Ein Großer der deutschen Sprint-Szene tritt ab: Tobias Unger beendet seine Karriere. Der Stuttgarter will sich in Zukunft ganz auf seinen Job als Athletik-Trainer des Fußball-Nachwuchs beim VfB Stuttgart konzentrieren. Am Sonntag wird er ein letztes Mal auf der Bahn stehen.
17 Jahre Leistungssport liegen Tobias Unger. Jahre, in denen er 15 Mal Gold bei Deutschen Meisterschaften holte. Jahre, in denen er internationale Medaillen mit der Staffel gewann. Viele Jahre, an die sich der inzwischen 34-Jährige gerne zurück erinnert. „Vielleicht war 2004 so mein schönstes Jahr als Sprinter“, sagt Tobias Unger.
2004 – da lief er als erster deutscher Sprinter seit 20 Jahren völlig überraschend ins 200-Meter-Finale der Olympischen Spiele in Athen (Griechenland) und wurde dort Siebter. Ein Jahr später holte er Silber bei den Hallen-Europameisterschaften über 200 Meter und verbesserte über eben diese Strecke den Deutschen Freiluft-Rekord auf 20,20 Sekunden. 2012 kam zuletzt mit dem Leverkusener Aleixo-Platini Menga ein anderer deutscher Athlet mit 20,33 Sekunden in die Nähe dieser Hausmarke.
Verhältnis zwischen Job und Sport passte nicht mehr
Die aufstrebenden jungen Athleten wie Menga sind es nun auch, denen Tobias Unger, der zuletzt 2012 eine Saison absolvieren konnte und hier EM-Silber mit der Staffel holte, die Bühne überlassen will. „Die Jungs sind so gut drauf und haben zuletzt sechs Wochen im Trainingslager in den USA so hart gearbeitet – mit ihnen möchte ich mich bei der DM nicht um den Einzug ins Finale streiten.“
Seit einem Jahr arbeitet Tobias Unger neben dem Sport als Athletiktrainer der U16- bis U19-Fußballer des Erstligisten VfB Stuttgart. „Mein Traumjob“, sagt Unger. Und auch der Grund, warum er nach seiner Knie-OP 2012 nicht mehr genügend Zeit für das Training findet und eben auch nicht mit dem deutschen Sprint-Kader nach Florida reiste. „Ich schaffe es neben meinem Beruf einfach nicht mehr, professionell zu trainieren“, sagt Tobias Unger.
Motivation hat gelitten
Dabei glaubt er, dass er seinen Job neben seinem Studium aber auch seinen sportlichen Erfolgen zu verdanken hat. „Im Sport gab es ja auch nicht nur Höhen für mich“, sagt er und meint dabei unter anderem das Staffel-Aus bei der WM 2009 in Berlin. „Aber das Durchkämpfen durch solche Zeiten ist ja auch eine Eigenschaft, die mir im Beruf weiterhelfen wird.“
Sein Abschied vom Leistungssport war ein schleichender Prozess. „Je mehr ich mich in meinen Job reingehängt habe, umso mehr hat die Motivation für das Sprinttraining gelitten“, gibt Tobias Unger zu. „Irgendwann war für mich klar, dass es das jetzt für mich war und ich die ganzen schönen Sprint-Jahre nun in guter Erinnerung behalten will.“
Letztes Rennen als Dankeschön
Sein letztes Rennen wird Tobias Unger am Sonntag (1. Juni) beim 6. sechsten Schüler- und Jugendsportfest des VfB Stuttgart bestreiten. Als Dankeschön, dass ihm der Verein auch im letzten Jahr noch einen Vertrag gegben haben, obwohl nicht sicher war, ob er überhaupt noch einmal einen Wettkampf für den Verein bestreiten könnt.
„Das wird eher ein Showrennen, bei dem ich den Staffelstab an einen der Stuttgarter Jugendlichen übergeben werde“, sagt Unger. Sein langjähriger Trainer Mickey Corucle wird dabei sein, ein paar Freunde – aber einen großen Abschied möchte Tobias Unger nicht. „Ich bin ja nicht aus der Welt. Im Herzen bleibe ich ja immer Leichtathlet.“