Die Sommersaison ist in vollem Gange und einige Disziplinen machen aktuell besonders viel Spaß – etwa der Hürdensprint der Frauen. Gleich mehrere Athletinnen konnten bereits Zeiten unter 13 Sekunden auf die Bahn feuern. Eine von ihnen ist Franziska Schuster. Wir sprachen mit der 23-Jährigen über ihr starkes Comeback nach einer krankheitsbedingten Zwangspause im letzten Jahr sowie den aktuellen Boom im Kurzsprint.
Franziska Schuster – erst Regensburg, dann Dessau: In gleich zwei Rennen haben Sie es diese Saison schon geschafft, die 13-Sekunden-Marke zu unterbieten. Zuvor hatten Sie Ihre Bestzeit bereits auf 13,05 Sekunden verbessert. Was bedeutet Ihnen die Konstanz auf diesem hohen Niveau?
Franziska Schuster:
Ich freue mich sehr, dass es gerade läuft, wie es läuft. Vor allem nach dem letzten Jahr, in dem ich gar keinen Wettkampf machen konnte. Dann weiß man nie, wie man zurückkommt, und in der Halle hatte ich auch noch einige Probleme. Deswegen bin ich sehr glücklich, dass es jetzt so gut funktioniert. Zugleich habe ich das Gefühl, dass da noch was in mir schlummert. Die Konstanz ist erst einmal das Wichtigste. Irgendwann kommt dann ein Lauf, in dem es richtig knallen kann.
Eine gute Möglichkeit dafür bieten die Deutschen Meisterschaften in Dresden …
Franziska Schuster:
Das stimmt, die Anspannung dafür ist auf jeden Fall da. Das wird ein sehr spannendes Finale in Dresden, da wir momentan viele Mädels auf einem sehr hohen Niveau haben.
Kommen wir zunächst auf die 13 Sekunden zurück, die Sie Mitte Juni erstmals unterbieten konnten. Können Sie konkret ausmachen, was sich verbessert hat, damit Sie solch eine Zeit auf die Bahn bringen? Woran haben Sie verstärkt gearbeitet die letzten Monate?
Franziska Schuster:
Das ist ein Entwicklungsprozess und ich bin froh, dass es aktuell so gut funktioniert. In den letzten Wochen haben wir an der Hürde technisch einen höheren Fokus gelegt. Dadurch habe ich noch einmal ein anderes Verständnis für das Hürdenlaufen bekommen – generell dafür, wie und was ich machen soll. Das verbesserte Körpergefühl hilft in solch einer technischen Disziplin dabei, zu spüren, wo man was macht, um das entsprechend verbessern zu können. Hinzu kommt der Speed, der auf der Kurzhürde essenziell ist.
Wie Sie bereits angesprochen haben, hatten Sie im letzten Jahr nach einer guten Hallensaison im Sommer gar keine Wettkämpfe. Unmittelbar vor Saisonbeginn haben Sie die Diagnose Pfeiffersches Drüsenfieber erhalten. Wie blicken Sie auf die Zeit zurück?
Franziska Schuster:
Am Anfang war das erst einmal hart, als ich verstanden habe, was das für eine Krankheit das ist und was das für Auswirkungen haben kann – wie ernst man das in dem Fall nehmen muss. Als ich realisiert habe, dass das mit der EM in Rom nichts wird, war das der erste Herzschmerz. Zwar hatten wir es dann noch einmal versucht, mich für die Deutschen Meisterschaften fit zu bekommen, um eine kleine Chance auf die Olympischen Spiele in Paris zu haben. Aber wir haben schnell gemerkt, dass das mit dem Training noch nicht funktioniert und mein Körper zu stark darauf reagiert. Darum haben wir das Training wieder zurückgefahren. Ab dem Zeitpunkt habe ich es dann akzeptiert und mir ging es mental schnell besser. Ich habe dann weitergearbeitet und die Motivation ist dageblieben, da ich meine Konzentration auf viele andere Dinge gelegt habe, die mir auf dem Weg zurück helfen. Das Ziel war dann, ab Oktober in einen guten Aufbau zu starten – wenngleich ich gespürt habe, dass da Rückstände aus dem Sommer waren. Vor allem die Hürdenarbeit hatte gefehlt, weswegen ich in der Halle noch ein paar Probleme hatte und die Sicherheit noch nicht wieder da war.
War der Weg zurück aufgrund der Rückstände und Unsicherheiten dann eher mental oder körperlich eine größere Herausforderung für Sie?
