Der Leichtathletik-Weltverband IAAF hat die Konsequenzen aus der Korruptionsaffäre um den früheren Präsidenten Lamine Diack gezogen.
Auf einem Sonderkongress am Samstag in Monte Carlo wurde am Samstag vom Weltverband IAAF eine umfassend reformierte Satzung mit der notwendigen Zweidrittel-Mehrheit verabschiedet. Von 197 Delegierten stimmten 182 dafür, zehn Funktionäre votierten gegen die Reform.
Mit der neuen Satzung soll in Zukunft Betrug und Machtmissbrauch in der IAAF verhindert und mehr Transparenz geschaffen werden. Außerdem gibt die Reform-Satzung den Athleten mehr Rechte. Auch wird für den Kampf gegen Doping ab 1. Januar 2017 das unabhängige „Integrity Unit Board“ verantwortlich sein.
Die IAAF reagierte mit der Reform auf die Aufdeckung der Korruptionsaffäre um den früheren Präsidenten Lamine Diack vor einem Jahr. Der Senegalese hatte mit Komplizen unter anderem gegen Geld Doping-Tests vertuscht und sich möglicherweise auch auf andere Weise illegal im Amt bereichert.
Dr. Clemens Prokop: "Ein wichtiger Schritt"
Ebenso wurden mit den Erneuerungen auch die Lehren aus dem Skandal um systematisches Doping in Russlands Leichtathletik-Verband gezogen, der immer noch suspendiert ist und von den Olympischen Spielen in Rio ausgeschlossen worden war.
"Das ist ein wichtiger Schritt gegen Betrug, Korruption und Doping", kommentierte Dr. Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, die verabschiedete Reform und sprach von "einem Meilenstein". Diese Satzung könne auch Vorbild für andere internationale Verbände sein.
"Wir können das nicht ein zweites Mal geschehen lassen und müssen unseren Sport schützen", sagte IAAF-Präsident Sebastian Coe zu Kongressbeginn. "Keine Person im Verband darf mehr unkontrollierte Macht haben. Deshalb wollen wir ändern, was offensichtlich nicht funktioniert hat."
Sebastian Coe: "Guter und historischer Tag"
"Das ist ein guter und historischer Tag für unseren Sport", stellte der Brite am Abend auf einer Pressekonferenz fest. Aus seiner Sicht wurde ein wichtiges "Sicherheitsnetz" geschaffen. Er stellte aber auch klar, dass es nun darum geht, alles dafür zu tun, "dass man auf dem Weg in eine sichere Zukunft" sei.
Er begrüßte auch die Diskussionen und die Wortmeldungen beim Kongress, die den Weg zu dem klaren Votum ebneten. "Wir sind damit jetzt in einer besseren Verfassung, als wir das noch am Morgen waren. Ich wusste, dass wir etwas tun, dass wir etwas verändern müssen. Die Vorschläge waren dazu da, um uns zu beschützen."
Rechte von Athleten gestärkt
Die neue Satzung beschränkt die Befugnisse und Macht des Präsidenten und enthält verschiedene Kontrollmechanismen. So wird das Council nur noch für den Sport zuständig sein, ein neues Executive Board und ein Geschäftsführer kümmern sich ums Tagesgeschäft und die Finanzen. Außerdem werden die Amtszeit des Präsidenten auf zwölf Jahre begrenzt, das Führungspersonal von einer unabhängigen Kommission überprüft und die Anti-Doping-Maßnahmen von einem ebenfalls unabhängigen Integrity Unit Board verantwortet. Gestärkt werden zudem die Rechte der Athleten und die Gleichberechtigung der Frauen.
Ausdruck der Erneuerung war, dass zu Beginn frühere und aktuelle Athleten zu Wort kamen. "Wir müssen bereit sein, etwas zu verändern", appellierte der frühere äthiopische Weltklasseläufer Haile Gebrselassie an die Delegierten. Auch Andreas Thorkildsen, der norwegische Speerwurf-Olympiasieger von 2004 und 2008, machte aus Sportler-Sicht die Notwendigkeit der Erneuerung eindringlich deutlich: "Die Reform hat mit Vertrauen und Transparenz zu tun, Vertrauen in den Verband und in den Anti-Doping-Kampf."
Die wichtigsten Eckpunkte der reformierten Satzung:
PRÄSIDENT: Die Macht des IAAF-Präsidenten wird beschränkt, seine Amtszeit auf zwölf Jahre begrenzt. Ein Weisungsrecht für die hauptamtlichen Mitarbeiter hat er nicht mehr.
CHIEF EXEKUTIVE OFFICER: Ein Chief Exekutive Officer (CEO) ist für das Tagesgeschäft, die Führung der Mitarbeiter und der Aufstellung sowie Kontrolle des Budgets verantwortlich. Seit 1. Oktober ist Olivier Gers der erste CEO der IAAF.
COUNCIL: Die Aufgaben des Councils werden auf die sportlichen Belange reduziert. Es soll der «Wächter des Sports» sein, Wettkampfregeln verabschieden, Ausrichter von Welttitelkämpfen auswählen und über den weltweiten Terminkalender entscheiden. Dem Council werden zukünftig zwei Athletenvertreter angehören. Einen Schatzmeister wird es nicht mehr geben.
EXEKUTIVE BOARD: Das Exekutive Board soll der «Wächter der IAAF» sein und sich um die Finanzen des Weltverbandes kümmern. Dazu gehört die Aufstellung des Haushaltes. Auch dem Board gehören der Präsident und seine vier Vizepräsidenten sowie der CEO an. Außerdem können drei unabhängige Experten in das Gremium berufen werden.
INTEGRITY UNIT: Das unabhängige Gremium ist für Doping- und Integritäts-Angelegenheiten zuständig. Es wird das Management der geplanten 6000 Doping-Tests sowie die Verfahren und Sanktionierung bei Vergehen übernehmen. Den Vorsitz soll eine externe Person übernehmen. Die Integrity Unit nimmt die Arbeit am 1. April 2017 auf.
VERHALTENSKODEX: Es gibt einen neuen Verhaltenskodex (Integrity Code of Conduct), der Regeln für Anti-Doping, Manipulation im Sport, illegale Wetten und Korruption enthält.
VETTING PANEL: Diese unabhängige Kommission überprüft Kandidaten und gewählte Mitglieder von Council, Exekutive Board oder Integrity Unit, ob sie fähig sind, die jeweilige Position auszuüben und nicht in irgendeiner Weise vorbelastet sind.
Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)