| Interview

André Pollmächer: "2016 in der Form für 2:10 Stunden"

Als EM-Achter im Marathon gelang André Pollmächer in Zürich eine Überraschung. Trotzdem war der Düsseldorfer nicht ganz zufrieden mit der Saison, da ihm keine neue Bestzeit gelang. Wie er den nächsten Leistungssprung machen will und warum sich sein Training nicht mit dem von Arne Gabius vergleichen lässt, sagt der 31-Jährige im Interview.
Martin Neumann

André Pollmächer, wie haben Sie den Frankfurt-Marathon Ende Oktober an der Seite von Arne Gabius erlebt? Sie haben ihn ja die ersten 15 Kilometer begleitet.

André Pollmächer:

Ich hatte die Aufgabe, die 2:10-Stunden-Gruppe zu dirigieren. Das umfasste die Gruppenbildung und das Einschlagen des richtigen Tempos auf den ersten 15 Kilometern. Das ist zusammengenommen ungleich komplexer als das reine Tempomachen. Nachdem meine Aufgabe erledigt war, habe ich gehofft, dass Arne gut durchkommt.

Haben Sie ihm im Vorfeld eine Zeit von unter 2:10 Stunden zugetraut?

André Pollmächer:

Ich war verblüfft und begeistert zugleich, wie Arne durchgezogen hat. Wir haben am Tag vor dem Rennen eine letzte kurze Einheit zusammen im Wald absolviert. Da haben wir natürlich auch übers Training gesprochen und sind die Taktik durchgegangen. Nach diesem Gespräch und den Eindrücken am Vormittag vor dem Rennen habe ich meinem Trainingspartner Hagen Brosius zwei Stunden vor dem Start eine SMS geschrieben. Die lautete: „Wenn Arne durchkommt, läuft er 2:09:58 Stunden.“ Es sollte ja sogar noch schneller werden.

Wie darf man sich diesen gemeinsamen Lauf am Vortag des Marathons vorstellen: Haben sich da die Athleten Arne Gabius und André Pollmächer ausgetauscht oder die Trainer Arne Gabius und André Pollmächer?

André Pollmächer:

In dem Moment ist das schwer zu trennen. Doch am Ende war es mehr eine Unterhaltung unter Trainern, da haben wir richtig über unsere Erfahrung in der Marathonvorbereitung philosophiert. Wobei man nicht vergessen darf, dass wir ganz unterschiedliche Typen sind.

Können Sie das kurz erklären?

André Pollmächer:

Arne kommt direkt von der Bahn. Er hat eine deutlich höhere Laktattoleranz und kann deshalb auf kürzeren Distanzen höhere Intensitäten laufen. Ich bin durch mein langjähriges Marathontraining besser in der Lage, qualitativ höherwertige Dauerläufer zu absolvieren. Beispielsweise Läufe über 30 bis 35 Kilometer in einem Tempobereich von 3:15-3:20 Minuten pro Kilometer. Diese Härte und Widerstandsfähigkeit kommt erst mit den Jahren. Im Marathontraining geht es darum, seine Schwächen Schritt für Schritt zu verkleinern und seine Stärken auszubauen.

Welche Gründe gibt es, dass sich die beiden momentan besten Marathonläufer Deutschlands selbst trainieren?

André Pollmächer:

Generell läuft man ja Marathon erst im fortgeschrittenen Trainingsalter. Wenn ich mich richtig erinnere, sind Arne und ich erstmals 1999 gegeneinander gelaufen. Das sind 15 Jahre Erfahrung. In dieser Zeit hat man gelernt, in seinen Körper hineinzuhorchen. Man erfühlt regelrecht, wie das Training den Körper beeinflusst. Außerdem haben Arne und ich ja Trainingsberater.

Arne Gabius wird vom Italiener Renato Canova unterstützt. Dass sie unterstützt werden, ist mir neu. Auf welchen Trainerrat setzen Sie denn?

André Pollmächer:

Das kann ich nicht sagen. Mein Berater will nicht genannt werden.

Schauen wir auf Ihre Saison 2014: Nach dem Rennen beim Metro Group Marathon in Düsseldorf (2:13:59 h) im April bei Dauerregen waren sie sehr unzufrieden, mit Platz acht auf dem schwierigen EM-Kurs in Zürich (2:14:51 h) im August hingegen äußerst zufrieden. Wie fällt Ihre Saisonbilanz aus?

André Pollmächer:

Von den reinen Zahlen her kann ich nicht zufrieden sein. Meine Saisonbestzeit ist unzureichend. Nach meiner Halbmarathonzeit von 62:47 Minuten Ende März in Berlin hat mir Arne Gabius gesagt, dass ich 2:10 Stunden laufen kann. Das fand ich ein wenig hoch gegriffen. Aber eine Zeit unter 2:12 Stunden hätte ich mir durchaus zugetraut. Dass die Form stimmt, hatte ja der Halbmarathon gezeigt. Ich hätte mir für den Metro Group Marathon den nächsten Leistungssprung gewünscht – also eine Zeit unter 2:12 Stunden. Das war bei dem schlechten Wetter aber einfach nicht möglich. Der achte EM-Platz kam unerwartet, hundertprozentig zufrieden bin ich aber trotzdem nicht. Auf den letzten zehn Kilometern war ich der drittschnellste Läufer im Feld. Da muss ich mir als Trainer die Frage stellen, warum ich nicht mutiger angelaufen bin.

Welche Zeiten trauen Sie sich in den kommenden Jahren noch zu?

André Pollmächer:

Wie gesagt: Das nächste Ziel heißt, unter 2:12 Stunden zu laufen. Am liebsten natürlich am 25. April 2015 in meiner Heimat Düsseldorf. Das Fernziel ist eine 2:10er-Zeit. Optimal wäre es, wenn ich im Olympiajahr 2016 in Form für eine solche Zeit bin.

Bleiben wir beim kommenden Jahr: Spielt die WM in der „Smog-Metropole“ Peking eine Rolle oder planen Sie mit einem großen Herbstmarathon?

André Pollmächer:

Ich plane mit beidem. Der Vorteil beim Herbstmarathon wäre, dass ich mich für die Olympischen Spiele qualifizieren kann. Die WM in Peking ist der internationale Saisonhöhepunkt, das darf man auch nicht vergessen.

Dabei wollten Sie zunächst gar nicht in Zürich starten. Nach dem Rennen in Düsseldorf sahen Sie sich gezwungen, bei einem Herbstmarathon Geld zu verdienen. Dann entschied sich der DLV, Sie stärker zu unterstützen. Auch Ihr Verein stockte die Förderung auf, sodass Sie in Zürich antreten konnten. Wie lange läuft diese Förderung?

André Pollmächer:

Die Unterstützung seitens des Verbandes ist bis zu den Olympischen Spielen ausgelegt. Durch den achten Platz in Zürich wurde ich auch gerade ins DLV Top-Team berufen. Dadurch werden Trainingslager deutlich höher bezuschusst als zuletzt mit B-Kader-Status.

Soll der Olympia-Marathon in Rio Ihr letztes großes Rennen werden oder lockt die Heim-EM 2018 in Berlin, wo Sie 2009 ja schon einmal Ihre Karriere beendet haben …

André Pollmächer:

… das muss ich offen lassen. Mein Plan reicht zunächst bis Rio. Danach muss man die Voraussetzungen analysieren. Wenn ich in Rio gut abschneide und meine Bestzeit im Bereich von 2:10 Stunden steht, wäre es kein Fehler, weiter zu laufen. Dann wäre der Weg zur EM in Berlin auch nicht mehr weit.

<link>Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift

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