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Andreas Hofmann - „Der große Wurf kommt noch“

Ermüdungsbruch, Schleimbeutelentzündung und Ellbogen-OP – Speerwerfer Andreas Hofmann (MTG Mannheim) hatte in den letzten Jahren etliche Nüsse zu knacken. Und auch die zurückliegende Saison begann wenig verheißungsvoll, brachte aber eine so nicht absehbare Wende – mit Platz sechs bei der WM in Peking (China) und dem neuen Hausrekord von 86,14 Metern.
Harald Koken

Der Speer flog und flog. Erst ging ein Raunen durch die Zuschauer, dann brandete Beifall auf – und Andreas Hofmann frohlockte vor Glück. Der Jubelschrei war im gesamten Pekinger „Vogelnest“ zu hören, als der 23-Jährige von der MTG Mannheim zum Besten der WM-Qualifikation avancierte. Mit dem weitesten Wurf seiner Karriere. Denn sein Speer schlug bei 86,14 Metern auf.

Im hochklassigen WM-Finale belegte der Schützling von Lutz Klemm dann mit 86,01 Metern Platz sechs – sein bislang größter Erfolg. „Top Acht bei einer WM ist schon geil“, kommentiert Andreas Hofmann, für den der neue Hausrekord überraschend kam. „Ich hatte ja Anfang März eine Leistenoperation, dann zwei Muskelfaserrisse. Das muss man in der Tat erst mal verkraften. Da kann man schon fast ein Buch drüber schreiben“, sagt der Sportwissenschafts-Student.

Lange Leidenszeit

Verletzungen und Rückschläge sind für Andreas Hofmann nichts Neues. Kaum hatte der damals 17-Jährige 2009 bei den U20-Europameisterschaften in Novi Sad (Serbien) als jüngster Teilnehmer überhaupt den Titel eingefahren, warf es ihn gleich mehrfach aus der Bahn. Ein Haarriss im Mittelfuß, eine Operation an der Leiste, eine Schleimbeutelentzündung und schließlich eine Ellbogen-Verletzung bremsten das 1,95 Meter große Kraftpaket immer wieder aus. Viereinhalb Jahre lang.

2014 gelang das Comeback. Und der große Durchbruch. Bei der Team-EM in Braunschweig erkämpfte der Badener mit der Steigerung auf 86,13 Meter einen Überraschungssieg – ein Wurf-Hüne als Stehaufmännchen. „Wenn etwas nicht so läuft, schlafe ich eine Nacht drüber, dann sieht die Welt schon wieder anders aus“, erklärt Andreas Hofmann, dessen Vater 1980 in Lake Placid (USA) Olympia-Zehnter im Viererbob wurde.

Vom Vater inspiriert

Jürgen Hofmann war es auch, der den lange mit dem Fußball liebäugelnden Filius zur Leichtathletik brachte. Die Karriere begann beim heimischen TV Kirrlach – zunächst als Mehrkämpfer. Als solcher wechselte er später zur MTG Mannheim. Den Kontakt stellte Walter Heiler, der Bürgermeister des 25 Auto-Minuten entfernten Heimatortes, her. Er ging einst mit MTG-Motor Rüdiger Harksen zur Schule.

Mit den nationalen Disziplinkollegen liegt Andreas Hofmann auf einer Wellenlänge. Er und Thomas Röhler (LC Jena), Johannes Vetter (SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken) und  Lars Hamann (Dresdner SC 1898) sind inzwischen auf internationalem Parkett zu einem Team gewachsen. „Wir verstehen uns super und unterstützen uns“, beschreibt Andreas Hofmann. „Es ist ein faires und freundschaftliches Verhältnis, auch während des Wettkampfes.“

Mit Teamwork zur Weltspitze

Bundestrainer Boris Obergföll habe dem DLV-Trio im Pekinger WM-Finale mit auf den Weg gegeben aufeinander zu schauen, obwohl er natürlich auch selber auf der Höhe des Geschehens war – nur halt ein Stück weit weg auf der Tribüne. „Wenn das Stadion tobt, kann man sich kaum verstehen. Da hat er gesagt, wir sollen auch selber auf den Anlauf achten und uns gegenseitig die Fehler sagen. Das haben wir gut gemacht“, blickt Andreas Hofmann zurück.

Beim Saisonfinale am Sonntag in Rieti (Italien) flog sein Arbeitsgerät auf 78,73 Meter und Rang vier. Er verzichtete allerdings auf die letzten drei Würfe. „Mein Wurfarm war müde und ich dachte, bevor ich mir jetzt kurz vor dem Urlaub noch irgendetwas reiße, trete ich lieber auf die Bremse und mache die letzten drei Würfe nicht“, lautet die Erklärung.

Vorbeugende Übungen

Zuvor hatte er am Freitag beim Diamond League-Finale in Brüssel (Belgien) mit 81,06 Metern Platz sieben belegt. Um den oft schmerzvollen Begleiterscheinungen seines kraftvollen Abwurfs Rechnung zu tragen und neuerlichen Zipperlein vorzubeugen, will Andreas Hofmann künftig alternative Elemente in sein Übungsprogramm einbauen. „Ich werde noch mehr präventiv trainieren“, so sein Vorsatz.

Zwar sei er mit der Saison „weitestgehend zufrieden. Aber durch die Verletzungen ging es natürlich hoch und runter. Das setzt sich auch im Kopf fest.“ Im nächsten Jahr warten die EM in Amsterdam (Niederlande) und Olympia in Rio (Brasilien). „Leistungsmäßig möchte ich noch eine Schippe drauflegen. Ich bin sicher, dass im Körper noch etwas drinsteckt, was ich bisher noch nicht gezeigt habe“, ist Andreas Hofmann optimistisch, dass der ganz große Wurf noch kommt.

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