| DM Straßengehen

3:43:44 Stunden: Jonathan Hilbert stößt in die Weltspitze vor

Die 50-Kilometer-Geher setzten am Samstag in Frankfurt mit drei Olympia-Normen das i-Tüpfelchen auf die DM im Straßengehen – allen voran Jonathan Hilbert, der sich mit einer gewaltigen Steigerung auf Platz sechs der ewigen deutschen Bestenliste vorschob. Über 20 Kilometer machten Nils Brembach und Saskia Feige mit überzeugenden Auftritten einen wichtigen Schritt auf der „Road to Tokyo“.
Silke Bernhart

„Das war super. Wirklich ganz stark. Mit dieser Steigerung hinten raus. Das war ein super Wettkampf. Da können wir wirklich stolz sein, auf alle Athleten und Trainer.“ Die Euphorie über die Resultate im 50 Kilometer Wettbewerb war Bundestrainer Ronald Weigel deutlich anzuhören, nachdem die Athleten am Samstag auf dem Frankfurter Messegelände die Ziellinie überquert hatten.

Vorausgegangen waren drei deutsche Olympia-Normen, gekrönt von einer herausragenden Zeit von Jonathan Hilbert (LG Ohra Energie). Der Thüringer hatte von Beginn an das Tempo bestimmt, sich schnell von seinen zwei Mitstreitern abgesetzt – und konnte trotz pfeilschneller erster Rennhälfte im zweiten Teil des Wettbewerbs sogar noch zulegen. Das Resultat: DM-Gold in 3:43:44 Stunden. Nur fünf Deutsche waren über 50 Kilometer je schneller. In diesem Jahr weltweit noch niemand. Und 2019 hätte er sich damit auf Platz 13 der Welt einsortiert.

Fokussierter Auftritt von Seiler und Dohmann

„Ich habe damit gerechnet, Olympia-Norm zu gehen“, sagte der 25-Jährige anschließend. „Aber dass es auf den letzten Kilometern so gut lief – keine Ahnung, wo ich das hergeholt habe!“ Ihm seien die Bedingungen entgegengekommen, „ich mag Regen, ich mag kühles Wetter“, bestätigte er, noch um Erklärungen ringend. „Das war das Ziel, auf das ich die letzten sechs, sieben Jahre hingearbeitet habe.“

Jubeln konnten nach fast vier Stunden Strapazen auch die beiden zweitplatzierten Nathaniel Seiler (TV Bühlertal) und Carl Dohmann (SCL Heel Baden-Baden). Die beiden Badener hatten mit dem Ziel Olympia-Norm (3:50 h) gemeinsame Sache gemacht und sich den Wettbewerb bestens eingeteilt. In 3:48:44 und 3:48:54 Stunden war das Werk vollbracht – sie unterboten nicht nur die Norm, sondern auch die Vorgabe von Karl Junghannß (Top Team Thüringen), der im Oktober in Dudince (Slowakei; 3:49:45 h) vorgelegt hatte. "Das haben die Zwei ganz diszipliniert und genau nach Zeitplan gemacht", sagte Ron Weigel.

Dritter 20-Kilometer-Titel für Nils Brembach

Seite an Seite hatten zuvor die vier deutschen Olympia-Kandidaten über 20 Kilometer die ersten Runden auf der 2-Kilometer-Schleife absolviert. Dann waren es Nils Brembach (SC Potsdam) und der junge Leo Köpp (LG Nord Berlin), die mit einer Tempoverschärfung ihren Konkurrenten Christopher Linke und Hagen Pohle (beide SC Potsdam) davonzogen.

Wie schon in 2015 und 2019 hatte am Ende Nils Brembach die besten Beine. Der 28 Jahre alte Fünfte der EM 2018 in Berlin schüttelte schließlich auch den rund fünf Jahre jüngeren Leo Köpp ab und holte sich in 1:21:37 Stunden die DM-Goldmedaille. Vielleicht noch entscheidender: Er blieb dabei auch unter dem noch geforderten Leistungsnachweis für die Olympia-Nominierung, nachdem er die Norm (1:21:00 h) schon im Jahr 2019 unterboten hatte.

"Neue Motivationsquelle für das Training"

Leo Köpp überzeugte dahinter mit neuer Bestzeit von 1:22:04 Stunden. Christopher Linke (1:23:09 h), als WM-Vierter mit Norm bereits mit den besten Karten für eine Olympia-Nominierung ausgestattet, hatte wie schon einige Male in der Vergangenheit mit Seitenstechen und Magenproblemen zu kämpfen und konnte noch nicht zeigen, was in ihm steckt. Hagen Pohle (1:23:33 h) tat sich nur drei Wochen nach seinem 50er in Dudince (Slowakei) noch schwer und muss nun weiter um die Olympia-Qualifikation kämpfen – vielleicht am 16. Mai bei der Team-EM der Geher in Podebrady (Tschechien).

