| Espoo 2023

U23-EM Tag 4 | Die DLV-Athlet:innen in den Finals

In elf Wettbewerben mit deutscher Beteiligung werden am Sonntag bei den U23-Europameisterschaften in Espoo (Finnland) noch Medaillen vergeben. Wie sich das deutsche Team im Wettstreit mit der kontinentalen Konkurrenz schlägt, lesen Sie hier.
Silke Bernhart

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WEIBLICHE U23


200 Meter Finale


Talea Prepens erkämpft sich den vierten Platz

Es war ihr fünftes Rennen der Meisterschaften innerhalb von zwei Tagen: Nach zwei Staffel-Sprints, Vorlauf und Halbfinale stürmte Talea Prepens (TV Cloppenburg) noch einmal die ZIelgerade herunter und gab wie immer alles für die bestmögliche Platzierung. Die war am Sonntag gleichbedeutend mit Rang vier, um vier Tausendstel hatte sie dabei in 23,52 Sekunden noch die Italienerin Dalia Kaddari hinter sich gelassen.

Zu den Medaillenrängen fehlte nicht viel, Gold ging an Delphine Nkansa (Belgien; 23,31 sec), Silber an Boglarka Takacs (Ungarn; 23,33 sec), Dritte wurde die Griechin Polyniki Emmanouilidou (23,41 sec). "Ich glaube, ich hatte eine ganz gute Kurve, hintenraus fehlten ein paar Körner", bilanzierte Prepens. "Ich hatte keinen einfachen Saisoneinstieg, ich bin froh, dass ich verletzungsfrei geblieben bin, ich bin als Elfte angereist und Vierte geworden, damit bin ich zufrieden!"
 


Hochsprung


Blessing Enatoh kämpft mit der Aufregung

Dass eine Qualifikation etwas anderes ist als das Finale, musste am Sonntag Blessing Enatoh (LG Nord Berlin) leidvoll erfahren. Die Hochspringerin, die in dieser Saison schon so viele starke Wettkämpfe absolviert und ebenso mühelos wie fehlerfrei die Vorrunde überstanden hatte, tat sich in der Runde der besten Zwölf schwer. 1,75 und 1,80 Meter meisterte sie noch auf Anhieb, aber bei 1,84 Metern leistete sie sich einen Fehlversuch, und die Sicherheit war dahin.

"Das Einspringen lief noch so gut, und ich dachte, dass es heute richtig gut laufen würde", blickte die Berlinerin zurück. "Aber dann habe ich gesehen, wie stark die anderen sind. Da habe ich auf einmal gedacht: 'Oh weh, jetzt muss ich auch im Ersten über 1,87 Meter.'" Dass sie einige Male mit dem Tape an ihrem Knie beschäftigt war, "war wahrscheinlich ein Zeichen der Aufregung", erklärte sie.

1,87 Meter – eine Höhe, die sie in diesem Jahr schon zweimal überwunden hat – waren dann am Sonntag zu hoch für die 20-Jährige. Tatsächlich hätte ein fehlerfreier erster Versuch darüber die Bronzemedaille bedeutet, diese ging an Wiktoria MIaso (Polen). Panagiota Dosi (Griechenland) holte mit 1,89 Meter Silber, Gold ging für 1,91 Meter an Elena Kulichenko aus Zypern. Mit 1,84 Metern im zweiten Versuch wurde Blessing Enatoh Zehnte.
 


Weitsprung


Der große Sprung bleibt aus

Die Goldmedaille war schon mit dem ersten Sprung der Favoritin vergeben: Larissa Iapichino (Italien), U20-Europameisterin von 2019 und Hallen-Vize-Europameisterin von 2023, flog bis auf 6,93 Meter und damit gemeinsam mit Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) auf den geteilten ersten Rang der europäischen Jahresbestenliste. In einer anderen Liga, aber durchaus solide waren die ersten Sprünge des DLV-Duos: 6,49 Meter für Mikaelle Assani (SCL Heel Baden-Baden) und 6,35 für Lucie Kienast (Eintracht Frankfurt) – jeweils weiter als in der Qualifikation, auf die beide noch eine Schippe draufpacken wollten.

Auf den großen Sprung hofften beide aber anschließend vergeblich: Beide konnten sich nicht mehr steigern, Lucie Kienast wurde von der Schweizerin Ronja Wengi noch im dritten Versuch vom achten Platz verdrängt und verpasste als Neunte den Endkampf. Dort durfte Mikaelle Assani zwar noch dreimal Anlauf nehmen, an ihren ersten Versuch kam sie jedoch nicht mehr heran. Platz sechs. Silber und Bronze wurden für 6,73 und 6,63 Meter an Maja Askag (Schweden) und Tessy Ebosele (Spanien) vergeben.

