vor seiner Haustür. Schon in der Bewerbungsphase gehörte der Athlet vom Hamburger SV zu den Sportlern, die sich in der Initiative von Hamburg engagierten.

Die Sportler wurden gefragt, was bei dem Großereignis für sie von Bedeutung ist, „was für den Sportler wichtig ist, abseits dessen, was die schlauen Köpfe hinter den Türen planen“, sagt der Olympia-Fünfte von London (Großbritannien), der auch schon in Peking (China) am Start war. Ein Thema, das bisher selten, wenn nicht zum ersten Mal in die olympische Agenda aufgenommen wurde.

Perfekte Vorbereitung für Rio

In Sebastian Bayers Kopf sind deshalb zwei Szenarien von Olympia gespeichert: die ferneren Spiele 2024 und die näheren 2016 in Rio (Brasilien) - sein großes Ziel. „Dafür werden von Kopf und Körper nochmal Ressourcen freigesetzt, die man so gar nicht ansteuern kann“, beschreibt er die besondere Ausstrahlungskraft des Highlights. Dafür strebt Bayer eine optimale Vorbereitung mit so wenigen Problemen wie möglich an. Er will das Jahr 2015 perfekt in das Olympiajahr 2016 mitnehmen.

Das Jahr 2015, mit dem Höhepunkt der Weltmeisterschaften in  Peking (China; 22. bis 30. August), soll diesmal anders laufen als das Vorjahr. Dort stand nur ein Wettkampf mit einem Acht-Meter-Sprung, ein verheißungsvoller Saisonauftakt im Juni in Regensburg (8,05 m), bei dem es aber blieb. Der Tiefpunkt war bei der EM in Zürich (Schweiz) erreicht: das Aus in der Qualifikation.

Dafür gab es Gründe: Als der Springer und sein Team dachten, „alles ist gut, es kann richtig losgehen“ und die Vorfreude auf die Wettkämpfe da war, holte sich Bayer eine Blockade im Rücken. In der Folge entzündete sich ein Nerv im Bein, was ihn stark einschränkte. Probleme, die im Saisonverlauf unterschwellig immer da waren und Topleistungen verhinderten.

Glücksjahr 2009 – bestes Jahr 2012

Topleistungen hat Sebastian Bayer in der Vergangenheit viele in die Sandgrube gezaubert. 2009 flog er in der Halle 8,71 Meter weit – Europarekord. Und anschließen draußen 8,49 Meter. Er weiß heute, wie gut er damals trainieren konnte und wie schwierig es ist, im Training ohne Probleme durchzukommen. „Das war ein absolutes Glücksjahr“, bezeichnet er es rückblickend.

Dennoch betrachtet der 28-Jährige 2012 als sein bisher bestes Jahr. Mit dem Europameistertitel in Helsinki (Finnland) und dem mehrfachen Beweis, dass er konstant starke Weiten springen kann. Nur das Glück fehlte damals. Im Olympia-Finale von London verpasste er um zwei Zentimeter Bronze und um vier Zentimeter Silber. Und das in einem Weitenspektrum, in dem in etwa die WM-Norm (8,15 m) für Peking liegt.

Die beiden sehr erfolgreichen Jahre haben nicht so viele Spuren hinterlassen, wie man vielleicht denkt. Auf die Frage, was sich im Leben verändert, wenn man Europameister geworden ist und einen Europarekord aufgestellt hat, antwortet Bayer direkt: „Eigentlich nichts, außer dass man sagen kann, man ist Europameister und hat einen Europarekord.“ Was zählt, ist die Gegenwart.

Solider Saisonaufbau

Und was soll 2015 und 2016 passieren? „Klar versuchen mein Trainer und ich an diese erfolgreichen Jahre und Erfahrungen anzuknüpfen.“ Die Qualifikation für die Weltmeisterschaften soll natürlich her und mehr noch: „Eine gute Rolle im Weitsprung in der Welt spielen“, gibt der Athlet vom Hamburger SV als Richtung aus.

Der Aufbau für den Sommer läuft seit zwei Monaten „grundsolide“. Die Hallensaison ließ Bayer ausfallen, die Vorbereitungszeit war nach dem Ende seines Bundeswehrlehrgangs zu kurz gewesen und der Körper sendete Signale, die sagten es mache noch keinen Sinn Wettkämpfe zu bestreiten. In der „schönen“ Hansestadt, in die er letztes Jahr umzog, hat der Sportsoldat optimale Trainingsbedingungen drinnen wie draußen.

Traumhaftes Südafrika

Bessere Konditionen gibt es zu dieser Jahreszeit aber in Südafrika. Am Tag nach der Olympiastadt-Verkündung ging es am Dienstag mit dem Flieger nach Stellenbosch. Mit an Board seine Heimtrainingsgruppe, zu der Nadja Käther und Mario Kral gehören, und Bundestrainer Uwe Florczak.

„Das Land ist traumhaft.“ Wenn Bayer seine Tempoläufe, die er in Deutschland immer dienstags absolviert, analysiert, macht sich der Unterschied besonders bemerkbar. „Man läuft in Stellenbosch bei zehn Grad mehr und Sonnenschein einfach eine Sekunde schneller als beispielsweise bei Regen in Hamburg, ohne merklich mehr zu tun.“ Es ist ein Riesenvorteil, dem Klima in ein wärmeres zu entfliehen, das andere Nationen über weite Teile des Jahres haben.

Die anstehenden Trainingsinhalte setzen sich zusammen aus einem Drittel Kraft, einem Drittel Sprungkraft und einem Drittel Läufe, also Sprints und Tempoläufe. Die drei Aspekte müssen passen. „Wenn die stimmen, ist auch das Weitsprung-Ergebnis gut.“ Bis Rio hat sich Sebastian Bayer das Ziel gesetzt, „Leistungssport zu hundert Prozent zu machen.“ Nach der Olympiade setzt er sich aber keine Deadline.

Zukunft offen

Zwei Varianten sind möglich: „Wenn für mich 2016 der Moment gekommen ist, wo ich sage, es waren schöne Jahre im Leistungssport, könnte ich zwar mit einem weinenden Auge, aber guten Mutes die Spikes an den Nagel hängen.“ Dann wären es genau zehn in der A-Nationalmannschaft. Fühlt sich der mehrmalige Deutsche Meister noch fit und gut, hält er sich offen, 2017 und die Heim-EM in Berlin 2018 noch mitzunehmen. Er weiß aber, dass es von Jahr zu Jahr schwieriger wird.

Nicht leicht wird auch der weitere Streifzug von Hamburg in Sachen Olympiabewerbung, wenn es in die entscheidenden Runden geht und das Internationale Olympische Komitee im Sommer 2017 über die Vergabe entscheidet. Die Konkurrenz mit den anderen Städten wie Boston (USA) und Rom (Italien) sieht Sebastian Bayer sportlich: „Wir sollten uns dabei auf unsere Stärken konzentrieren.“ Das könnte auch für seine eigene Olympia-Mission gelten.

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