| Haspa Hamburg-Marathon

Olympia-Normen für Ringer und Königstein, Koech läuft Streckenrekord

Welch ein Comeback! Nur neun Monate nach der Geburt ihrer Tochter hat Fabienne Königstein beim Hamburg-Marathon ihre Bestzeit pulverisiert und blieb mit 2:25:48 Stunden deutlich unter der Olympia-Norm von Paris. Das gelang auch Europameister Richard Ringer mit 2:08:08 Stunden und einer Punktlandung. Während Sieger Bernard Koech über 2:04:09 Stunden und einen neuen Streckenrekord jubelte, gab's bei den Frauen eine dramatische Entscheidung um den Sieg.
Martin Neumann / David Wenig

Marathon-Europameister Richard Ringer hat sich beim 37. Haspa Hamburg-Marathon am Sonntagvormittag für die Olympischen Spiele 2024 in Paris empfohlen. Der Rehlinger blieb als Sechster mit neuer Bestzeit von 2:08:08 Stunden exakt zwei Sekunden unter der Vorgabe für Paris. Eine Punktlandung! Lokalmatador Haftom Welday (Hamburger Laufladen) ging das Rennen noch mutiger an, brach aber auf den finalen Kilometern ein und belegte mit 2:09:40 Stunden Rang acht. An der Spitze führte Bernard Koech einen Dreifach-Erfolg für Kenia an. Der Routinier steigerte mit 2:04:09 Stunden außerdem den erst ein Jahr alten Streckenrekord um 38 Sekunden deutlich.

Bei den Frauen sah Tiruye Mesfin bis 200 Meter vor dem Ziel wie die sichere Siegerin aus. Doch dann verließen die Äthiopierin die Kräfte. Sie stürzte auf der Zielgeraden. Dorcas Tuitoek (Kenia) zog an der Konkurrentin vorbei und lief in 2:20:09 Stunden zum Sieg, Tiruye Mesfin folgte neun Sekunden später als Zweite. Mit neuem Rekord für Uganda wurde Stella Chesang (2:20:23 h) Dritte. Nur neun Monate nach der Geburt ihrer Tochter belegte Fabienne Königstein (MTG Mannheim) mit 2:25:48 Stunden Rang acht und blieb damit mehr als eine Minute unter der Olympia-Norm für Paris. Ihre Bestzeit steigerte sie dabei gleich um fast sieben Minuten.

Haftom Welday muss hohem Tempo Tribut zollen

Das schnelle deutsche Männer-Duo wählte– wie angekündigt – ganz verschiedene Renntaktiken. Während Haftom Welday mutig mit der Spitzengruppe mitlief und die Halbmarathonmarke nach 62:33 Minuten passierte, ließ es Richard Ringer ruhiger angehen. Der Europameister benötigte 92 Sekunden länger für die erste Rennhälfte. Damit lief Haftom Welday klar auf Kurs deutscher Rekord (Amanal Petros; 2:06:27 h) und war auf der ersten Streckenhälfte sogar 14 Sekunden schneller als seine bisherige Halbmarathon-Bestzeit.

Die Spitzengruppe von 13 Läufern blieb bis etwa Kilometer 27 zusammen, dann begann das erwartete Ausscheidungsrennen. 15 Kilometer vor dem Ziel fiel auch Haftom Welday zurück und musste fortan allein das richtige Tempo finden. Wenige Minuten später bestand die Spitzengruppe nur noch aus drei Läufern: den Kenianern Bernard Koech, Martin Kosgei und Joshua Belet. Tempomacher waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit von der Partie.

Bernard Koech verpasst das Zielband

Kurz darauf fiel auch Martin Kosgei dem hohen Tempo zum Opfer. Den fünf Kilometer-Abschnitt zwischen Kilometer 30 und 35 lief das Duo in superschnellen 14:12 Minuten. Die Entscheidung um den Sieg fiel kurz darauf bei einem Verpflegungsstand. Joshua Belet musste kurz stoppen, um seine Flasche zu greifen. Bernard Koech nutzte die Situation und legte schnell einige Meter zwischen sich und seinen Landsmann. Den Vorsprung ließ sich der Routinier nicht mehr nehmen und lief in 2:04:09 Stunden zum Sieg mit Streckenrekord. Die bisherige Bestmarke von Cybrian Kotut (Kenia) verbesserte er gleich um 38 Sekunden.

