Zehn Athletinnen und Athleten, die noch nie einen Titel bei Deutschen Hallenmeisterschaften gewonnen haben, standen Ende Februar in Dortmund ganz oben auf dem nationalen Podium. Einige von ihnen sind schon länger Teil der DLV-Spitze, die meisten dagegen neue Gesichter. Wir stellen sie vor. Heute: Weitspringer Simon Batz (MTG Mannheim).
Simon Batz
MTG Mannheim
Bestleistung:
Weitsprung: 7,76 m (2021); 7,91 Meter (Halle; 2023)
Erfolge:
Deutscher Hallen-Meister 2023
Sein Absprung entspricht schon dem eines Top-Athleten, alles andere ist noch ausbaufähig. Simon Batz hat gerade erst angefangen, sein Leben voll auf den Weitsprung auszurichten. Trotzdem ist er in diesem Winter schon der Beste seiner Disziplin in Deutschland gewesen. Der Quereinsteiger gewann bei der Hallen-DM in Dortmund mit 7,86 Metern seinen ersten nationalen Titel. Schon vorher hatte er in Sindelfingen mit 7,91 Metern an der Acht-Meter-Marke gekratzt.
Was ist möglich, wenn auch Kraft, Schnelligkeit, Technik und Anlaufgestaltung die Qualität seines Absprungs haben? Das möchte der 20-Jährige gemeinsam mit seinem Trainer Sebastian Bayer in seinem neuen Trainingsumfeld in Mannheim herausfinden. Nächste Ziele sind vor allem, die körperliche Belastbarkeit und die Stabilität der Wettkampfsprünge auszubauen. Eine Zwischenstation im Sommer soll die U23-EM werden.
Weitsprung statt Feiern mit Fußball-Kollegen
In seiner Kindheit in seiner Heimat Offendorf in Bayern war Simon Batz über Jahre im Fußball-Verein. Sein Sprungtalent deutete er in der Schule zwar an, verfolgte es aber erst einmal nicht weiter. „Bei Bundesjugendspielen war ich der Beste in meiner Jahrgangsstufe“, erzählt der heutige Weitspringer. Fußball als Hobby Nummer eins stand aber nicht in Frage. „Bis es in meiner Mannschaft damit angefangen hat, dass Feiern und Alkohol wichtiger wurden und es weniger um den Sport ging. Mir war die Leistung aber immer wichtig.“
So probierte sich der damalige Schüler im Alter von 15 Jahren beim MTV 1881 Ingolstadt doch mal in der Leichtathletik. „Das war alles andere als professionell. Ich habe zwei, drei Mal pro Woche trainiert.“ Der damalige U18-Athlet nahm an seinen ersten Wettkämpfen bis auf Landesebene teil und landete im Weitsprung in seinem ersten Wettkampf-Jahr bei 6,54 Metern.
Mit seinem Sprungtalent war er in Ingolstadt in der lauforientierten Gruppe von Tim Madalinski allerdings nicht gerade an der richtigen Adresse. Deshalb wechselte der Neuling nach nur einem Sommer in Ingolstadt zu den Sportfreunden Essing und damit der LG Landkreis Kelheim. Denn dort waren mit Jörg Nowy und Günter Bachhuber zwei Trainer, deren Schwerpunkt die Sprungdisziplinen sind. „Sie haben großen Anteil daran, dass ich meinen Weg in die Leichtathletik gefunden habe.“
Ohne den Trainingsumfang zu erhöhen, ging es 2019 prompt über die Sieben-Meter-Marke und mit Bestleistung (7,22 m) zu Bronze bei der Jugend-DM in Ulm. Es folgte die Berufung in den Bundeskader, und der damals 16-Jährige bekam langsam einen Eindruck, was die leistungsorientierte Leichtathletik zu bieten hat. Eine Art Senkrechtstart. „Möglich war das auch dank der Unterstützung meiner Eltern, die mich zum Beispiel immer zum Training gefahren haben.“
Potential blitzt auf – Verletzungen bremsen aus
Auch das erste U20-Jahr verlief trotz aufkommender Corona-Pandemie mit jeweils Silber bei der Jugend-DM im Winter in Neubrandenburg (7,49 m) sowie im Sommer in Heilbronn (7,37 m) erfolgreich. 2021 deutete dann endgültig an, wie groß das Potential des Nachwuchsathleten ist, obwohl der Trainingsumfang mit drei bis vier Einheiten pro Woche überschaubar blieb und systematisches Krafttraining noch nicht zum Aufbau gehörte.
Bei der Hallen-DM in Dortmund steigerte sich Simon Batz auf 7,73 Meter und gewann im Alter von 18 Jahren Silber in der Männerklasse, nur zwölf Zentimeter hinter Sieger Maximilian Entholzner (LAC Passau; 7,85 m). Im Freien gelang ihm im Juni in München ein Sprung auf 7,76 Meter, was bis heute die Freiluft-Bestleistung markiert.
