| Karriere-Ende

Rückblende auf den großartigen Kugelstoßer Tomasz Majewski

Das Karriere-Ende nach den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro stand für Tomasz Majewski schon länger fest. In Zagreb hat er in der vergangenen Woche zum letzten Mal in seiner Profi-Karriere gestoßen. Nicht nur seine Erfolge bleiben in Erinnerung, sondern auch der Mensch Tomasz Majewski und die ganz besondere Rivalität mit einem Deutschen.
Nicolas Trinklein

Vor zwei Jahren musste Tomasz Majewski (Polen) verletzungsbedingt auf die Hallensaison verzichten und schon zu diesem Zeitpunkt verkündete er: Nach den Olympischen Spielen 2016 ist Schluss. Nach einem Bandscheibenvorfall hatte sich der Pole einer Operation unterziehen müssen. Die Spiele in Rio (Brasilien)? „Sie werden meine vierten und sicherlich meine letzten. Es wird dann auch meine letzte Saison sein“, sagte der damals 33-Jährige dem Sport-Informations-Dienst (SID). Kurz nach seinem 35. Geburtstag ließ er nun beim World-Challenge-Meeting in Zagreb (Kroatien) das letzte Mal die Kugel fliegen.

Seinen ersten internationalen Erfolg hatte Majewski in der Aktiven-Klasse bei den Hallen-Weltmeisterschaften 2004 in Budapest (Ungarn) mit einem vierten Platz gefeiert. Im Jahr 2007 folgte für den Pole ein Schlüsselmoment. Er verlor in der Halle bei den nationalen Meisterschaften gegen seinen Landsmann Jakub Giza. Sein Trainer Henryk Olszewski sagte nach dem Wettkampf, dass sie erst durch diese Erfahrung ein echtes Team wurden. „Nach diesem Wettkampf fing Tomek an meine Worte zu verschlingen. Er ist ein großartiger Athlet, aber ich schätze besonders den guten Menschen in ihm.“

Gelbes Kopftuch – „Damit es mir Glück bringt“

Bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking (China) lernte die ganze Welt den polnischen Kugelstoßer kennen. Mit persönlichem Rekord von 21,51 Metern gewann er die Goldmedaille und verwies Christian Cantwell (USA) mit unglaublichen 42 Zentimetern Vorsprung auf Platz zwei.

Als ihn danach ein Journalist fragte, ob das gelbe Kopftuch für ihn notwendig sei, antwortete der Pole: “Ich habe vor fünf Jahren angefangen es zu tragen, damit es mir Glück bringt. Es hat funktioniert, also werde ich es, glaube ich, immer tragen.“ Die Goldmedaille bedeutete alles für ihn. Sein Trainer Olszewski weinte, als er seinen Jungen auf dem Podium sah.

Olympia-Gold verteidigt – „Es ist eine große Sache, aber nur jetzt“

Majewskis Vorbild war schon immer sein Landsmann, der legendäre Kugelstoßer Wladek Komar, der in München 1972 Olympiasieger geworden war. „Wir haben uns nie getroffen, aber ich bin sicher, wir wären gute Kumpel gewesen. Ich weiß, dass er genauso ist, wie ich ihn mir vorstelle – demütig, altmodisch, ehrenhaft. Wir waren einmal in demselben Stadion, aber irgendwie habe ich ihn verpasst“, erzählte Majewski den damals anwesenden Journalisten.

Vier Jahre später, bei den Olympischen Spielen 2012 in London (Großbritannien), gelang Majewski als drittem Kugelstoßer überhaupt der zweite Olympiasieg in Folge. Eine Frage, die er immer wieder beantworten musste: Wie wird diese Leistung ihn und sein Leben verändern? „Das Kugelstoßen ist kein wirklich populärer Sport in Polen. Ich glaube es wird mein Leben verändern, aber nicht enorm. Es ist eine große Sache, aber nur jetzt”, meinte Majewski nach den Spielen. Nur um winzige drei Zentimeter geschlagen geben, musste sich damals sein Dauerrivale, der deutsche Kugelstoßer David Storl (SC DHfK Leipzig).

Dauerrivale David Storl

„Junger Kerl, großer Athlet“, lobte Majewski den deutschen Kugelstoßer. Der Pole schätzt seinen jungen deutschen Konkurrenten. Aber auch Storl fallen über Tomasz Majewski nur gute Worte ein: „Tomasz redet nicht bloß blöd daher. Er ist intelligent, und deswegen verstehe ich mich gut mit ihm“, sagte Majewski der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Immer häufiger setzte sich in den Jahren nach London der neun Jahre jüngere Deutsche durch. Auf zweimal WM-Gold folgte 2014 der EM-Triumph in Zürich (Schweiz). Nach der Pressekonferenz wurde Tomasz Majewski gefragt, ob Storl unantastbar sei. Er lachte und stupste den alten und neuen Europameister an: „Nee, schaut her, ich darf ihn noch berühren“, zitiert ihn ein Journalist der dpa. Humor – auch das zeichnete den zweimaligen Olympiasieger aus.

Deutschland gegen Polen, Youngster gegen Routinier, Schnelligkeit gegen Größe – oder einfach Storl gegen Majewski. Ausgenommen die WM 2009, als der US-Amerikaner Christian Cantwell gewann, teilten die beiden Europäer seit 2008 sechs Jahre lang die großen Titel unter sich auf. Storl holte 2011 und 2013 WM-Gold, Majewski entschied die olympischen Wettbewerbe 2008 und 2012 für sich.

„Einfaches Leben als Athlet“

Man muss nicht in die großen Stadien dieser Welt gehen um den Polen zu treffen. Er ist ein National-Held, der mit der U-Bahn zum Training fährt. „Es tut mir nicht weh auf, dem Weg noch ein paar Autogramme zu geben“, sagte Majewski dem Weltverband (IAAF). Er nutzte stets die Trainingsflächen der Sportuniversität, absolvierte seinen Master-Abschluss in Politikwissenschaften aber an der Kardinal-Stefan-Wyszyński-Universität in Warschau (Polen).

Der 35-Jährige war und ist ein begeisterter Leser und ein großer Filme-Liebhaber. In das Trainings-Zentrum Spala (Polen) mitten im Wald, 100 Kilometer von Warschau entfernt, nahm er immer Bücher und Filme mit. Der IAAF sagte er: „Spala war und wird immer mein Lieblingsort sein. Alles ist nur ein paar Schritte entfernt, sonst muss man gar nicht nach draußen gehen. Du trainierst einfach hart, erholst dich, isst und schläfst. Ein idealer Ort für ein einfaches Leben als Athlet.“

Ein Lieblingsort, der auch in gewisser Weise als Symbol für den Leistungssportler Tomasz Majewski gesehen werden kann, als den ihn die Leichtathletik-Welt in Erinnerung behalten wird: authentisch, bodenständig und trotz seiner großen Erfolge immer nahbar.

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