"Ich habe mich kraftlos gefühlt", musste Mikaelle Assani feststellen, "ich konnte den Druck im Anlauf nicht aufbauen. Dass Larissa Iapichino eine meiner stärksten Konkurrentinnen sein würde, wusste ich, ihr Sprung hat mich nicht überrascht. Aber ich hätte mir auch eine große Weite zugetraut, ich hatte bisher in jedem Wettkampf weite Sprünge." – "Es war mehr drin", sagte auch Lucie Kienast, "beim dritten Versuch hatte ich etwas Pech, da hat es angefangen zu regnen. Das Brett wurde nass und ich habe das Gefühl, ich bin gerutscht. Dann hat sich auch noch die Französin verletzt, und es sind gleich die Erinnerungen an meinen Kreuzbandriss hochgekommen."
 


Diskuswurf


Zwei in den Top Acht

Die ganz großen Würfe blieben im Diskuswurf-Finale aus – das galt sowohl für die internationale Konkurrenz als auch leider für das deutsche Trio. Dabei war der Einstieg zumindest für Jule Gipmann (SV Viktoria Goch) und Joyce Oguama (TV Wattenscheid 01) durchaus vielversprechend, denn sie waren mit 55- und 54-Meter-Weiten in das Finale eingezogen und konnten dort mit 51,80 und 52,18 Metern gleich im ersten und zweiten Versuch Weiten abliefern, die später locker für die Runde der besten Acht reichen sollten. Auf 53,71 konnte sich Oguama noch steigern, auf 52,45 Meter Gipmann – dabei blieb's, Platz fünf und acht.

"Dass ich Fünfte werde, damit hätte ich vorher nicht gerechnet", erklärte Joyce Oguama, die ihrer Bestleistung in Espoo am nächsten kam. "Es ist echt schade, die Medaille lag in Reichweite. Aber es ist mein erstes Mal bei einer internationalen Meisterschaft, ich denke, dafür habe ich es ganz gut gemacht." Ähnliches stellte auch Nationalmannschaftsneuling Jule Gipmann fest, und: "Ein bisschen Nervosität war auf jeden Fall dabei. Ich bin nicht gut in den Wettkampf reingekommen. Ärgerlich, mit 54 Metern wäre man schon weit vorne gelandet."

Nur drei Versuche durfte Katja Seng (Eintracht Frankfurt) absolvieren, 49,37 Meter waren zu wenig für die Runde der besten Acht, sie wurde Zehnte. "Als Zwölfte ins Finale eingezogen, als Zehnte rausgegangen, mit dem Platz bin ich zufrieden", erklärte sie aber. "Klar kennt man nach der U20-WM im letzten Jahr schon ein paar Abläufe hier, aber auch das zweite Mal bei einer internationalen Meisterschaft ist noch etwas besonderes. Es war ein schöner Wettkampf mit den anderen beiden."
 


4x400 Meter


Platz sieben für DLV-Staffel

Kurz zuvor war die DLV-Langsprinter auf Platz sieben ins Ziel gekommen. Im Anschluss gab's für Deutschlands 400-Meter-Sprinterinnen die gleiche Platzierung: Annkathrin Hoven (TSV Bayer 04 Leverkusen), Brenda Cataria Byll (LG Olympia Dortmund), Emilia Grahle (Dresdner SC 1898) und Mona Mayer (LG Telis Finanz Regensburg) trugen in der Besetzung wie schon im Vorlauf den Stab ums Rund und waren dabei in 3:34,02 Minuten etwa eine Sekunde schneller unterwegs.

Brenda Cataria Byll spielte dabei nach dem Ende der Kurvenvorgabe wieder ihre Schnelligkeit aus, arbeitete sich von drei auf zwei nach vorne und setzte dann sogar dazu an, die Lücke zur Führenden zu schließen. Auf der Zielgeraden aber wurde es hart, sie wurde vom Pulk der Verfolgergruppe wieder eingesammelt und Emilia Grahle sortierte sic nach der Stabübergabe als Sechste ein. Eine Position verlor sie auf ihren 400 Metern – Mona Mayer eroberte zwischenzeitlich Platz sechs zurück, musste dann aber auf der Zielgeraden doch wieder die Finnen vorbeilassen.

Drama gab's an der Spitze: Die französische Schlussläuferin schob sich noch kurz vor der Ziellinie um zwei Hundertstel an der Schweiz vorbei und ließ ihr Team über die Goldmedaille jubeln: 3:30,60 Minuten. Auch die Schweiz jubelte, über einen neuen U23-Landesrekord von 3:30,62 Minuten und Silber. Die Spanierinnen dahinter waren in 3:31,33 Minuten ebenfalls so schnell wie nie zuvor eine U23-Staffel ihres Landes.

