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Daniel Jasinski – Endlich wieder Bestleistung

Einige junge Aufsteigerinnen und Aufsteiger, ein Außenseiter, aber auch Athletinnen und Athleten, die schon seit Jahren zur DLV-Spitze zählen, haben bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig im zurückliegenden Sommer ihren ersten Titel auf nationaler Ebene gewonnen. Wir stellen sie vor, heute Diskuswerfer Daniel Jasinski (TV Wattenscheid 01).
Jan-Henner Reitze

Daniel Jasinski
TV Wattenscheid 01

Bestleistung:

Diskuswurf: 67,47 m (2021)

Erfolge:

Bronze Olympia 2016
EM-Achter 2016
EM-Siebter 2014
Sechster U23-EM 2011
Deutscher Meister 2021

Die bisherige Sternstunde seiner Karriere liegt schon gut fünf Jahre zurück. Im olympischen Finale von Rio de Janeiro (Brasilien) bewies Daniel Jasinski Nerven wie Drahtseile und holte sich mit 67,05 Metern im sechsten Durchgang überraschend die Bronzemedaille. Zuvor hatte er in der Saison 2016 auch seine Bestleistung auf 67,16 Meter gesteigert.

Doch nach dieser so erfolgreichen Saison ging erst einmal über Jahre nichts mehr. Schambeinentzündung, Muskelbündelriss der Adduktoren, Rückenprobleme, immer wieder kämpfte sich der Wattenscheider nach Verletzungen zurück. Doch wenn es wieder richtig zur Sache gehen sollte, kam schon die nächste. Was blieb war die Zuversicht, dass es eines Tages wieder aufwärts gehen würde und immer noch Spitzenleistungen im für den Diskuswurf mit einer Größe von 2,07 Metern bestens geeigneten Körper stecken.

Im zurückliegenden Sommer konnte Daniel Jasinski das endlich bestätigen. Es gelang wieder ein störungsfreier Aufbau, und auch in der Saison traten keine neuen Verletzungsprobleme auf. Und das Leistungsniveau war prompt vergleichbar mit dem bisher besten Jahr der Karriere. Mit einem Wurf auf 67,47 Meter ging in Schönebeck endlich wieder eine persönliche Bestleistung in die Statistiken ein. In Braunschweig sicherte sich der mittlerweile 32-Jährige seinen ersten deutschen Meistertitel, und auch auf der olympischen Bühne meldete sich der zweifache Familienvater zurück. Es klappte zwar nicht wieder mit einem Medaillencoup, aber vielleicht ist das Olympiafinale diesmal stattdessen der Auftakt für eine Reihe starker Jahre.

Behutsamer Einstieg trotz frühem Bezug zum Leistungssport

Leichtathletik und vor allem das Diskuswerfen ist durch seinen Vater und heutigen Trainer Miroslaw von Anfang an ein Bestandteil des Lebens von Daniel Jasinski gewesen. Miroslaw Jasinski war selbst Diskuswerfer und trainierte in den 1990er Jahren beim TV Wattenscheid 01 unter anderem den zweimaligen WM-Zweiten im Kugelstoßen Oliver-Sven Buder sowie später den zweimaligen WM-Dritten im Diskuswerfen Michael Möllenbeck. Sohn Daniel war parallel schon in der Kinderleichtathletik des TV 01 aktiv. „Mein Vater hat mich auch mal ins Trainingslager seiner Athleten mit nach Kienbaum genommen“, erinnert sich der heutige Leistungssportler, der mittlerweile selbst mehrfach als Nationalmannschafts-Athlet in diesem Trainingszentrum war.

