| Leute

Susen Küster – Mit Kopf und Technik in große Fußstapfen

Susen Küster (TSV Bayer 04 Leverkusen) war in diesem Jahr die beste deutsche Hammerwerferin. Mit 71,25 Metern machte sie auch in der ewigen Bestenliste einen Sprung auf Platz vier. In Zukunft will die 23-Jährige mit verbesserter Technik und kühlem Kopf sogar noch deutlich weiter werfen.
Philip Häfner

Das schönste Geburtstagsgeschenk machte sich Susen Küster in diesem Jahr selbst, und dann auch noch ein paar Tage zu früh. Sechs Tage vor ihrem 23. Geburtstag ließ sie den Hammer am 21. Juli bei einem kleinen Meeting in Halle (Saale) auf 71,25 Meter fliegen – ein neuer Hausrekord für sie und deutsche Jahresbestweite, 19 Zentimeter weiter als die bisherige Spitzenweite von Kathrin Klaas (LG Eintracht Frankfurt; 71,06 m). Sie übertraf damit auch die WM-Norm, allerdings war der Nominierungszeitraum zum Zeitpunkt des Wettkampfs eigentlich schon abgelaufen.

Doch Hammerwurf-Bundestrainer Helge Zöllkau war so beeindruckt von Küsters Leistung, dass er sie zur Nachnominierung vorschlug, die kurz darauf auch bewilligt wurde – drei Tage vor Küsters Geburtstag. „Damit hatte ich nicht mehr gerechnet, umso mehr habe ich mich darüber gefreut“, sagt sie.

Mit ihrem Wurf auf 71,25 Meter machte die Hammerwerferin auch in der ewigen deutschen Bestenliste einen Sprung auf Rang vier. Nur Betty Heidler (LG Eintracht Frankfurt), deren 79,42 Meter aus dem Jahr 2011 bis zum ISTAF 2014 in Berlin sogar Weltrekord waren, Kathrin Klaas (76,05 m; 2012) und die Leverkusenerin Susanne Keil (72,74 m; 2005) haben hierzulande jemals weiter geworfen.

WM zum Lernen

Bei den Weltmeisterschaften in London (Großbritannien) konnte Susen Küster dann jedoch nicht an ihre Vorleistung anknüpfen: Mit 62,33 Metern fehlten exakt acht Meter für den Einzug ins Finale - den letzten Finalplatz ergatterte übrigens Kathrin Klaas mit 70,33 Metern. Dabei war Susen Küster eigentlich gut in Form – einige Tage zuvor hatte die 23-Jährige in Kienbaum im Training sogar 72 Meter geworfen.

Doch in London habe sie sich dann angestellt, „als ob ich das erste Mal einen Hammer in der Hand hatte“, sagt Susen Küster selbstkritisch. Vor großer Kulisse im Olympiastadion von London spielten ihr die Nerven einen Streich. „Ich sehe es mal positiv“, sagt sie: „Jetzt weiß ich für die Zukunft, wie ich mit einer solchen Situation umgehen muss.“

Erfolg ist Kopfsache

Es war nicht das erste Mal, dass die Athletin an ihrem Kopf scheiterte. Als es nach einer Technikumstellung zu Beginn des Sommers nicht so recht klappen wollte mit den großen Weiten, verkrampfte sie. Erst Ende Juni, als sie die Saison schon beinahe abgeschrieben hatte und ohne Druck in den Ring treten konnte, lief es besser – prompt gelang ihr in Halle (Saale) mit 70,03 Metern der erste 70-Meter-Wurf ihrer Karriere. „Ich brauche einfach diese Lockerheit, um gut zu werfen“, sagt sie.

Doch diese Leistung ließ die Erwartungen gleich wieder steigen. Der deutsche Meistertitel schien möglich, stattdessen musste sich Küster bei den Titelkämpfen in Erfurt mit 63,93 Metern und Platz vier begnügen. „Danach war die Spannung wieder komplett weg“, erzählt sie. Ganz locker ging sie in den nächsten Wettkampf – und erzielte dort die bereits erwähnten 71,25 Meter.

