| Interview der Woche

Tobias Schreindl: "Krönung einer guten Saison!"

Bei den Deutschen Meisterschaften im Rahmen des 29. München-Marathons setzte sich am Sonntag bei idealen Bedingungen der Passauer Tobias Schreindl in persönlicher Bestzeit von 2:21:50 Stunden durch und durfte sich beim bayerischen Heimspiel zurecht feiern lassen. leichtathletik.de-Mitgarbeiter Wilfried Raatz sprach nach dem Rennen mit dem neuen Titelträger.
Wilfried Raatz

Tobias Schreindl, herzlichen Glückwunsch zum Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Wie fühlt sich das rund zwei Stunden nach dem Zieleinlauf im Olympiastadion an?

Tobias Schreindl:
Wie in einem Trainingslauf. Ich bin alleine mein Tempo im Bereich von 3:20 Minuten gelaufen, das wir im Training auch geübt hatten. Ich muss schon zugeben, dass mich die Situation überrascht hatte, weil keiner mitlaufen wollte. Oder nicht konnte, das kann ich natürlich nicht sagen. Ich habe dann einfach diese Situation ausgenutzt und bin mein Ding gelaufen!

Ihre beiden Starts zuvor beim München-Marathon waren stets von Risiko begleitet, am Ende wurden Sie allerdings dafür mit Plätzen auf dem Podium nicht belohnt. Warum haben Sie nach den Erfahrungen der letzten beiden Jahre nun schon wieder sehr früh die Flucht nach vorne ergriffen?

Tobias Schreindl:
Meine Füße sind gut gelaufen. Zweimal bin ich auf Biegen und Brechen gelaufen, beide Male ging es nicht gut. Beim dritten Male habe ich mir einfach nicht so viel vorgenommen. Ich war mental in einer anderen Verfassung. Aber es war für mich schon ein komisches Gefühl, dass ich nach knapp fünf Kilometern schon wieder alleine in Führung lief.

Haben Sie in der Vorbereitung in diesem Jahr anders trainiert, denn der von vielen Außenstehenden prognostizierte Einbruch kam heuer nicht - oder war zumindest nicht so gravierend wie in den beiden Jahren zuvor?

Tobias Schreindl:
Ich bin im Training fast alles alleine gelaufen. Einige Einheiten haben meine Kollegen Marco Bscheidl, Wolfgang Brandl und Giovanni Gonzales-Popoca mitgemacht, aber bei den schnellen Einheiten war ich natürlich alleine. Bei einer Arbeitszeit von täglich neun Stunden kommst du kaum auf einen hohen Kilometerumfang, deshalb sind 130 Kilometer die Regel. Im Urlaub kannst du dann vielleicht einmal auch 200 Kilometer laufen. Für eine Entwicklung im Marathonbereich reicht das natürlich nicht.

Betrachten wir einmal Ihre Saisonbilanz. Sie waren bei fast allen Deutschen Meisterschaften mit vorne dabei, sind starke Bestzeiten gelaufen, aber zu einem Platz auf dem Treppchen hat es nie gereicht. Und nun werden Sie auf Ihrer "Nebenstrecke" Deutscher Meister. Wird die Marathondistanz nun in Bälde zu Ihrer Hauptstrecke?

Tobias Schreindl:
Es stimmt schon, es ist die Krönung einer guten Saison! Ich war noch nie bei einer Deutschen Meisterschaft auf dem Treppchen. Aber ich sehe mich eher noch als Langstreckler. Die 10 Kilometer-Distanz gefällt mir recht gut. Und ich bin mit 25 noch jung genug, um auf der 10 Kilometer-Strecke zu bleiben. Den Marathon haben wir einfach mitgenommen und lediglich die 5.000 Meter-Meisterschaften in Ulm ausgelassen.

Sie arbeiten als Maschinenbauer in einer Firma in Zwiesel und sind eigentlich ein hoch ambitionierter "Feierabendläufer". Würde Sie nicht auch ein Leben als Laufprofi reizen, um ihre persönliche Leistungsgrenze auszuloten?

Tobias Schreindl:
Das könnte mich schon interessieren, wenn Sie mir einen Sponsor bringen. In Deutschland fehlt für eine professionelle Laufkarriere jegliche Förderung. Trotz meiner Steigerung in diesem Jahr interessiert sich beim DLV niemand für mich. Klar, habe ich schon einmal spekuliert, ob ich für zwei bis drei Jahre professionell laufen könnte. Eine 2:12 halte ich für mich schon für machbar, auch wenn es noch knapp 10 Minuten Abstand sind. Aber andererseits: Warum soll ich meinen super Job aufgeben, wenn man nicht weiß, dass man auf diese Stelle zurückkommen kann.

Es ist schon mehrfach der Begriff "Meisterschaft der zweiten Reihe" gefallen. Ist dies bei aller Freude über ihren Titel nicht ein Makel, der dieser Meisterschaft anhaftet?

Tobias Schreindl:
Natürlich ist ein Beigeschmack dabei! Aber andere müssen erst einmal hier antreten - und müssen durchkommen. Für mich bleibt die Feststellung: Es waren heute keine Schnelleren dabei. Und ich war der Allerbeste an diesem Tag.

In der Pressekonferenz haben Sie von einem "Heimspiel" gesprochen. Heißt dies für Sie: Wenn schon Marathon, dann wieder München? Auch wenn die Deutschen Marathon-Meisterschaften im kommenden Jahr in Frankfurt ausgetragen werden?

Tobias Schreindl:
Über 2015 mache ich mir heute natürlich wenig Gedanken. Aber der Berlin-Marathon würde mich schon reizen. Unter 2:20 Stunden möchte ich schon gerne laufen. Das hat aber heute die Rennkonstellation und auch die Strecke in München nicht hergegeben. Ich könnte mir allerdings auch vorstellen, einmal beim New York-Marathon zu starten. Denn diese Atmosphäre ist sicherlich einmalig auf der Welt. Wenn man schon Träume hat, dann könnte dies so einer sein!

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