| Olympische Spiele 2021

Tokio Tag 6 | Wieder Hürden-Weltrekord für Sydney McLaughlin, Gesa Krause Fünfte

Mit Spannung erwartet wurde am sechsten Tag der Leichtathletikwettkämpfe bei den Olympischen Spielen vor allem das Finale über 3.000 Meter Hindernis. In einem unruhigen Rennen landete die Deutsche Rekordlerin Gesa Krause nach einem starken Schlussspurt auf dem fünften Platz. Die US-Amerikanerin Sydney McLaughlin machte es über 400 Meter Hürden dem frisch gekürten Olympiasieger Karsten Warholm nach und pulverisierte ebenfalls ihren eigenen Weltrekord. Bitter endete der Wettkampftag für Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul: Nach einem tollen Beginn musste er über die 400 Meter verletzt aufgeben.
Svenja Sapper

Olympische Spiele 2021 kompakt

Ein lachendes und ein weinendes Auge – so fiel die Bilanz der Deutschen Rekordlerin Gesa Felicitas Krause (Silvesterlauf Trier) nach ihrem Finale über 3.000 Meter Hindernis aus. Die zweimalige Europameisterin erreichte am Mittwoch bei ihren dritten Olympischen Spielen ihre beste Platzierung: Siebte in London (Großbritannien) 2012, Sechste in Rio de Janeiro (Brasilien) 2016 und nun Fünfte in Tokio (Japan). In exakt 9:14,00 Minuten lief sie schneller als in den Finals von London und Rio, doch zu einer Medaille sollte es nicht reichen (zum Video).

Waren die Läuferinnen während des ersten Kilometers noch dicht beieinander gewesen, zog die Vize-Weltmeisterin von 2017 Courtney Frerichs (USA) kurz nach der 1.000-Meter-Marke das Feld beherzt auseinander. Ein Antritt, für den sie mit Silber belohnt wurde, denn nur die WM-Fünfte Peruth Chemutai (Uganda) konnte noch an der US-Amerikanerin vorbeiziehen und siegte überraschend mit Landesrekord (9:01,45 min). Frerichs blieb in 9:04,79 Minuten Silber vor Hyvin Kiyeng (Kenia; 9:05,39 min). Mit einem tollen Finish konnte Gesa Krause noch die stark auftrumpfende Slowenin Marusa Mismas-Zrimsek abfangen, die in 9:14,84 Minuten ihren Landesrekord um zwei Sekunden verbesserte.

In einem unruhigen Rennen mit mehreren Strauchlern und der Disqualifikation der früheren Weltmeisterin Emma Coburn (USA) ging zwar für Gesa Krause der Medaillentraum nicht in Erfüllung, doch mit ihrem couragierten Rennen und insbesondere der schnellen letzten Runde war die WM-Dritte, die sich einmal mehr als stärkste Europäerin über ihre Spezialstrecke erwies, "definitiv zufrieden".

McLaughlin macht es Warholm nach – Weltrekord!

Am Dienstag hatten über 400 Meter Hürden der Männer Karsten Warholm (Norwegen) mit Weltrekord sowie Rai Benjamin (USA) und Alison dos Santos (Brasilien) mit der zweit- beziehungsweise viertschnellsten jemals gelaufenen Zeit für Furore gesorgt. Am Mittwoch zogen über dieselbe Strecke die Frauen nach. Sydney McLaughlin (USA), angereist als frischgebackene Weltrekordlerin und Topfavoritin auf den Olympiasieg, pulverisierte ihre eigene Bestmarke (51,90 sec) und rannte nach 51,46 Sekunden als Erste über die Ziellinie (zum Video). Ihre Landsfrau, Titelverteidigerin Dalilah Muhammad, zeigte in 51,58 Sekunden das Rennen ihres Lebens und gewann mit der zweitschnellsten jemals gelaufenen Zeit Silber.

Und wie im Männer-Finale erreichte auch bei den Frauen die Bronzemedaillengewinnerin die viertschnellste Zeit in der Geschichte: Die erst 21 Jahre alte Niederländerin Femke Bol unterbot in 52,03 Sekunden den Europarekord der Russin Yuliya Pechonkina (52,34 sec) – bis 2019 Weltrekord und eine Marke, die aufgestellt wurde, als Bol erst drei Jahre alt war.