Danach meldete sich allerdings der Körper. Ein Sehnenanriss der Oberschenkelrückseite beendete die Saison vorzeitig und machte die Chancen auf einen Start bei der U20-EM in Tallinn (Estland) zunichte. Die Verletzung war auch ein Hinweis darauf, dass sich der Bewegungsapparat mit der Belastung der weiten Flüge schwertat und die Technik noch vom Optimum entfernt lag. Dieser Rückschlag tat den Plänen aber keinen Abbruch, den Sport nach dem gerade absolvierten Abitur mehr in den Mittelpunkt zu rücken.
Erst kleiner Schritt nach München, dann großer Schritt nach Mannheim
„Ich will nicht sagen, dass meine guten Sprünge bis zu diesem Zeitpunkt nur Glück waren. Aber sie waren Ausreißer. Ich hatte auch immer viele ungültige Versuche“, erzählt der Weitspringer. „Ich wollte zeigen, dass ich mehr kann. An Profisport habe ich dabei allerdings noch nicht wirklich gedacht.“ Er schloss sich der Sportfördergruppe der Bundeswehr an und wechselte in die Münchner Trainingsgruppe von Sebastian Kneifel.
So richtig kam Simon Batz dort aber nicht an. Im Winter wurde er wieder von einem Sehnenanriss im Oberschenkel ausgebremst. Die Wochenenden verbrachte er häufig bei seinen Eltern in seiner etwa eine Stunde entfernten Heimat. Mit 7,38 Metern stand als Bilanz des Jahres 2022 zwar bei der U23-DM in Wattenscheid der erste Titelgewinn auf nationaler Nachwuchsebene zu Buche, „aber irgendwie habe ich gemerkt, dass mich München nicht da hinbringt, wo ich hin möchte."
Und so entschloss sich der 20-Jährige, ganz auf die Karte Sport zu setzen und dafür weiter wegzuziehen. Seit Herbst lebt und trainiert er in Mannheim beim Hallen-Europarekordler im Weitsprung Sebastian Bayer. „Ich war von seinem Trainingskonzept überzeugt, das ich aus Erzählungen von HSV-Athleten wie Carl-Junior Mireku Boateng oder Nick Schmahl kannte.“ Außerdem startete ein Präsenzstudium an der Uni Heidelberg in Volkswirtschaftslehre und Politik. „Möglicherweise wechsele ich noch zu einem Fernstudium in Sportmanagement.“
DM-Titel aus verkürztem Anlauf
Im Training änderte sich einiges: Der Fokus wurde weniger darauf gelegt, in der zurückliegenden Hallensaison eine möglichst große Weite zu erzielen. Stattdessen standen von Koordination, Kraft über Technik und Schnelligkeit eher Grundlagen auf dem Programm. Profitieren kann Simon Batz von seiner Trainingsgruppe, zu der Hürdensprinterin Ricarda Lobe (MTG Mannheim) und die Sprinter Owen Ansah und Lucas Ansah-Peprah (beide Hamburger SV) gehören.
Im Wettkampf war die Anlaufgenauigkeit für Athlet und Trainer fast interessanter als das Ergebnis der Sprünge. „Ich möchte weniger dem Zufall überlassen, Struktur in den Anlauf bekommen, gültige Sprünge machen und mit Geschwindigkeit zum Brett kommen“, zählt Simon Batz seine Baustellen auf. Um das zu vereinfachen, wurde der Anlauf von 18 auf 16 Schritte verkürzt. „Auch deshalb war schwer vorauszusehen, welche Weiten in der Halle möglich sein werden.“
Er waren mit 7,91 Metern und 7,86 Metern so große wie nie zuvor in seiner Karriere, die ihn auch zum Titel bei der Hallen-DM führten. Je nachdem, wie viel Sicherheit in den kommenden Wochen im Anlauf dazukommt, ist eine Verlängerung im Sommer möglich. Die Norm (7,70 m) für die U23-EM in Espoo (Finnland; 13. bis 16. Juli) sollte also machbar sein. In erster Linie gilt es aber weiterhin Vorbereitungen zu treffen für hoffentlich noch deutlich weitere Flüge in den nächsten Jahren.
Video-Interview: Simon Batz: "Technisch gibt es noch viel rauszuholen"
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Simon Batz hat in der Vergangenheit einige Male angedeutet, was für ein Talent in ihm schlummert. Leider haben ihn immer wieder Verletzungen in seiner jungen Laufbahn zurückgeworfen. Simon trainiert seit letztem Jahr bei meinem ehemaligen Schützling Sebastian Bayer. Sebastian hat Simon behutsam aufgebaut. Entscheidend wird sein, dass die physischen Fähigkeiten an die hohe Leistungsfähigkeit angepasst werden. Die Steigerung von Simon bei den Süddeutschen Meisterschaften in Sindelfingen auf 7,91 Meter und der Gewinn des ersten deutschen Meistertitels bei der Hallen-DM in Dortmund sind bereits eine beeindruckende Entwicklung. Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass Simon bisher aus nur 16 Anlaufschritten gesprungen ist. Wenn Simon in den nächsten Jahren weitgehend von Verletzungsproblemen verschont bleibt, dann werden wir noch viel Freude an ihm haben. Das Talent einmal deutlich über acht Meter zu springen ist auf jeden Fall vorhanden.