"Das waren für die Bedingungen gute Leistungen", konstatierte der Bundestrainer, der die Potsdamer Athleten auch als Heimtrainer betreut. "Nils Brembach hat gut trainiert, das wussten auch die anderen. Ihm ging es hier um den Leistungsnachweis von 1:22:30 Stunden. Christopher Linke wird sich ein wenig ärgern, dass es mit dem Titel nicht geklappt hat. Aber er ist kein Kältegeher, er liebt die Wärme." Zudem sei der Formaufbau in Richtung Olympia ausgerichtet. "Jetzt wissen wir, wo wir stehen, und der Wettkampf war sicher eine Motivationsquelle, die auch das weitere Training beeinflusst."

Saskia Feige mit souveränem Solo

Einen weiteren eindrucksvollen Wettbewerb absolvierte als einzige Frau über 20 Kilometer Saskia Feige (SC Potsdam). Nachdem sie 2019 zuerst mit deutscher U23-Bestleistung und Olympia-Norm (1:30:40 h) und dann mit Platz elf der WM den Sprung in die erweiterte internationale Spitze geschafft hatte, holte sie sich in Frankfurt mit einem Solo in 1:31:37 Stunden ihren zweiten nationalen Titel.

"Wir brauchten hier keinen Druck aufzubauen", ordnete Ronald Weigel die Leistung ein – das Olympia-Ticket ist der Deutschen Meisterin aufgrund ihrer WM-Platzierung sicher. "Das war gut, solide, ganz alleine, nicht mal eine Minute über Bestzeit." Saskia Feige konnte unterstreichen: Die Form in Richtung Sapporo – wo die olympischen Wettbewerbe im Marathon und Gehen stattfinden sollen – stimmt.

In der männlichen U23 sammelten die jungen Potsdamer Jakob Johannes Schmidt (1:27:18 h) und Johannes Frenzl (1:29:01 h) erste Erfahrungen auf der 20-Kilometer-Strecke. Noch brachten sie ihnen keinen internationalen Richtwert ein, beide sind aber noch weitere zwei Jahre in der U23 und damit auch 2023 bei U23-Europameisterschaften startberechtigt.

15-jähriger Frederick Weigel in großen Fußstapfen unterwegs

In der männlichen U18 feierte mit Frederick Weigel der Sohn von Bundestrainer Ron Weigel seinen ersten nationalen Erfolg: Der 15-jährige setzte sich über 10 Kilometer in 46:33 Minuten durch. Er hatte anderthalb Minuten Vorsprung auf seinen ersten Verfolger, obwohl er nach drei Verwarnungen sogar 50 Meter vor dem Ziel noch eine Zeitstrafe von 60 Sekunden in Kauf nehmen musste. Ohne diese hätte Frederick Weigel sogar die Norm für die jüngst abgesagte U18-EM unterboten – nach nur einem Jahr Training bei Nachwuchs-Bundestrainerin Manja Berger und im ersten 10-Kilometer-Wettkampf.

"Es ist ein Anfang, man muss gucken, wo der hinführt", stellte sein erfolgreicher Vater fest. "Der Name Weigel kann auch eine Last sein, da will ich mich gar nicht einmischen, Frederick soll selbst sein Ding machen. Das Gehen ist eine technische Disziplin, an den Fehlern muss man arbeiten."

"Auch eine Würdigung für die Veranstalter"

Als erste Athletinnen waren am Morgen die Geherinnen der weiblichen U18 über 5 Kilometer im Ziel. Hier steigerte sich die junge Potsdamerin Lena Sonntag deutlich auf 24:09 Minuten und holte sich unangefochten den Titel. In der weiblichen U20 über 10 Kilometer gab es einen Doppelsieg für die Zwillinge Lena (49:51 min) und Sina Riedel (50:20 min) vom ASV Erfurt.

Dass die Deutschen Meisterschaften im Straßengehen auch in Zeiten der Corona-Pandemie – mit kleinen Teilnehmerfeldern sowie strengen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen – stattfinden konnten, hatten der Hessische Leichtathletik-Verband (HLV) mit der Stadt Frankfurt als Ausrichter gemeinsam mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) möglich gemacht. "Die Leistungen hier sind auch eine Würdigung für die Veranstalter, die das hier so perfekt organisiert haben", sagte Ronald Weigel. "Ihnen gilt ein großes Dankeschön!"

Zu den Ergebnissen...

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