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Amanal Petros nach Motivationsloch wieder voll Zuversicht

2020 – es war ein Jahr mit Hochs und Tiefs für Amanal Petros. Nachdem der Wattenscheider mit Halbmarathon-Bestzeit im Februar gestartet war, ließ Corona und die damit verbundene Absage der Olympischen Spiele ihn in ein Motivationsloch fallen. Doch spätestens seit seinem Sieg beim Frankfurter Halbmarathon ist das Tal durchschritten und er plant zuversichtlich seinen Start bei der Halbmarathon-Weltmeisterschaft in Gdynia.
Wolfram Marx

Die Freude über den ersten Lauf über die Halbmarathondistanz seit mehr als einem halben Jahr war Amanal Petros (TV Wattenscheid 01) im Ziel anzumerken. Er ging gut gelaunt durch den Zielbereich, klatschte sich mit dem Ellenbogen mit den anderen Läufern und den Betreuern ab. Er hatte auch allen Grund dazu. In 1:03:31 Stunde hatte er Mitte September den Halbmarathon auf dem Frankfurter Messegelände souverän gewonnen und sich gut vorbereitet auf die Weltmeisterschaft in Gdynia (Polen; 17. Oktober) gezeigt.

Von Anfang an bestimmte Petros zusammen mit dem Niederländer Ali Mohamed das Tempo und zeigte deutlich, dass der Sieger des Frankfurt Half Marathon Invitational eigentlich nur Amanal Petros heißen konnte. Während der sieben Runden auf der drei Kilometer langen Strecke zeigte er keine Schwäche und zog sein Tempo ohne Abstriche durch, auch nachdem er sich von Mohamed gelöst hatte.

"Man muss im Kopf wachsen"

„Die Strecke war nicht so schnell, und ich habe mich wegen des bevorstehenden Trainingslagers in St. Moritz zurückgehalten“, erklärte er. Die Tatsache, dass der Rundkurs durch das fast menschenleere Messegelände führte und coronabedingt keine Zuschauer an der Strecke standen, beeindruckte ihn nicht negativ. „Ein solcher Lauf ist eine Kopfsache und man muss im Kopf stark wachsen, daher ist er eine gute Vorbereitung. Es gibt keinen Grund zur Zurückhaltung, ich will eine gute Zeit, das ist mein Ziel."

Das Rennen war eine willkommene Abwechslung und ein Motivationsschub inmitten von trainingsintensiven Wochen: "Ich bin froh, dass es den Wettkampf überhaupt gibt. Wir haben so lange warten müssen, bis wir wieder bei einem Halbmarathon starten konnten. Ich bedanke mich bei Jo Schindler und seinem Team“, sagte Amanal Petros. Das Signal war für ihn und die außenstehenden Betreuer und Trainer deutlich: Die Vorbereitung für die Halbmarathon-WM in Polen stimmt.

Ziel: Bestzeit in Gdynia

Entsprechend optimistisch blickt Petros nun auf seinen nächsten Halbmarathon in Gdynia. „Ich will dort Bestzeit laufen, eine Zeit unter 62 Minuten ist mein klares Ziel.“ Die steht für ihn im Vordergrund, hinsichtlich der Platzierung wären die Top Ten für ihn ein Traum.

Die Titelkämpfe bilden für ihn zwar keinen vollständigen Ersatz für die Olympischen Spiele, doch er freut sich auf das Meisterschaftsrennen in einem internationalen Feld. Nach der WM soll es dann nur noch ein großes Ziel geben: Alles werde sich um Tokio drehen und darauf abgestimmt. „Ich werde dafür durchtrainieren, ich habe mit meinem Trainer Tono Kirschbaum darüber gesprochen“, verkündete Petros kurz nach dem Rennen in Frankfurt.

