Es regnete Bestzeiten im 10.000-Meter-Finale der U23-EM. Drei davon gingen an die deutschen Läuferinnen, von denen sich zwei mit einer Medaille belohnen konnten. Kira Weis führte das DLV-Trio mit Silber an, Bronze ergatterte Carolina Schäfer. Die dritte Deutsche Nele Heymann konnte sich über Platz vier freuen.
Mittel- und Langstreckenrennen werden bei großen Meisterschaften häufig taktisch gelaufen. Nicht jedoch am Freitagabend. Verantwortlich dafür war vor allem Kira Weis (KSG Gerlingen). Die 21-Jährige setzte sich gemeinsam mit Teamkameradin Carolina Schäfer (TG Schwalbach) an die Spitze und zog das Feld auseinander. Die Irin Anika Thompson blieb den beiden DLV-Athletinnen jedoch dicht auf den Fersen. Auf dem fünften Kilometer musste die Hessin ein wenig abreißen lassen. So spitzte sich der Kampf um Gold zwischen Kira Weis und Anika Thompson zu, wobei die Gerlingerin die Tempoarbeit übernahm.
Erst zwei Runden vor dem Ziel blies die Irin erstmals zur Attacke. Doch Kira Weis konnte dranbleiben, wenngleich ihre Kräfte sichtbar schwanden. Auf der letzten Gegengeraden wurde ihr schließlich eine brenzlige Situation ein wenig zum Verhängnis: Zwei bereits überrundete Läuferinnen versperrten ihr den Weg, sie musste ausweichen, Anika Thompson zog davon und gewann in 32:31,47 Minuten. Grund, sich zu grämen, hatte Kira Weis jedoch keineswegs: In 32:36,52 Minuten überquerte sie jubelnd als Zweite die Ziellinie und durfte sich wie bei der U20-EM 2023 über Silber freuen. Zum ersten Mal blieb sie unter 33 Minuten.
Dahinter begeisterte die nächste Läuferin: Carolina Schäfer, die rund die Hälfte des Rennens ganz auf sich allein gestellt gewesen war, holte in 33:04,43 Minuten – ebenfalls Bestzeit – Bronze. Kurz darauf vervollständigte Nele Heymann (LG Brillux Münster) schon das deutsche Trio. Auf Platz vier gab es auch für sie in 33:27,48 Minuten eine neue Bestzeit – umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass sie erst kurz vor der U23-EM für die verletzt ausgefallene Lisa Merkel (LAV Stadtwerke Tübingen) ins deutsche Team gerückt war.
"Ein tolles Rennen"
"Ich wusste, ich muss es von vorne machen, eine andere Chance habe ich nicht, ich muss alles reinhauen", sagte Kira Weis. "Ich bin super happy mit Silber, auch weil die Vorbereitung nicht ganz optimal war, ich musste häufiger zu den Ärzten und Physiotherapeuten als geplant – daher gilt ein ganz großer Dank an alle im medizinischen Team, dass ich hier schmerzfrei laufen konnte. Ich glaube, ich brauche noch ewig, um das zu realisieren, diese Silbermedaille ist für mich noch wertvoller als in Jerusalem."
"Ich wollte vorne mitgehen, das ging am Anfang auch ganz gut, aber dann habe ich meinen Bauch gemerkt, vielleicht habe ich was Schlechtes gegessen", erzählte Carolina Schäfer. "Daher habe ich lieber Tempo rausgenommen. Aber ich wusste, ich kann das auch allein, ich bin auch schon die 10.000 Meter alleine von vorne gelaufen, auch wenn es in einer Gruppe natürlich besser schöner ist."
"Es war ein tolles Rennen", schwärmte Nele Heymann, "ich hätte nicht gedacht, dass ich jetzt noch mal deutlich schneller laufen kann, meine Bestzeit war ja Anfang Mai! Ich habe versucht, am Anfang nicht zu viel Gas zu geben, die Renneinteilung hat richtig gut funktioniert, und am Ende konnte ich mich auf meinen Spurt verlassen. Etwa 600 Meter vor dem Ziel habe ich daran geglaubt, dass ich noch Vierte werden kann."