| Rückspiegel

50 Jahre Leichtathletik in Pliezhausen: Erfolgsgeschichte in der schwäbischen Provinz

„Die Zeichen der Zeit erkannt“ schrieb die Presse Anfang 1970 am Beginn einer bemerkenswerten Leichtathletik-Historie in Pliezhausen. Die Leichtathleten der 9.000-Seelen-Gemeinde südlich von Stuttgart haben in 50 Jahren mit sportlichen Erfolgen und vielen Veranstaltungen, darunter das Internationale „Läufermeeting der krummen Strecken“, eine nachhaltige Spur in der deutschen Leichtathletik gelegt.
Ewald Walker

„Leichtathletik in Pliezhausen hat eine Tradition der besonderen Art“, beschreibt der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) Jürgen Kessing den Standort im Schwäbischen, „insbesondere das jährliche Läufermeeting genießt einen sehr hohen Stellenwert.“

Die Gründung der LG Pfrondorf/Pliezhausen (am 20. Januar 1970) und die Einweihung der Kunststoffbahn im Schönbuchstadion (1972) – nach Stuttgart, Sindelfingen und Heidenheim die erst vierte in Württemberg – waren die Initialzündungen für die olympische Kernsportart am Schönbuchrand.

Die Geschwister Heidelinde und Christa Xalter bescherten dem in LG Schönbuch umbenannten Verein ab 1972 mit sechs deutschen Meistertiteln sensationelle Erfolge. „Pliezhausen umjubelt Meistermädchen Heide und Christa“ stand in den Zeitungen, bevor Heidelinde 1975 auf dem Stuttgarter Killesberg als 17-Jährige Deutsche Hallenmeisterin der Frauen im Weitsprung mit 6,36 Metern wurde. Sprinter Herbert Mutschler (PB: 10,3 sec) folgte 1979 in Bydgoszcz (Polen) als Junioren-Europameister mit der deutschen 4x100 Meter-Staffel.

Viele Großveranstaltungen

Neben den sportlichen Erfolgen machte sich Pliezhausen früh auch einen Namen als Ausrichter von Großveranstaltungen. 1975 gastierte beim Zehnkampf-Länderkampf Deutschland gegen Rumänien der spätere Weltrekordler und Olympia-Zweite Guido Kratschmer im Schönbuchstadion. „Die entspannte Atmosphäre hat mich zu überraschenden 8.005 Punkten beflügelt“, sagt Kratschmer im Rückblick.

Zahlreiche Landesmeisterschaften, die Länderkämpfe Württemberg gegen Katalonien (1986) und Württemberg gegen die Midlands (1993) belegen das große Veranstaltungsengagement Pliezhausens.

Das Internationale Läufermeeting ist längst zum Markenzeichen für Pliezhausen geworden und hat als „Meeting der krummen Strecken“ mit seinem besonderen Streckenangebot (80, 150, 300, 600 Meter usw.) seit nunmehr 34 Jahren eine besondere Stellung in der deutschen Leichtathletikszene.

Nationale und internationale Topathleten zu Gast in Pliezhausen

Nationale und internationale Spitzenathleten kamen bis heute ins Schönbuchstadion: die Olympiasieger Nils Schumann und Dieter Baumann, Sprinterin Melanie Paschke, Weltklasse-Sprinter Emanuel Tuffour (Ghana), Junioren-Weltrekordler Japhet Kimutai (Kenia), Marathon-Weltrekordler Patrick Makau (Kenia), der polnische 800-Meter-Europameister Marcin Lewandowski, 400-Meter-Europameister Ingo Schultz, Marathon-Rekordhalter Arne Gabius sowie die beiden aktuellen deutschen Laufstars Konstanze Klosterhalfen und Alina Reh und viele mehr waren da.

Pliezhausen entwickelte sich zu einer Mittelstrecken-Hochburg, insgesamt 15 deutsche Meistertitel gingen an den Schönbuchrand. In den 90er Jahren holten Benjamin Buck, Filmon Ghirmai und Tobias Ott bei den Deutschen B-Jugend-Meisterschaften in Rhede zwei Gold- und eine Silbermedaille im Trikot der SG Gomaringen-Pliezhausen und zudem den DM-Titel im Cross. Hürdenläuferin Dinah Hofmann als Junioren-EM-Teilnehmerin und Alice Reuss, Deutsche Juniorenmeisterin über 100 Meter, stehen ebenfalls für die Erfolgsgeschichte des Vereins.

Hindernisläufer Filmon Ghirmai avanciert zum Aushängeschild des LAC Pliezhausen. Der aus Eritrea stammende Sympathieträger mit den Rastalocken gewinnt 2002 in Wattenscheid seinen ersten deutschen Meistertitel und wird 2007 Europacup-Sieger im Münchner Olympiastadion. Insgesamt wird Ghirmai fünf Mal Deutscher Meister.

Mike Powell und Jarmila Kratochvilova

Mit dem Weitsprung-Weltrekordler Mike Powell (USA), dem ehemaligen Hürden-Weltrekordler Colin Jackson (Großbritannien) und 800-Meter-Weltrekordlerin Jarmila Kratochvilova (Tschechoslowakei) tauchen drei schillernde Figuren im Schönbuchstadion auf: Kratochvilova als Trainerin, Powell und Jackson begeistern rund 150 Kinder bei einem Showtraining.

Die krummen Strecken werden zudem zur „Wiege“ des Frauen-Hindernislaufs in Deutschland. Die Doppel-Europameisterin und zweimalige WM-Dritte Gesa Felicitas Krause, die Europameisterin von 2014 Antje Möldner-Schmidt und die Deutsche Crossmeisterin Elena Burkard starten in Pliezhausen ihre Hindernis-Karrieren.

2018 und 2020 DM-Gastgeber

2018 findet 46 Jahre nach Einweihung des Schönbuchstadions erstmals eine Deutsche Meisterschaft (10.000 Meter) in Pliezhausen statt, die 2020 am 9. Mai eine Neuauflage erfährt. Ein Tag später (10. Mai) folgt die 31. Auflage des Internationalen Läufermeetings.

„Ohne das Ehrenamt und die Sponsoren gäbe es das 50. Jubiläum in Pliezhausen nicht“, dankt DLV-Präsident Kessing den engagierten Machern und Helfern sowie der Gemeinde im Hintergrund.

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