Trainer René Sack als Konstante

„Es war eine holprige Saison mit einem positiven Abschluss“, fasst Susen Küster ihr Jahr zusammen. 2017 startete sie erstmals für den TSV Bayer 04 Leverkusen, nachdem sie zuvor schon das Trikot der Halleschen Leichtathletik-Freunde, des SC DHfK Leipzig und des SV Halle getragen hatte.

Trainiert wird allerdings immer noch in Halle (Saale) bei René Sack, mit dem sie seit nunmehr zehn Jahren erfolgreich zusammenarbeitet. Zu ihrer Trainingsgruppe zählen dort unter anderem Diskuswerferin Nadine Müller (SV Halle) und Kugelstoßerin Sara Gambetta (SC DHfK Leipzig) – beide ebenfalls WM-Teilnehmerinnen.

„René Sack ist der beste Trainer, den ich mir vorstellen kann und wie ein zweiter Vater für mich“, sagt die Werferin. Mit ihm könne sie auch über private Dinge reden, was sie für sehr wichtig hält. „Er weiß genau, wenn es mir einmal nicht so gut geht.“ Zusammen mit ihm hat sie ihre Technik schon deutlich verbessert, zuletzt die Hüftposition eingangs der ersten Drehung. Daran will sie weiter arbeiten; außerdem kam beim Videostudium heraus, dass ihr Abwurfwinkel momentan noch deutlich zu niedrig ist – bei 27 Grad statt wie im Optimalfall bei 36 Grad. „Das macht auch noch einmal fünf, sechs Meter aus“, meint Susen Küster. Das wären dann 77 Meter und mehr – eine Weltklasse-Weite.

In die Fußstapfen von Betty Heidler und Kathrin Klaas

Nachdem Betty Heidler den Hammer Ende 2016 an den Nagel gehängt hat und auch Kathrin Klaas wohl nicht mehr allzu lange im Ring stehen wird, sind neue Namen wie der von Susen Küster im Hammerwurf der Frauen sehr willkommen. Die gebürtige Bitterfelderin zählt zusammen mit der Deutschen Meisterin Carolin Paesler (LG Eintracht Frankfurt) sowie der letztjährigen Olympiastarterin Charlene Woitha (SCC Berlin) zu den Hoffnungsträgern in dieser Disziplin.

„Wir müssen jetzt zeigen, dass wir die Lücke schließen können, die Betty Heidler und Kathrin Klaas hinterlassen haben beziehungsweise hinterlassen werden“, sagt Küster. „Die beiden waren absolute Aushängeschilder unserer Sportart.“ Man dürfe allerdings auch nicht sofort solche Weiten erwarten, wie sie Heidler und Klaas einst erzielt haben: „Beide waren schon etwas älter, als sie ihre Bestleistung geworfen haben. Ein paar Jahre dauert es deshalb sicher noch, bis wir auch so gut sind, aber dann wollen wir international ebenfalls vorn mitmischen.“

Im nächsten Jahr will sich Susen Küster zunächst bei Weiten zwischen 69 und 71 Meter stabilisieren. „Ich muss konstanter werden“, sagt sie, „dann ist auch ein Ausrutscher in Richtung 72 Meter und mehr möglich.“ Ihr großes Ziel ist die Qualifikation für die Heim-EM in Berlin (7. bis 12. August), außerdem will sie bei den Deutschen Meisterschaften erstmals eine Medaille gewinnen – am liebsten gleich die goldene. Die Titelkämpfe 2018 in Nürnberg finden am 21./22. Juli und damit ein paar Tage vor Küsters Geburtstag statt. Vielleicht ist das ja ein gutes Omen für sie.

Teilen
#TrueAthletes – TrueTalk

Hier finden Sie alle Folgen des Podcasts des Deutschen Leichtathletik-Verbandes!

Zum Podcast
Jetzt Downloaden
DM-Tickets 2024