Erste Olympiamedaille für viermaligen Weltmeister Fajdek

Als viermaliger Hammerwurf-Weltmeister, aber ohne eine Finalteilnahme bei Olympischen Spielen war der Pole Pawel Fajdek nach Tokio gereist. In London und Rio war jeweils bereits in der Qualifikation Endstation gewesen. In Tokio gelang ihm der Finaleinzug, dennoch sah es lange so aus, als würde ihm auch bei diesen Olympischen Spielen Edelmetall verwehrt bleiben. Erst im fünften Versuch schleuderte der mit 82,98 Metern als Weltjahresbester angereiste Pole den Hammer auf 81,53 Meter – zwischenzeitlich Platz zwei.

Ein Athlet war jedoch im Finale unantastbar – sein polnischer Landsmann, der Fajdek bereits 2018 bei den Europameisterschaften in Berlin besiegt hatte. Wojciech Nowicki übertraf in jedem seiner fünf gültigen Versuche die 80-Meter-Marke, sein weitester Wurf flog bis auf 82,52 Meter. Der Olympiasieg war ihm somit nicht zu nehmen. Im Kampf um Silber und Bronze fing der Norweger Eivind Henriksen Pawel Fajdek mit 81,53 Metern noch ab.

Der Norweger steigerte seine erst in der Qualifikation aufgestellte Bestleistung (78,79 m) im Laufe des Wettkampfes dreimal und übertraf diese Weite zudem in fünf von sechs Versuchen. Nach zwei Olympischen Spielen ohne norwegisches Edelmetall in der Leichtathletik ist der 30-Jährige nach Warholm nun bereits der zweite Medaillengewinner des skandinavischen Landes.

Erstes Olympiagold für Andre de Grasse

In einem taktisch geprägten 800-Meter-Rennen, das der Ozeanien-Rekordler Peter Bol (Australien) lange anführte, setzten sich schließlich zwei Kenianer durch: Emmanuel Kipkurui Kurir triumphierte in 1:45,02 Minuten vor Ferguson Cheruiyot Rotich (1:45,23 min). Bronze ging an den früheren 400-Meter-Hürden-Spezialisten Patryk Dobek (Polen; 1:45,39 min), der auf der Schlussgeraden an Bol vorbeizog.

Hatte Sprinter Andre de Grasse (Kanada) in Rio über 200 Meter noch mit der Silbermedaille hinter Weltrekordler Usain Bolt (Jamaika) vorlieb nehmen müssen, holte er sich fünf Jahre später sein erstes Gold ab. Der 26-Jährige benötigte einen Landesrekord (19,62 sec), um die starken US-Amerikaner Kenneth Bednarek (19,68 sec) und Weltmeister Noah Lyles (19,74 sec) hinter sich lassen zu können.

Dem erst 17-jährigen U20-Weltrekordler über diese Strecke Erriyon Knighton (USA) blieb in 19,93 Sekunden Rang vier, auch Joseph Fahnbulleh (Liberia) unterbot in 19,98 Sekunden die 20 Sekunden – eine olympische Premiere: Niemals zuvor liefen in der Geschichte der Olympischen Spiele fünf Athleten die 200 Meter in weniger als 20 Sekunden. In London 2012 waren es vier gewesen, in Rio hatten 20,12 Sekunden gar zu Bronze gereicht.

Warner auf Kurs, bitteres Aus für Niklas Kaul

Eine weitere Goldmedaille für Kanada könnte es bereits am Donnerstag geben: Götzis-Sieger Damian Warner ist auch im Zehnkampf von Tokio auf Kurs. 4.722 Punkte hat er an Tag eins gesammelt. Lediglich in Götzis (Österreich), wo er Ende Mai mit 8.995 Punkten glänzte, hatte er zur Halbzeit mehr Zähler auf dem Konto (4.743 pt, zugleich der beste erste Tag der Geschichte). Mit Einstellung seiner Zehnkampf-Weltbestleistung im 100-Meter-Sprint (10,12 sec) und einer olympischen Bestweite im Weitsprung (8,24 m) startete der WM-Dritte furios, legte im Kugelstoßen mit 14,80 Metern nach, ließ im Hochsprung einige Punkte liegen (2,02 m) und beendete den Tag in 47,48 Sekunden mit einer Saisonbestleistung über 400 Meter. Auf Rang fünf (4.340 pt) lauert Frankreichs Weltrekordler Kevin Mayer, Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) ist nach einem ersten Tag mit Höhen und Tiefen derzeit 13.

