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Weitsprung-Legende Bob Beamon wird 75 – Weiter Sorgen wegen Rassismus

Der Weltrekord gehört Bob Beamon schon seit 30 Jahren nicht mehr, sein legendärer 8,90-Meter-Sprung bei Olympia 1968 bleibt trotzdem eine der größten Leistungen der Sport-Geschichte. Im Kampf gegen Rassismus sieht der US-Amerikaner nicht wirklich Fortschritte.
dpa/sb

Sein sagenhafter Satz auf 8,90 Meter galt 1968 als Sprung in ein neues Zeitalter. Doch wenn Weitspringer Bob Beamon, der an diesem Sonntag 75 Jahre alt wird, auf die gesellschaftlichen Entwicklungen seit jenem Oktober-Tag in Mexiko-Stadt schaut, erkennt er keine wirklich großen Fortschritte.

Auch Beamon protestierte vor mehr als fünf Jahrzehnten gegen Rassismus, wenngleich die große Geste seiner Landsleute Tommie Smith und John Carlos von diesen Spielen mehr in Erinnerung blieb. Sie hatten jeweils einen schwarzen Handschuh über eine Faust gezogen und mit ausgestreckten Armen bei der Siegerehrung nach den 200 Metern gegen die Unterdrückung der Schwarzen in den USA demonstriert.

Einige Schritte nach vorn "aber fünf Schritte zurück"

Beamon sieht seitdem Fort- und Rückschritte. Sportler wie Football-Profi Colin Kaepernick, dessen Niedersinken auf ein Knie bei der US-Nationalhymne inzwischen ein weltweites Symbol gegen Rassismus geworden ist, oder Basketball-Star LeBron James haben ihre Bekanntheit für politische Aktivitäten genutzt. "Im Prinzip sind wir wieder am Nullpunkt. Nach 50 Jahren sagen Sie mir jetzt, dass großartige, junge Athleten jetzt darüber sprechen, worüber wir damals 1968 gesprochen haben. Das ist eine traurige Geschichte. Wir haben einige Schritte nach vorn gemacht, aber wir sind fünf Schritte zurückgegangen", sinnierte Beamon.

In einem Interview des britischen Senders Sky Sports, das dieser Anfang August während der Olympischen Spiele in Tokio ausstrahlte, machte Beamon darauf aufmerksam, dass nicht mehr nur schwarze Sportlerinnen und Sportler protestieren. "Es sind alle möglichen Sportler aus aller Welt, es geht nicht nur um die Situation in einem Land", erklärte der gebürtige New Yorker.

Nach Protest Studienplatz verloren

Zum Zeitpunkt der Olympischen Spiele 1968 hatte der aus South Jamaica im Bezirk Queens stammende Beamon sein Stipendium der Universität von Texas in El Paso verloren und besaß auch keinen Coach mehr. Er hatte sich wie andere Studenten auch geweigert, bei einem Wettkampf gegen die Brigham Young Universität anzutreten, einer Mormonenschule, der sie Ungleichbehandlung von Schwarzen vorwarfen.

Trotzdem wollte er unbedingt zu den Olympischen Spielen, wo ihm dann sein Teamkollege Ralph Boston half, der Olympiasieger von 1960 und Zweite von 1964. Als Beamon in der Qualifikation wegen Schwierigkeiten mit seinem Anlauf zwei ungültige Sprünge hatte und ihm das vorzeitige Aus drohte, riet ihm Boston, einfach nur darauf zu achten, vor dem Brett abzuspringen. Beamon befolgte den Rat, der Rest ist Sport-Geschichte.

"Gemessen an diesem Sprung sind wir Kinder"

Am 18. Oktober 1968 segelte Beamon nach einer Nacht, die er nicht allein verbrachte, bei gerade noch zulässiger Windunterstützung und dunklen Wolken in der Höhenluft von Mexiko-Stadt im ersten Versuch fast bis ans Ende der Weitsprunggrube. Weil die neue elektronische Messung dafür nicht ausgelegt war, brachte erst ein Maßband Klarheit über die epochale Weite. Und der nicht mit metrischen Maßen vertraute Beamon begriff das Unfassbare zunächst nicht. Als ihm Boston erklärte, dass 8,90 Meter umgerechnet mehr als noch nie erreichte 29 Fuß bedeuteten, sackte Beamon weinend zusammen.

Überliefert ist, dass der Russe Igor Ter-Ovanesyan – 1964 Olympia-Dritter und gemeinsam mit Boston mit 8,35 Metern bis dato Weltrekordhalter – danach den Briten Lynn Davies ansprach, vier Jahre zuvor Olympiasieger. "Gemessen an diesem Sprung sind wir Kinder. Ich kann nicht weitermachen. Wir sehen alle dumm aus" – so gab es Davies an Boston weiter. Dann sagte Ter-Ovanesyan zu Beamon: "Du hast diesen Wettbewerb kaputt gemacht." Silber holte für die DDR Klaus Beer mit 8,19 Metern, Boston gewann Bronze mit 8,16 Metern.

Lob für die neue Leichtathletik-Generation

Den Weltrekord besitzt seit 30 Jahren Mike Powell, der in einem unvergessenen Weitsprung-Duell mit Carl Lewis bei der WM in Tokio 8,95 Meter sprang. Als olympischer Rekord gilt Beamons Leistung weiterhin. Gold holte in Tokio der Grieche Miltiadis Tentoglou mit 8,41 Metern vor dem weitengleichen Kubaner Juan Miguel Echevarría.

Beamon lobte die heutige Generation Anfang August in einem Sky-Interview als "echt unglaublich. Ich meine, sie sind einfach super, super, super-duper-Leichtathleten". Damit meinte er auch den Norweger Karsten Warholm, der in Japan mit seinem Fabel-Weltrekord von 45,94 Sekunden über 400 Meter Hürden für eine Olympia- Sternstunde sorgte. Von seiner eigenen Leistung spricht Beamon bis heute gern, es war schließlich "eine herausragende Erfahrung in meinem Leben". Bei der Siegerehrung hatte er aus Protest die Hosenbeine seines Trainingsanzugs hochgezogen.

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