| Glasgow 2019

Deutscher Silberregen in Glasgow oft Gold wert

Eine Hallen-Europameisterschaft mit Höhen und Tiefen – das waren die kontinentalen Titelkämpfe in Glasgow (Großbritannien) aus deutscher Sicht. Auch wenn das junge deutsche Team erstmals ohne Goldmedaille die Heimfahrt von einer Hallen-EM antreten muss, so haben die 27 Athleten neben viermal Silber und einer Bronzemedaille noch jede Menge wertvolle Erfahrungen im Rückreise-Gepäck.
Alexandra Dersch

„Wie viel ist bitte ein Zentimeter“, fragte Kugelstoßerin Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge; 19,11 m) nach ihrem Finale der Hallen-Europameisterschaften in Glasgow (Großbritannien). Kurz zuvor hatte sie im engsten Kugelstoß-Finale in der Geschichte der Titelkämpfe schmerzhaft erfahren müssen, dass die Winzigkeit eben dieses einen Zentimeters den Unterschied zwischen Gold und Silber ausmachen kann. Eine Erfahrung, die am Sonntagabend bittererweise noch zwei weitere DLV-Athleten machen mussten.

Ex-Europameister Max Heß (LAC Erdgas Chemnitz; 17,10 m), der sich nach langen Verletzungsproblemen in einem hochklassigen Finale eindrucksvoll auf dem Podium zurückmeldete, fehlte eben dieser eine Zentimeter im Dreisprung zu Silber. Bei Weitsprung-Europameisterin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz; 6,83 m) entschied dieser minimale Abstand gar zwischen Bronze und Blech – zuungunsten der Deutschen.

„Wie immer in der Mannschaft haben wir tolle Momente und Steigerungen gesehen. Und wir haben die eine oder andere Enttäuschung erlebt“, bilanzierte auch Idriss Gonschinska, Generaldirektor Sport im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Für zwei dieser tollen Momente sorgten auch Hürdensprinterin Cindy Roleder (SV Halle; 7,97 sec), deren sechste internationale Medaille silbern glänzte, und David Storl (SC DHfK Leipzig), der mit Silber nicht nur seine insgesamt 15. internationale Medaille holte, sondern mit 21,54 Metern auch seine beste Hallenweite seit 2014 erzielte.  

Junge Athleten lassen aufhorchen

Beeindruckend auch der Auftritt der beiden deutschen Lauftalente Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer 04 Leverkusen; Silber) und Alina Reh (SSV Ulm 1846; Platz vier) über 3.000 Meter. Während Konstanze Klosterhalfen in 8:34,06 Minuten um nicht einmal zwei Sekunden an ihrem eigenen deutschen Hallenrekord vorbeilief, schob sich Alina Reh mit 8:39,45 Minuten in der ewigen deutschen Bestenliste vor auf Platz zwei. „Konstanze Klosterhalfen zeigt sich stark entwickelt, musste aber eingestehen, dass eine Laura Muir eben derzeit noch stärker ist“, sagte Idriss Gonschinska.

Auch abseits dieser Leistungen und Medaillen feierte das junge Team viele sportliche Glücksmomente, wie etwa einen bemerkenswerten fünften Platz des mit 19 Jahren jüngsten DLV-Teammitglieds in Glasgow Andreas Bechmann (LG Eintracht Frankfurt; 6.001 Punkte) im Siebenkampf, den sechsten Platz über 3.000 Meter des DLV-Newcomers Amos Bartelsmeyer (LG Eintracht Frankfurt) oder auch den Finaleinzug des erst 20-jährigen Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar) über 60 Meter.

18 Athleten unter den Top Acht

Insgesamt platzierten sich 18 Athleten aus dem schlussendlich 27 Sportler umfassenden DLV-Team in ihren jeweiligen Events in den Top Acht. In der Nationenwertung landete die deutsche Mannschaft damit auf dem fünften Platz (66,50 Punkte), hinter den überragenden Briten (122,5), Polen (72), Frankreich (72) und Spanien (69).

Dabei hatte das deutsche Team schon vor Beginn der Wettkämpfe schmerzhafte Absagen zu verkraften. Darunter auch die von Medaillenkandidatinnen wie Dreisprung-Titelverteidigerin Kristin Gierisch (LAC Erdgas Chemnitz) und Hürdensprinterin Pamela Dutkiewicz (TV Wattenscheid 01), die beide als Europas Führende in Glasgow an den Start gegangen wären. Aber auch das verletzungsbedingte Aus der beiden Mehrkampf-Asse Arthur Abele (SSV Ulm 1846) und Kai Kazmirek (LG Rhein-Wied) wog schwer. Insgesamt waren dies allesamt Absagen von Athleten mit enorm hohem Medaillenpotenzial, deren Verlust keine Nationalmannschaft in Europa hätte adäquat auffangen können.

Verkleinertes Team

Hinzu kam, dass sich eine große Zahl leistungsstarker Top-Athleten schon im Vorfeld für eine langfristige Vorbereitung des Sommers entschieden hatte, in der die Teilnahme an der Hallen-EM keine Rolle spielte. Entsprechend deutlich verkleinert ging das DLV-Team (27 Athleten) im Vergleich mit der vorangegangenen Hallen-EM (45) in die Wettkämpfe.

Dass die angeschlagenen Athleten nun wieder zu ihrer Stärke zurückfinden, sei nun wichtig, betont Idriss Gonschinska. Denn: „Der Schwerpunkt in diesem Jahr liegt nicht auf einer Hallen-Europameisterschaft. Der Schwerpunkt liegt auf einer langen Sommersaison mit ihrem Höhepunkt bei den Weltmeisterschaften Ende September, Anfang Oktober in Doha.“ Eine Meisterschaft, die nicht nur aufgrund ihres späten Termins das Team und alle Athleten vor Herausforderungen stellt.

Blick Richtung Sommer

„Was den späten Termin angeht, haben wir genügend Erfahrung und verschiedene Trainingsmodelle entwickelt, um diese Herausforderung zu meistern“, sagt Idriss Gonschinska. Einige Athleten werden nach der abgeschlossenen Hallensaison vor dem Aufbau für die Sommersaison eine längere Pause einlegen. Vor allem die Athleten, die sich bei der Staffel-WM in Yokohama (Japan; 11./12. Mai) für die WM qualifizieren wollen, wählen das Modell, nach der Hallensaison direkt in den Aufbau für diese Meisterschaften einzusteigen und nach der Staffel-WM ihre Pause zu beginnen.

„Eine größere Herausforderung als der späte Termin ist bei der WM in Doha eher das Klima“, sagt Idriss Gonschinska, der neben den hohen Temperaturen jenseits der 40 Grad auch den Wechsel zwischen Außentemperatur und klimatisierten Räumen, zu denen auch das Stadion gehören wird, als Gefahr für Infektionen sieht. „Unsere Vorbereitung des Teams auf diese Meisterschaften hat bereits begonnen.“


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