Dass er auch einmal den großen Wurf aus dem Diskusring anstreben sollte, stand in seiner Kindheit aber noch nicht fest. „Zwischenzeitlich habe ich keine Leichtathletik mehr gemacht und andere Sportarten wie Schwimmen, Tennis oder Basketball ausprobiert“, erzählt Daniel Jasinski. Den Diskus nahm er erst mit 14 regelmäßiger in die Hand. „Das klappte dann ganz gut und mit den Jugendjahren wurde immer klarer, dass ich es versuchen möchte, in die Weltspitze zu kommen.“

In seinem zweiten U18-Jahr nahm der Diskuswerfer 2006 erstmals an Deutschen Jugendmeisterschaften teil, belegte mit dem 1,5-Kilo-Diskus im Winterwurf Rang acht (46,65 m) und im Sommer Rang sieben (50,54 m). Als U20-Athlet in den Jahren 2007 (52,32 m) und 2008 (55,26 m) gewann der Wattenscheider jeweils Bronze bei der Jugend-DM. 2008 qualifizierte er sich außerdem für die U20-WM in Bydgoszcz (Polen). Zu den Überfliegern seines Jahresgangs zählte der Nachwuchsathlet allerdings nicht. In der Jugendklasse schickte er weder die 1,5-Kilo-Scheibe noch das 1,75-Kilo-Gerät über die 60-Meter-Marke.

Kontinuierliche Entwicklung bis hin zu Olympia-Bronze

Mit Ruhe, dem Fachwissen seines Vaters als Trainer und der Überzeugung, dass es ganz nach oben gehen kann, arbeitete Daniel Jasinski weiter. In der U23-Klasse sammelte er mit Bronze (2009; 54,58 m) und Silber (2010; 59,02 m) weitere Medaillen auf nationaler Ebene, bis zum Start in das Jahr 2011 erstmals die 60-Meter-Marke mit dem Männer-Diskus fiel. Weitere Verbesserungen bis auf 61,28 Meter sowie erneut Silber bei der Junioren-DM ebneten den Weg zur U23-EM, wo mit Rang sechs in Ostrava (Tschechische Republik) der bis dato größte Erfolg gelang. Bei der Universiade in Shenzhen (China) folgte der nächste internationale Einsatz, der mit Rang neun endete.

Nach dem endgültigen Aufstieg in die Männerklasse vergingen wieder drei Jahre, bis es erstmals für den Wurf in die A-Nationalmannschaft reichte. 2014 verbesserte sich der damals 24-Jährige auf 65,98 Meter und holte sich in der umkämpften und stark besetzten Disziplin im DLV mit Bronze seine erste Medaille bei Deutschen Meisterschaften, was das Ticket für die EM in Zürich (Schweiz) bedeutete. Rang sieben dort belegte den geglückten Anschluss an die internationale Klasse.

Nach der ersten WM-Teilnahme 2015 in Peking (China) folgte das schon angesprochene bisher beste Jahr 2016. Nach der Bestleistung zum Saisonauftakt in Wiesbaden (67,16 m) war erneut DM-Bronze entscheidend für die Nominierung für die EM in Amsterdam (Niederlande), bei der Rang acht herauskam, und die Olympischen Spiele. Nach einer eher zitterigen Qualifikation (Elfter; 62,83 m) passte im Finale in Rio de Janeiro alles zusammen und der Bronze-Medaillengewinner (67,05 m) sprach hinterher vom „Wettkampf meines Lebens“.

Zahnbehandlung trägt dazu bei, schwierige Jahre zu überwinden

Dem großen Triumph folgten schwierige Jahre, frustrierend war es vor allem 2018. Nach vielversprechendem Saisonstart und auch der erfolgreichen Qualifikation für die Heim-EM in Berlin spielte der Körper im Olympiastadion nicht mit. Es klappte nicht mit dem Finale. In den anderen Jahren ging verletzungsbedingt noch weniger. Über diese Zeit spricht Daniel Jasinski ausführlich in unserem DLV-Podcast #TrueAthletes – TrueTalk. Großer Rückhalt war in dieser Zeit seine ganze Familie und die Einigkeit mit seinem Vater und Trainer darüber, dass eine Rückkehr zu alter Stärke möglich ist.