Ein Jahr mit Höhen und Tiefen

Bis er diesen Optimismus und seine gute Stimmung wiedergewonnen hatte, durchlief der Langstreckler wie so viele Menschen im Jahr der Corona-Pandemie auch ganz andere Phasen. Im Februar hatte er sich nach seiner Halbmarathon-Bestzeit (1:02:18 h) in Barcelona (Spanien) mit weiteren Athleten ins Trainingslager in Kenia aufgemacht. „Dort lief alles gut, es war klasse und ich war top in Form. Wir hatten starke Trainingsgruppen, tolle Athleten waren vor Ort. Mo Farah war dort, ich habe knapp zwei Wochen mit ihm trainiert, Arne Gabius brachte sich dort in Form, es lief bestens. Wir hatten eine spezielle Vorbereitung ausgearbeitet. Doch nach rund zwei Wochen bekamen wir dann das Schreiben vom DLV, dass wir wegen Corona wieder nach Deutschland zurückkehren sollen.“

Das habe dann die Pläne erst einmal komplett über den Haufen geworfen, denn eigentlich wollte er bis Ende März dort bleiben. „Das Ziel war der Europacup über 10.000 Meter in London im Mai. Dann folgten die Absagen für London und Tokio, auf einmal war dann alles vorbei“, blickte er frustriert zurück, nachdem er 2019 in London (Großbritannien) auf Platz zwei gelaufen war. Andere Marathonläufe standen auch nicht mehr zur Wahl, denn die Frühjahrsveranstaltungen wurden entweder in den Herbst verlegt oder komplett abgesagt.

Der Soldat der Sportfördergruppe der Bundeswehr fiel in ein tiefes Motivationsloch. „Ich habe dann erstmal eine Pause eingelegt, es ging einfach nichts mehr.“ Es dauerte bis Mai, bis der Wiedereinstieg ins Training erfolgte, doch primär war es zu Beginn Alternativtraining. „Sogar gewandert bin ich im Teutoburger Wald, dabei bin ich überhaupt kein Wanderer.“ Das entscheidende Datum für den kompletten Neustart war der 17. Mai, sein 25. Geburtstag. „Da habe ich wieder Motivation bekommen und habe auch sonst gemerkt, dass jetzt endlich wieder Training notwendig ist“, meinte er und blickte dabei lachend an seinem Körper hinunter. „Meine Freunde und meine Familie haben mir viel dabei geholfen, damit ich wieder Motivation gewinne.“

Einstiegsprobleme nach dem Motivationsloch

Dann kam der erste Wettkampf, ein Einladungslauf über 5 Kilometer am 12. Juli in Berlin. „Das hat nicht so gut geklappt, ich habe gemerkt, dass ich noch nicht so stark bin. Die letzten beiden Kilometer waren sehr hart.“ Ohne Wettkämpfe sei es sehr schwierig, sich zu motivieren. Wichtig ist für Amanal Petros ein Ziel und auch ein gewisser Druck. Doch der Wettkampf habe ihm geholfen, wieder in seinen alten Rhythmus hineinzufinden.

Damit war das nächste Ziel, die Deutschen Meisterschaften Anfang August in Braunschweig, klar. Doch auch hier lief es über 5.000 Meter nicht so gut wie gewünscht. Dabei sei das Training im Vorfeld „super“ gewesen. „Ich war dann aber ein bisschen erkältet und wir haben auch einen Coronatest gemacht. Nach dem negativen Ergebnis haben wir uns dann für den Start entschieden, doch es hatte noch nicht wieder gepasst“, sagte er unzufrieden.

Über Gdynia nach Valencia

Ihm ist anzumerken, dass er das schwache Ergebnis verarbeitet, mit dem starken Lauf in Frankfurt auch abgearbeitet hat. Die Form für die Weltmeisterschaft stimmt, in St. Moritz in den Schweizer Bergen arbeitet er an den letzten Feinheiten. „Der Erfolg und das Trainingslager sind eine gute Motivation für die Halbmarathon-WM. Die Stimmung steigt.“

Auch, weil mittlerweile sogleich das nächste große Ziele fixiert ist: doch noch ein Marathon-Start! Amanal Petros wird am 6. Dezember nach Valencia (Spanien) zurückkehren, wo er im Vorjahr in 2:10:29 Stunden ein starkes Debüt gefeiert hatte. Endspurt im Jahr 2020 – das für den Wattenscheider doch noch zumindest zu einer kleinen Erfolgsgeschichte werden könnte.

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