 

MÄNNLICHE U23


10.000 Meter


Tom Förster lässt im Gerangel Kräfte

Es war in weiten Strecken ein unrhythmisches 10.000-Meter-Rennen. Zumindest für alle jene, die sich in der Verfolgergruppe wiederfanden. Nur einer zog an der Spitze einsam seinen Schritt: der Pole Mateusz Gos, der erst nach etwa 7.000 Meter eingeholt wurde und später Siebter wurde. Der Rest des Feldes war sich mit der Aufholgjagd nicht einig, mal wurde es schneller, dann wieder langsamer, viele Füße, wenig Platz – da mussten die Läufer den ein oder anderen Tritt und Rempler einstecken.

So erging es auch Tom Förster (LG Braunschweig), der versuchte, im ersten Drittel des Feldes mitzurollen, dafür aber auch immer wieder Lücken schließen und kurze Antritte setzen musste. Das kostete Kraft. Und als schließlich der späterere Sieger Rory Leonard (Großbritannien; 29:08,33 min) zur entscheidenden Tempoverschärfung ansetzte, konnte Tom Förster nicht mitgehen, verlor auch den Anschluss zu den ersten Verfolgern und musste schließlich selbst an der Spitze einer kleinen Gruppe Tempo machen. Am Ende kam er nach 30:11,52 Minuten auf Rang 16 ins Ziel.

"Das habe ich mir auf jeden Fall anders vorgestellt", stellte er fest. "Das Rennen war sehr körperbetont, es gab viel Schubserei. Keiner hat versucht, die Lücke zuzulaufen. Ich habe versucht nach vorne zu arbeiten, eigentlich wollte ich an fünfter, sechster Stelle laufen, aber das war schwierig. Leider bildet das Rennen gar nicht die Saison ab, die ich bisher hatte. Ich hatte mir mehr erhofft."
 


3.000 Meter Hindernis


Florian Zittel mit müden Beinen

Die Bestleistung aus dem Vorlauf hatte Kraft gekostet. Das wohl musste Florian Zittel (LG Region Karlsruhe) einen Tag später am Sonntag im Finale fesstellen. Am Samstag hatte er trotz eines sicheren Qualifikationsplatzes noch einmal Gas gegeben und war zu Platz zwei und einem neuen Hausrekord von 8:44,70 Minuten gesprintet. Am Sonntag ging dann leider nicht mehr viel. Und das auch, weil die Spitze direkt ein sehr hohes Tempo anschlug, mit dem das Feld schnell in die Länge gezogen wurde. Florian Zittel sortierte sich hinten ein, musste bald abreißen lassen und kam nach 9:08,31 Minuten erschöpft als 16. ins Ziel.

Der Kampf um die Medaillen wurde spannend. Zunächst verabschiedete sich der Pole Maciej Megier mit einem Sturz am letzten Wassergraben aus der Spitzengruppe, dann schnappte der Franzose Baptiste Guyon (8:33,64 min) mit einem mächtigen Schlussspurt noch dem Spanier Pedro Garcia Palencia die Bronzemedaille vor der Nase weg. Unangefochten war dagegen ganz vorne der weitere Spanier Alejandro Quijada (8:28,91 min), der in Bestzeit Gold vor Etson Barros (Portugal; 8:32,08 min) holte.
 


Stabhochsprung


Fabio Wünsche beißt die Zähne zusammen

Mit einer schmerzhaften Handverletzung, zugezogen in der Qualifikation, stand Fabio Wünsche (SC Potsdam) am Sonntag am Anlauf fürs Stabhochsprung-Finale. Am Tag zuvor war er am Stab abgerutscht. Dennoch schaffte er es, im Finale auf Anhieb über 5,00 Meter zu fliegen. Die 5,20 Meter, mit denen sich am Samstag den Finalplatz erkämpft hatte, waren am Sonntag aber nicht mehr drin. Es blieb bei 5,00 Metern und Platz zehn.

Die Besten dieser Altersklasse schwangen sich reihenweise über 5,50 Meter und höher – im Übrigen ebenso wie vier Jahre zuvor der Leverkusener Bo Kanda Lita Baehre, der damals mit 5,65 Metern U23-Europameister geworden war. In Espoo kamen die besten Drei sogar über 5,66 Meter. Und einer von ihnen versetzte mit 5,71 Metern das finnische Publikum in Verzückung:  Juho Alasaari holte Gold für die Gastgeber! An Robin Emig (Frankreich) ging aufgrund der geringeren Anzahl an Fehlversuchen Silber vor dem höhengleichen Norweger Pal Haugen Lillefosse (Norwegen).
 


