| Interview

Inna Weit: „Die Vorzeichen haben sich geändert“

Inna Weit hat sich am Wochenende nach halbjähriger Verletzungspause bei den westfälischen Hallenmeisterschaften in Dortmund wieder über 60 Meter und mit der 4x200-Meter-Staffel zurückgemeldet. Im Interview spricht die zweimalige Deutsche 200-Meter-Meisterin über falsche Entscheidungen, das Vertrauen zu ihrem Coach Thomas Prange, kleine Ziele für die Hallensaison und große Ziele für die kommenden zwei Jahre.
Peter Middel

Inna Weit, wie haben sich die beiden Läufe nach Ihrer Wettkampf-Zwangspause angefühlt?

Inna Weit:

Recht gut, denn ich habe die beiden Läufe aus dem vollen Training bestritten. Ich habe mich nämlich erst am Freitag entschieden, in Dortmund nicht nur in der Staffel, sondern auch über 60 Meter zu starten. Mit meiner 60-Meter-Zeit [7,37 sec; Anm. d. Red.] bin ich recht zufrieden. Die Spritzigkeit fehlte nach unserem zehntägigen Trainingslager auf Teneriffa, aber mit der nötigen Ruhe wird sie hoffentlich kommen. Es war ein schönes Gefühl, dass ich nach meiner Pechsträhne im vergangenen Jahr endlich wieder einmal schmerzfrei laufen konnte. Das macht auch meinen Kopf wieder freier.

Wann war Ihr letzter Wettkampf vor Dortmund?

Inna Weit:

Im vergangenen Jahr bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm, da bin ich über 200 Meter Dritte geworden. Ich bin damals schon unter Schmerzen gelaufen. Die hatte ich seit dem Oster-Trainingslager 2014 auf Teneriffa.

Um welche Art von Beschwerden handelte es sich?

Inna Weit:

Ich hatte eine Entzündung am linken Achillessehnen-Ansatz. Der Knochen war mit beteiligt, sodass eine Spritze keine Lösung war. Bis zu den Deutschen Meisterschaften in Ulm wurde ich von meinem Physiotherapeuten Eduard Stabel und meinem Arzt Dr. Pöhlmann so behandelt, dass ich zwar noch Schmerzen hatte, diese aber aushalten konnte, um die Saison durchzuführen. Aufgehört haben die Beschwerden aber erst, als ich konsequent Pause gemacht habe. In der vierten Woche habe ich dann eine Besserung gespürt. Ich habe während dieser Zeit auch offene Schuhe getragen. Glücklicherweise hatte ich damals Urlaub, sodass das kein Problem war. Wichtig war für mich vor allem, dass nichts auf meine lädierte Ferse drückte.

Können Sie die Ursachen der Achillessehnenbeschwerden ausmachen?

Inna Weit:

Als Physiotherapeutin möchte ich grundsätzlich sagen, dass sich Verletzungen im Hochleistungssport nicht vermeiden lassen. Man kann nur das Bestmögliche tun, um sie zu verhindern. Ich habe den Fehler gemacht, dass ich im Trainingslager auf Teneriffa eine Übung durchgeführt habe, die ich sonst nicht mache. Dadurch wurde mein unteres Sprunggelenk blockiert. Zuhause wurde die Blockade gelöst, in den USA ist sie wieder aufgetreten und leider konnten die Physiotherapeuten vor Ort diese nicht lösen, sodass daraus die dauerhafte Entzündung resultierte. Ich mache keinem einen Vorwurf. Es war eben so. Allerdings habe ich die Schlussfolgerung daraus gezogen, dass ich in Zukunft im Training nur noch das mache, was mein Heimtrainer mir vorgibt. Damit bin ich in den letzten Jahren immer gut gefahren.

Was machen Sie sonst noch, um in Zukunft Verletzungen zu vermeiden?

Inna Weit:

Ich denke, dass mein Heimtrainer und meine Physiotherapeuten zuhause die beste Lösung für mich sind, um gut durch die Saison zu kommen. Ein vertrautes Umfeld ist mir sehr wichtig. Daher bin ich ungern lange von meinem Heimtrainer Thomas Prange getrennt. Diese Zusammenarbeit klappt bei mir immer am besten. Zudem ist für mich eine ausgewogene Ernährung sehr wichtig.

Wie läuft es momentan bei Ihnen im Training?