Auch die Vorbereitung auf das Jahr 2021 begann mal wieder damit, dem Körper Ruhe zu gönnen. Insbesondere Rückenprobleme sollten vollständig ausheilen. Mitentscheidend dafür, dass es wieder bergauf ging, war auch eine Zahn-Behandlung, der sich der Sportsoldat im vergangenen Dezember unterzog. „Der Zahn hatte über die Jahre immer mal wieder wehgetan. Nachdem die Wurzel behandelt und die Entzündung dort beseitigt wurde, musste sich der Körper damit nicht mehr auseinandersetzen.“

Es kam zu keinen Unterbrechungen in der Vorbereitung, auch nicht als die Belastungen intensiver wurden. Und endlich ging die Trainingsplanung wieder auf. In drei Wettkämpfen segelte der Diskus über die 66-Meter-Marke, inklusive der neuen Bestleistung von Schönebeck (67,47 m). Und bei den Deutschen Meisterschaften in Braunschweig brachten 65,08 Meter im fortgeschrittenen Athletenalter den ersten Titel auf nationaler Ebene. Mit Rang zehn in Tokio (62,44 m) meldete sich der 32-Jährige auch auf internationaler Bühne zurück.

Weiter international mitmischen

Neben dem Sport ist Daniel Jasinski zweifacher Familienvater und Mitglied der Sportfördergruppe der Bundeswehr. Sein zwischenzeitlich eher ruhendes Studium in internationalem Management möchte er möglichst bald mit dem Bachelor-Abschluss zu Ende bringen. Außerdem steht der Deutsche Meister vor dem Erwerb der Trainer-A-Lizenz.

Für die nächsten Jahre plant er aber erst einmal noch, selbst dem Diskusring treu zu bleiben. Auf einem verletzungsfreien Jahr aufzubauen, bildet ein vielversprechendes Niveau für den Start in die Vorbereitung auf 2022. Die WM in Eugene (USA) und die Heim-EM in München sind fest im Blick. Dabei gilt es allerdings, auf den Körper zu hören und keine neuen Rückschläge zu riskieren.

„Wir haben dazu in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen gesammelt. Klar muss man im Leistungssport an Grenzen und darüber hinausgehen. Wenn es darum geht, ob ich nochmal etwas mehr Gewicht auflege, reize ich die Möglichkeiten lieber nicht komplett aus. Es gilt, mit Köpfchen ranzugehen“, sagt der Wattenscheider. „Ich möchte an meine Leistungen anknüpfen. Im Kraftbereich kann ich kontinuierlich noch etwas zulegen.“

Video-Interview: Daniel Jasinski: "Wir haben umkämpfte Plätze für Tokio"
Video: Erster DM-Titel für Daniel Jasinski im Diskuswurf

Das sagt Bundestrainer Torsten Lönnfors:

„Daniel ist aus einer Verletzungsphase gekommen. Das wurde behoben. Er konnte sich gesund und professionell vorbereiten, auch mit Trainingslagern in der Wärme. Schon im Februar hat sich bei einem Testwettkampf mit 63,60 Metern gezeigt: Er ist wieder da. Im weiteren Verlauf ging es verletzungsfrei weiter bis zur neuen Bestleistung von 67,47 Metern. Das hat sein Niveau von 2016 bestätigt. Gerade bei den nationalen Wettkämpfen hat er sehr stabile Leistungen abgerufen und konnte deshalb auch Deutscher Meister werden.

Bei den internationalen Wettkämpfen war diese Stabilität noch nicht ganz vorhanden, nachdem in den vergangenen Jahren Einsätze auf diesem Niveau gefehlt haben. Auch bei den Olympischen Spielen ist es ihm nicht ganz gelungen, sich nur auf sich selbst zu konzentrieren. Deshalb konnte er leider sein komplettes Leistungsvermögen nicht abrufen.

Daniels Stärke ist: Er ist groß, er hat lange Arme, gute Hebel und dadurch gute Radien beim Werfen. Die nutzt er bei guten Würfen auch aus. Die Physis ist also ein Pluspunkt und wenn er auch athletisch fit ist, kann er explosiv werfen. Große Defizite gibt es nicht. Ich bin mir sicher, wenn er weiter sein Niveau halten kann, wird er auch bei großen Wettkämpfen sein Vermögen abrufen. Er ist ein absoluter Leistungsträger und war der beste deutsche Athlet in diesem Jahr. Er ist hungrig und motiviert genug, weitere Jahre auf dem Niveau weiterzuarbeiten. Ich rechne damit, dass er eine feste Größe bleibt.“

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