Vielversprechend hatte der Tag für Niklas Kaul (USC Mainz) begonnen. Mit 11,22 Sekunden über 100 Meter, persönlicher Bestleistung im Weitsprung (7,36 m) und 14,55 Metern im Kugelstoßen lag der jüngste Zehnkampf-Weltmeister aller Zeiten nach drei Disziplinen sogar besser im Rennen als bei seinem WM-Triumph. Nach einem blitzsauberen Hochsprung-Wettkampf, in dem er als Bester des gesamten Feldes seine fünf Jahre alte Bestleistung auf 2,11 Meter steigerte, schien der 23-Jährige so richtig durchzustarten – doch eine beim Hochsprung erlittene Stauchung des Sprunggelenks (zum Video) sorgte dafür, dass er den 400-Meter-Lauf mit einem geschwollenen Fuß unter Schmerzen abbrechen musste. So ereilte den Weltmeister auf bittere Art und Weise das vorzeitige Aus.

Ein Schicksal, das er mit der Siebenkampf-Weltmeisterin teilt: Katarina Johnson-Thompson (Großbritannien) konnte den 200-Meter-Lauf, der Tag eins im Siebenkampf beschließt, ebenfalls von Schmerzen geplagt nicht zu Ende bringen und schied somit vorzeitig aus dem Medaillenrennen aus. Der Weg scheint frei für Titelverteidigerin Nafissatou Thiam (Belgien), die jedoch ebenfalls einige Punkte liegen ließ und nach dem ersten Tag hinter Ex-Europameisterin Anouk Vetter (3.968 pt), die auf Kurs für einen neuen niederländischen Rekord liegt, und ihrer belgischen Landsfrau Noor Vidts (3.941 pt) mit 3.921 Punkten auf dem dritten Platz rangiert. 

Schäfer in Lauerstellung, Speerwurf-Duo im Finale

Auf Rang sieben mit 3.801 Zählern findet sich derzeit Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt) wieder. Die WM-Zweite von 2017 stellte ihre Qualität einmal mehr unter Beweis. Vier Saisonbestleistungen am ersten Tag, den die Frankfurterin in schnellen 13,29 Sekunden über 100 Meter Hürden begann, mit blitzsauberen 1,80 Metern im Hochsprung sowie einem Kugelstoß auf 13,99 Meter fortsetzte und in 24,33 Sekunden über 200 Meter beschloss, lassen auf eine starke Endplatzierung hoffen. Von den Medaillenrängen trennen Schäfer 120 Punkte.

In diese Regionen ist die zweite deutsche Starterin Vanessa Grimm (Königsteiner LV) noch nicht vorgestoßen. Der viertschnellste Hürdensprint ihrer Karriere (13,88 sec), die Einstellung ihrer Hochsprung-Bestleistung (1,77 m), gute 14,52 Meter mit der Kugel und 25,03 Sekunden über die halbe Stadionrunde bringen der Olympia-Debütantin derzeit 3.649 Punkte ein – Rang 18 nach Tag eins bei ihrer ersten internationalen Meisterschaft.

Auf das olympische Finale vorbereiten dürfen sich die Speerwerfer Johannes Vetter (LG Offenburg) und Julian Weber (USC Mainz). Während der Deutsche Meister Weber mit 84,41 Metern bereits im ersten Versuch die geforderte Qualifikationsweite (83,50 m) abhakte, musste der Weltjahresbeste Vetter dreimal zum Speer greifen (zum Video), bevor sein Wurfgerät auf 85,64 Meter und zur zweitbesten Weite des Tages segelte. Keinen guten Tag erwischte der Potsdamer Bernhard Seifert (68,30 m). Im 1.500-Meter-Halbfinale kam Caterina Granz nach dem Sturz einer Konkurrentin ins Straucheln und belegte in 4:10,93 Minuten Rang zehn. Trotz der Enttäuschung über das nicht optimal gelaufene Rennen konnte die Berlinerin mit ihrem Abschneiden bei den Olympischen Spielen und dem Halbfinal-Einzug am Ende glücklich sein.

Olympische Spiele 2021 kompakt

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