Debütant Joshua Belet folgte als Zweiter mit 2:04:33 Stunden und blieb auch noch unter dem alten Kursrekord. Martin Kosgei vervollständigte mit 2:06:18 Stunden den „Kenia-Sweep“. Das obligatorische „Zielband-Foto“ für den Sieger gab’s übrigens in Hamburg nicht. Denn der Sieger wählte den linken Zieleinlauf für die Staffeln, das Zielband war im rechten Einlaufkanal aufgespannt. „Ich bin ein gutes Rennen gerannt, wusste aber auch, dass ich meine persönliche Bestzeit wohl unterbieten muss, um zu gewinnen“, sagte Bernard Koech. „Ich habe vor dem Rennen oft mit Eluid Kipchoge gesprochen und er hat mir Tipps zur Strecke gegeben“, sagte der Kenianer. Der Weltrekordler hatte in Hamburg 2013 seinen Debüt-Marathon gewonnen.

Richard Ringer mobilisiert die letzten Kräfte

Haftom Welday konnte der Pace an der Spitze nicht mehr folgen und verlor auf den letzten fünf Kilometern deutlich an Boden. An der 40-Kilometer-Marke hatte Richard Ringer den Hamburger eingeholt und kurz danach überholt. Dabei investierte der Europameister auf der langen Zielgeraden die letzten Kräfte, um unter der Olympia-Norm zu bleiben.

„Zum Schluss musste ich noch einmal richtig fighten. Denn es war doch etwas windig. Bis Kilometer 30 habe ich mich richtig gut gefühlt, auch meine Pacemaker waren gut. Dann musste ich mich durchbeißen. Die Zuschauer haben mich da noch einmal gepusht. Ich habe mich besser gefühlt als bei der EM in München. Aber es ist natürlich anders, um Sekunden zu kämpfen oder um eine Medaille“, sagte Richard Ringer nach Bestzeit und Olympia-Norm.

Fabienne Königstein fast sieben Minuten schneller als je zuvor

Während Richard Ringer die beiden Halbmarathon-Abschnitte mit 64:05 Minuten und 64:03 Minuten fast gleichschnell lief, war Haftom Welday auf der zweiten Hälfte sechseinhalb Minuten langsamer als auf der ersten. „Leider hatte ich schon nach 15 Kilometern Magenprobleme. Trotzdem habe ich mich durchgekämpft. Es war das härteste Rennen meines Lebens, ich habe alles gegeben“, so der Hamburger.

Bei den Frauen legte Fabienne Königstein eine bemerkenswerte Vorstellung hin. Nur neun Monate nach der Geburt ihrer Tochter Skadi und wenige Tage nach der Entscheidung für einen Marathon-Start in Hamburg pulverisierte die Mannheimerin ihre Bestzeit. Eigentlich wollte Fabienne Königstein „nur“ den Halbmarathon in der Hansestadt absolvieren.

Tabea Themann verpasst Hamburger Rekord knapp

Die 30-Jährige lief fast zwei zeitgleiche Rennhälften. Zusammen mit ihrem Mann und Trainer Karsten sowie der Tochter hatte sich die Mannheimerin in Kenia auf das Comeback vorbereitet. „Ich glaube die Geburt hat sie mental stärker gemacht. Dass es so gut läuft, hat mich schon nervös gemacht“, sagte ihr Ehemann bei der NDR-Übertragung. Fabienne Königstein, die nach einer Babypause ihren ersten Marathon seit 2018 lief, ist nunmehr mit 2:25:48 Stunden die sechstschnellste deutsche Läuferin aller Zeiten.

„Ich bin das Rennen so mutig wie möglich angegangen, denn das ist mein Laufstil. Ich hatte für dieses Rennen kaum Marathon-Vorbereitung, wodurch natürlich die Erwartungshaltung in Zukunft noch größer werden wird“, sagte die 30-Jährige. „Es ist besser gelaufen als ich mir je erträumt hatte. Ich habe es noch gar nicht realisiert. Meine Schwangerschaft war problemlos und ich konnte schnell wieder ins Training einsteigen“, so Fabienne Königstein nach ihrem Überraschungscoup.

Als zweitbeste Deutsche lief Tabea Themann (TB Eilbeck) mit neuer Bestzeit von 2:31:52 Stunden auf Rang 15. Den angepeilten Hamburger Rekord von Mona Stockhecke verpasste sie damit nur um 22 Sekunden.

Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik...

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