Franziska Schuster:
Mental war nur der erste Monat schwierig, als ich noch gar nichts machen durfte und auch nicht wusste, ob ich im Sommer noch Wettkämpfe machen kann. Als ich wieder trainieren durfte, war ich vom Kopf her beschäftigt und es ging mental ganz gut. Anders war es beim Körper, da ich manchmal Symptome hatte, bei denen ich nicht wusste, ob die eine normale Reaktion auf die Belastung sind oder ob ich noch die Krankheit in mir habe. Das Vertrauen in den eigenen Körper war die größere Herausforderung.
Ist das auch ein Thema, das Sie mit DLV-Psychologin Tanja Damaske besprechen?
Franziska Schuster:
Zuletzt haben wir viel daran gearbeitet, das Selbstbewusstsein und die eigene Stärke aufzubauen. Im Winter hatte ich diese nicht, da ich zu verbissen rangegangen bin. Jetzt achte ich mehr darauf, wie der Lauf vom Gefühl her war und wie ich es beim nächsten Mal besser machen kann.
Nachdem Sie die letzten Monate einen vollständigen Aufbau absolvieren konnten – über welche Trainingsinhalte freuen Sie sich immer besonders und welche machen Sie eher nicht so gern?
Franziska Schuster:
Das Witzige ist, dass ich einfach alles liebe. Mir macht alles Spaß. Montags machen wir meist Beschleunigungstraining, dienstags ist Hürdentechnik auf dem Plan, mittwochs kommen Starts – je nach Trainingsphase –, donnerstags haben wir meist Krafttraining, freitags sind die Hürdenlangläufe und samstags die normalen Tempoläufe. Das ist die grobe Trainingsstruktur. Und mir machen alle Trainingseinheiten extrem viel Spaß.
Aufgrund der fehlenden Zeiten aus der Vorsaison gestaltet sich die Saisonplanung schwieriger für Sie, da Sie kaum Chancen haben, über das World Ranking in große Meetings reinzukommen. Wie sind Sie die Saison angegangen und wie flexibel müssen Sie dieses Jahr sein?
Franziska Schuster:
Das war wirklich eine Herausforderung – vor allem für meinen Trainer in Hinblick auf die Trainingsplanung. Bisher verlief die Saison sehr spontan. Teils wusste ich erst ein oder zwei Tage vorher, dass ich am Wochenende ein Rennen habe. Das finde ich aber nicht schlimm, weil ich dann etwas lockerer an die Wettkämpfe rangehe. Vor allem die internationalen Starts machen mir mit am meisten Spaß, da ich die Besetzung der Felder und deren Leistungsentwicklung nicht kenne.
Gibt es dennoch Höhepunkte und Ziele, die Sie sich für die laufende Saison gesetzt haben?
Franziska Schuster:
Vor der Saison hatte ich kein bestimmtes Ziel – wusste aber, dass es die Universiade gibt, bei der ich jetzt starten darf, dass die Deutschen Meisterschaften wichtig sind und dass es die WM in Tokio gibt. Nach den ersten Wettkämpfen bilden sich die Ziele jetzt langsam in eine Struktur: Bei der Universiade möchte ich mich so gut es geht präsentieren und ins Finale laufen. Die DM wird super spannend – da ist so viel offen und ich habe richtig Bock drauf. Tokio habe ich im Hinterkopf und versuche da trotz der B-Norm entspannt zu bleiben.
Sie haben auch die Deutschen Meisterschaften am ersten Augustwochenende in Dresden erwähnt. Wie empfinden Sie die aktuell enge Konkurrenzsituation im deutschen Hürdensprint?
Franziska Schuster:
Ich freue mich sehr, dass wir uns alle in die richtige Richtung pushen und gleich mehrere Läuferinnen Zeiten unter 13 Sekunden anbieten. Das macht richtig Spaß und genau das brauchen wir.
Eine positive Entwicklung findet nicht nur im deutschen Hürdensprint statt, sondern auch an der Weltspitze mit Zeiten nahe dem Weltrekord, der bei 12,12 Sekunden liegt. Das Niveau ist noch einmal ganz anders einzuordnen. Wie verfolgen Sie das als aktive Athletin?
Franziska Schuster:
Es ist krass, was auf dem Weltniveau gerade los ist. Das ist fast eine Sekunde schneller als das, was ich zuletzt im Vorlauf in Dessau gelaufen bin. Das ist unvorstellbar, wie das möglich ist. Ein Vergleich bringt mir aber nichts und es ist wichtig, sich glücklich zu schätzen für den Weg, den man bisher geschafft hat. Faktisch habe ich jetzt ein höheres Niveau und damit kann ich auch auf einem höheren Niveau trainieren. Es gibt immer Dinge, an denen ich arbeiten kann – und wenn du einzelne Probleme an jeder der zehn Hürden beheben kannst und es einen Push gibt, dann kannst du viel verbessern. Wir sind noch jung und da geht noch viel.