Inna Weit:

Wir sind momentan voll im Aufbau, da ich keine richtige Hallensaison geplant hatte, außer Starts mit der Vereinsstaffel. Dass ich trotzdem in Dortmund gestartet bin, hing damit zusammen, dass meine Trainingswerte auf Teneriffa recht vielversprechend waren. Da hat mein Trainer mir gesagt: „Du kannst es ja einmal versuchen.“

Thomas Prange trainiert mittlerweile eine ganze Handvoll deutscher Sprinthoffnungen. Wie bewerten Sie die Dynamik im Training?

Inna Weit:

Wir haben eine Super-Sprintgruppe, eine gemischte Truppe, der über 20 Athletinnen und Athleten angehören. Das motiviert mich zusätzlich. Thomas Prange meistert seine umfangreiche Aufgabe hervorragend, auch bei den schnellen Jugendlichen, die wir inzwischen beim LC Paderborn haben. Ich habe den großen Vorteil, dass ich der Bundeswehr angehöre. Daher habe ich den Freiraum, auch vormittags zu trainieren. So entzerrt sich für Thomas Prange einiges, denn abends ist es bei uns schon recht voll.

Welches Fazit ziehen Sie nach dem DLV-Trainingslager auf Teneriffa?

Inna Weit:

Es war das coolste Trainingslager, das ich mit dem DLV bisher hatte. Unser neuer Bundestrainer Ronald Stein hat so eine nette und positive Art, uns anzusprechen. Er arbeitet auch viel mit unseren Heimtrainern zusammen. Das gefällt mir besonders. Es hat auf Teneriffa auch Spaß gemacht, dass ich mich mit den anderen DLV-Sprinterinnen messen konnte.

Welche Ziele haben Sie für die Hallensaison?

Inna Weit:

Wie bereits erwähnt hatte ich eigentlich nur Staffelstarts geplant. Mit meinen 7,37 Sekunden von Dortmund haben sich jedoch die Vorzeichen ein wenig geändert. Bisher hatte ich aber noch keine Zeit, mit Thomas die kommenden Wochen wettkampfmäßig zu planen. Das werden wir aber schnellstmöglich nachholen.

Gesetzt den Fall, Sie entscheiden sich für weitere Hallen-Wettkämpfe. Welcher Strecke würden Sie den Vorzug geben, den 60 oder den 200 Metern? Auf der längeren Strecke waren Sie ja bereits einmal Deutsche Hallenmeisterin…

Inna Weit:

Mein Ziel ist im Winter, meine Grundschnelligkeit zu verbessern, und da bin ich nach den 7,37 Sekunden von Dortmund auf einem guten Weg. Wohin der führt, weiß ich noch nicht.

Was haben Sie sich für den Sommer vorgenommen?

Inna Weit:

Ich möchte neue Bestzeiten über 100 und 200 Meter erzielen. Darüber hinaus möchte ich mich wieder für die 4x100 Meter-Nationalstaffel empfehlen und auf den 200 Metern die Einzelnorm von 22,95 Sekunden für die WM in Peking unterbieten. Das Gleiche gilt natürlich auch für das Olympiajahr 2016. Da möchte ich mir mit der Olympiateilnahme einen großen Traum erfüllen.

Sie sind bei der Bundeswehr und arbeiten auch noch als Physiotherapeutin. Wie passt das alles mit einem Hochleistungstraining zusammen?

Inna Weit:

Die Bundeswehr ermöglicht mir, neben dem Sport noch weiter acht Stunden pro Woche als Physiotherapeutin zu arbeiten. Dafür bin ich dankbar, denn so verliere ich berufsmäßig nicht den Anschluss. Das klappt sehr gut, ich habe in meiner Praxis einen sehr netten Chef, der mich unterstützt und mich für Trainingslager und Wettkämpfe freistellt. Anders wären Beruf und Leistungssport nicht mehr vereinbar gewesen, da mein Beruf körperlich sehr anstrengend ist. Bis 2012 hatte ich eine Vollzeitstelle und bin damit sogar Deutsche Meisterin geworden. Aber hätte ich das so weiter gemacht, hätte ich wahrscheinlich schon aufgegeben. Einige Jahre hält der Körper solch eine Doppelbelastung aus, doch dann kommt irgendwann einmal der Zusammenbruch.

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