| Nur noch eine Karriere

Silvio Schirrmeister macht Schluss mit dem Leistungssport

Langhürdler Silvio Schirrmeister hat seine Karriere im Leistungssport beendet. Auf seiner Homepage bedankt er sich nicht nur bei seinem Trainer und Wegbegleitern, sondern spricht auch offen über Schwierigkeiten und Grenzen, an die er gestoßen ist.
Jan-Henner Reitze

Silvio Schirrmeister (Dresdner SC 1898)  war schon immer ein Athlet, der Fans und Öffentlichkeit an seinem Inneren teilhaben ließ. Offen berichtete er schon im vergangenen Jahr von dem Kampf, der sich in seinem Leben abspielte: Wie bekomme ich Sport und Job unter einen Hut? Schon im Herbst 2014 dachte der 26-Jährige darüber nach, die Spikes an den Nagel zu hängen. Er entschied sich dafür, noch einmal mehr auf die Karte Sport zu setzen, verkürzte seine Arbeitszeit bei der Sparkasse und nahm das Ziel Olympia 2016 fest ins Visier.

Zum Plan dorthin gehörte auch ein DLV-Trainingslager im April in den USA, wo die Weichen in Richtung einer erfolgreichen Saison mit einem ersten Test in 50,06 Sekunden über 400 Meter Hürden in Gainesville gestellt schienen. Zurück in Deutschland gelang im Mai keine Steigerung dieser Zeit, bei Team-EM oder Deutschen Meisterschaften fand sich der Name Schirrmeister nicht in den Startlisten.

Ende der Karriere

Was zu dieser Zeit in ihm vorging, beschreibt der Deutsche Meister von 2013 auf seiner <link http: www.huerdensprinter-nb.de danke-fuer-die-zeit _blank>Homepage: "Ich begann mein alljährliches Wettkampfsystem: Arbeit, Training, Arbeit, Training, Arbeit, Wettkampf. Zeiten für Regeneration und Wettkampfvorbereitung blieben auf der Strecke. Die eigenen Ansprüche wurden nicht mehr erfüllt. Sowohl beruflich als auch sportlich sind meine Ansprüche auf der Strecke geblieben. Das Schlimmste aber war, dass ich drohte mich selbst zu verlieren. Ich war im privaten nicht mehr ich selbst."

Silvio Schirrmeister zog die Notbremse - wieder einmal - und nahm eine Auszeit, in der er zu einem Schluss gekommen ist: "Ich beende meine sportliche Karriere. Ich sehe für mich keine Chance mehr, mein Leistungsniveau zu steigern und die olympischen Spiele erfolgreich zu erleben."

Diskussion um "Duale Karriere"

Als Hintergrund nennt der Olympia-Teilnehmer die duale Karriere aus Sport und Job, die zweimal 100 Prozent abverlange und ihn über seine physischen und psychischen Grenzen hinaus getrieben habe. Sportlich das Maximum rauszuholen, ist aus Sicht von Silvio Schirrmeister unmöglich gewesen. "Ich bin seit Beginn meiner dualen Karriere als ambitionierter Hobbysportler durch die Welt des Leistungssportes gegangen." Seine Kritik: "Das Land will Medaillen, aber in die zweite Reihe investieren will es nicht." An dieser Stelle möchte die von Diskus-Olympiasieger Robert Harting (SCC Berlin) mitinizierte Deutsche Sportlotterie ansetzen.

Auf die duale Karriere setzt unter anderem die Deutsche Sporthilfe. Ziel ist es, Sportler auf die Zeit nach dem Leistungssport vorzubereiten und Unternehmen auf die Vorzüge aufmerksam zu machen, die Athleten mitbringen, obwohl ihnen durch die Zeit im Leistungssport Erfahrung im Job fehlt - etwa die Fähigkeit mit Druck umzugehen oder sich diszipliniert zu organisieren.

Außerdem soll die duale Karriere auch ermöglichen, berufliche Ziele für die spätere Zukunft zu verfolgen, auch wenn der Schwerpunkt momentan noch auf dem Sport liegt. Ein schwieriger Balance-Akt, für den es auch eine Reihe positiver Beispiele gibt. Die meisten aktiven Athleten studieren oder sind bei Bundespolizei beziehungsweise Bundeswehr. Job und Sport verbinden zum Beispiel Speerwerferin Linda Stahl (TSV Bayer 04 Leverkusen) als Ärztin oder Hürdensprinterin Nadine Hildebrand (VfL Sindelfingen) als Juristin. Weitspringerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) ist 2014 als "Sportstipendiatin des Jahres" ausgezeichnet worden. Auch im Anti-Doping-Kampf spielt die duale Karriere eine Rolle: Nicht vollkommen auf den Sport setzen, so dass der Erfolg eventuell mit allen Mitteln gesucht wird.  

Schöne Erinnerungen bleiben

Silvio Schirrmeister möchte das nicht mehr. Von seiner Zeit auf der Bahn will er die positiven Momente in Erinnerung behalten. Im Jahr 2007 wurde er U20-Europameister. 2013 gewann der Dresdner als bisher einziger DLV-Athlet bei einer Team-EM mit Bestzeit (49,15 sec). 2012 ging er bei den Olympischen Spielen in London (Großbritannien) an den Start.

Einen besonderen Dank richtet der gebürtige Neubrandenburger an seinen Trainer Ulf Müller und seinen Arbeitgeber. Kompromisse will er in Zukunft keine mehr eingehen und neben dem Beruf endlich Zeit fürs Privatleben haben.

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