4x400 Meter


DLV-Quartett läuft auf Platz sieben

Den Vorlauf hatte die DLV-Staffel mit einem großen Q in 3:06,24 Sekunden gut überstanden, im Finale aber packte die Konkurrenz noch eine Schippe drauf. Allen voran die Italiener, die als Erstes über die Ziellinie stürmten und ihre Fans auf den Rängen des Leppävaara-Stadions zu Jubelgesängen animierten. Ihre Zeit: 3:02,49 Minuten. Dahinter gab's in 3:03,04 Minuten einen neuen U23-Landesrekord für die Türkei und Silber, die Briten sicherten sich in 3:03,12 Minuten Bronze.

Auf diesen Rängen konnte sich das deutsche Quartett mit Tyrel Prenz (SC Potsdam), Vincente Graiani (LG Stadtwerke München), Malte Stangenberg (LC Jena) und Lukas Krappe (SCC Berlin) im gesamten Rennverlauf nicht platzieren. Graiani zog nach der Kurvenvorgabe auf Platz sechs auf die Innenbahn und übergab auch an dieser Position an Malte Stangenberg, der der zu den Top Fünf den Abstand größer werden lassen musste. Auf dem letzten Teilabschnitt rannte dann wie schon im Vorlauf noch die Schweiz mit Lionel Spitz von Rang sieben auf Platz fünf nach vorne. So gab's in 3:07,50 Minuten Platz sieben für das DLV-Quartett.
 


Zehnkampf


Marcel Meyer feiert ersten 8.000er

Der Zehnkampf von Espoo hielt das, was er versprochen hatte. Mehr noch: Die Leistungen an der Spitze waren Weltklasse. Und Marcel Meyer (Hannover 96) mischte nach Platz vier am ersten Tag auch am zweiten Tag munter vorne mit. Zwar litten alle Hürdenzeiten etwas unter dem Wind und auch Meyer ließ in 14,56 Sekunden einige Punkte liegen. Im Stabhochsprung waren 4,70 Meter solide – und in den Würfen blieb er teils deutlich über den Resultaten seines besten Zehnkampfs (7.986 pt): Nach dem Diskus hatte er Platz drei erobert, sein Speer (57,71 m) flog gar zehn Meter weiter als in Götzis.

Doch dann folgte das eigentliche Glanzstück, denn die Situation gestaltete sich vor den 1.500 Metern wie folgt: Sven Rosen (Niederlande), Drittplatzierter der U23-EM 2021, hatte sich mit dem besseren Stabhochsprung an den Hannoveraner herangepirscht und war mit dem besseren Speerwurf vorbeigezogen – der Hannoveraner aber wollte die Medaille nicht kampflos hergeben. Obwohl Rosen eigentlich der bessere Läufer ist. So heftete sich Marcel Meyer in der letzten Disziplin an dessen Fersen, ging auf der letzten Runde sogar zwischenzeitlich vorbei. Und steigerte damit seine Bestleistung um fünf Sekunden auf 4:22,84 Minuten.

Markus Rooth über 8.600 Punkte

Damit war der erste 8.000er perfekt, und das deutlich: Mit 8.096 Punkten konnte Marcel Meyer sich um mehr als 100 Punkte steigern. Für eine Medaille reichte das im Feld von Espoo leider nicht. Sven Rosen (8.128 pt) behielt im Kampf um Bronze die Oberhand. Und an der Spitze lieferten zwei Norweger Weltklasse-Leistungen ab. Etwas überraschend behielt dabei nicht der Hallen-Vize-Europameister Sander Skotheim die Oberhand, er wurde in Espoo mit 8.561 Punkten Zweiter. Sondern es war Markus Rooth, der 300 Punkte auf seine Bestmarke draufpackte und sich mit Olympia-Norm, WM-Norm und Meisterschaftsrekord von 8.608 Punkten zum U23-Europameister krönte.

"Im Großen und Ganzen freue ich mich sehr und bin super zufrieden. Ich habe am Ende noch mal alles gegeben, leider hat es nicht ganz zur Medaille gereicht. Über 1.500 Meter kann ich mir wirklich überhaupt nichts vorwerfen. Da bin ich absolut an meine Grenzen gegangen und habe noch mal probiert, alles aus mir rauszuholen", bilanzierte Marcel Meyer, für den die Mehrkampf-Saison noch nicht zu Ende sein soll: So stehen ein Start bei der Mehrkampf-DM in seiner Heimat Hannover (1. bis 3. September) oder ein Start beim Meeting in Talence (Frankreich; 23./24. September) im Raum.

Mehr:

Zehnkampf Tag 1: Marcel Meyer auf Bestleistungskurs

 

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